Latein Frage zu nd-Formen und Partizipien?

1 Antwort

Von Experte Miraculix84 bestätigt

Hallo,

Wenn du zu einem Partizip, das NICHT im Nominativ steht, KEIN KNG-kongruentes Bezugswort findest, handelt es sich mit Sicherheit um ein substantiviertes Partizip. Wenn ein Partizip im Nominativ steht, ist zweierlei denkbar:

a) Sein Bezugswort ist das Subjekt. In diesem Falle kann es einfach in der Personalendung des Prädikats enthalten sein.

b) Es ist substantiviert und dann selbst das Subjekt. Das ist allerdings ein - besonders beim PGA - höchst seltener Fall.

Denke auch daran, dass das Bezugswort eines PPP in der Regel kein aktives Subjekt ist (Ausnahme: Deponentien), daher ist es ein wenig schräg zu sagen, dass das Bezugswort des PPP die Handlung ausführt - vielmehr, wird sie an diesem ausgeführt ...

Und zu den nd-Formen: Korrekt, da das Gerundium eigentlich nichts Anderes ist als der deklinierte substantivierte Infinitiv Präsens, gibt es hier nur die neutralen Singularendungen der o-Deklination. Das heißt sobald eine nd-Form andere Endungen als -i, -o oder -um hat, kann es nur ein Gerundivum sein. Beim Gerundivum musst du unterscheiden zwischen der attributiven Verwendung und der prädikativen Verwendung. Die Erstere entspricht in der Regel einem Gerundium + Akkusativobjekt und wird dann genau wie ein Gerundium übersetzt. Das attributive Gerundivum findest du nur von transitiven Verben sowie von den Deponentien uti und frui, die früher Akkusativobjekte regierten, also ursprünglich transitiv waren.

Die prädikative Verwendung des Gerundivums ("Müssen-Gerundivum") findest du meistens mit esse und drückt dann aus, dass etwas getan werden muss. Das prädikative Gerundivum taucht in der Regel nur im Nominativ oder im Akkusativ (meistens im AcI) auf. Prädikative Gerundiva kannst du auch von intransitiven Verben bilden, diese werden dann unpersönlich verwendet (=3.Sg.n. ; z.B.: currendum est = "es ist zu laufen" = "es muss gelaufen werden" = "man muss laufen").

Zum Gerundivum empfehle ich dir folgende Antwort anzuschauen, die ich hier mal vor zwei Wochen gegeben habe: https://www.gutefrage.net/frage/gerundivum-uebersetzung-2#answer-541694851

Hoffe, das hilft dir weiter.

LG

cxward88 
Fragesteller
 28.04.2024, 19:07

Danke für die ausführliche Antwort. Kannst du bitte kurz dir meine Übersetzung anschauen von den zwei Sätzen mit nd-Formen, danke! 

Text: 

Nam libero tempore,cum soluta nobis est eligendi optio, cumque nihil impedit,

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Temporibus autem quibusdam et aut officiis debitis aut rerum necessitatibus? saepe eveniet, ut et voluptates repudiandae sint et molestiae non recusandae. 

Übersetzung: 

Denn in einer günstigen Zeit, als wir (Dat. auctoris) durch die freie und unbeschränkte Möglichkeit wählen müssen und als nichts (uns) hemmt, damit nicht wir dies machen können, das besonders gefällt, muss jede Lust genommen werden, jeder Schmerz vertrieben werden. 

Es wird aber oft unter gewissen Zeitumständen eintreten und zwar sowohl durch die zwingenden Pflichten als auch durch die Notlagen, dass sowohl die Gelüste zurückgewiesen werden müssen als auch die Beschwerlichkeit nicht abgelehnt werden darf (warum muss man hier automatisch ins Passiv gehen?). 

Aufgabe:

In der Passage begegnen mehrfach nd-Formen.

• Führen Sie daraus jeweils ein Beispiel für ein Gerundium und ein Gerundivum an! Begründen Sie Ihre Entscheidung!

Ich dachte es tritt keine einzige Gerundium Form auf (weil kein ndi,ndo,ndum). Und mich wundert warum zwischen voluptates und repundiandae keine Kongruenz besteht. Im ersten und zweiten Satz logischerweise nd und esse als Prädikatsnomen/prädikativ Gerundivum.

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cxward88 
Fragesteller
 28.04.2024, 19:10
@cxward88

„Und mich wundert warum zwischen voluptates und repundiandae keine Kongruenz besteht.“ Sorry, das kannst du ignorieren, es besteht eine Kongruenz.

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Miraculix84  28.04.2024, 23:53
@cxward88

Lass mich deinen ersten Satz mal korrigieren. Da ist oben nämlich kein Gerundivum drin. Das sieht wegen des est nur beim flüchtigen Blick so aus: Denn zu einer freiheitlichen Zeit, wenn für uns (Dat.comm.) eine freie Möglichkeit des Wählens besteht, und wenn nichts hindert, dass wir dieses, was besonders gefällt, machen könnten, muss jede Lust aufgenommen und jeder Schmerz vertrieben werden.

Elegendi ist dein Gerundium: optio elegendi = die Möglichkeit des Wählens. Das ist ein substantiviertes Verb im Genitiv, also Gerundium.

Der zweite Satz von dir war soweit ok.

(warum muss man hier automatisch ins Passiv gehen?).

Weil Gerundium + esse = passivisches Müssen.

Die handelnde Person steht im Dat.Auct. Dadurch wird die Satz-Konstruktion manchmal ins Aktive transferiert. Aber grundsätzlich ist die Konstruktion aber immer erstmal passivisch.

Noch Fragen?

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verbosus  29.04.2024, 17:13
@Miraculix84

Hallo Miraculix, danke, dass du schon die Frage beantwortet hast.

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