Kant beweist, dass es Gott gibt?
Immanuel Kant argumentiert in seiner "Kritik der praktischen Vernunft", dass die Existenz Gottes notwendig ist, um moralische Ziele sinnvoll zu verfolgen. Um dies zu verstehen, ist es wichtig, die Unterscheidung zwischen theoretischer, praktischer und moralischer Vernunft zu erläutern.
Die theoretische Vernunft beschäftigt sich mit dem, was ist. Sie umfasst das Wissen und die Erkenntnisse, die wir über die Welt gewinnen können, und basiert auf empirischen Beweisen und logischen Schlussfolgerungen. Die theoretische Vernunft befasst sich mit Naturgesetzen und der beschreibenden Wissenschaft.
Die praktische Vernunft hingegen befasst sich mit dem, was sein soll. Sie beschäftigt sich mit den Prinzipien des Handelns und den Gesetzen, die wir uns selbst geben, um moralisch zu handeln. Die praktische Vernunft ist normativ und betrifft die Entscheidungen, die wir treffen, basierend auf moralischen Prinzipien.
Die moralische Vernunft ist ein Teilbereich der praktischen Vernunft und fokussiert sich spezifisch auf moralische Gesetze und das ethische Handeln. Sie leitet uns an, nach dem kategorischen Imperativ zu handeln, der besagt, dass wir nur nach denjenigen Maximen handeln sollen, die wir gleichzeitig als allgemeines Gesetz wollen können.
Kant argumentiert, dass das höchste Gut – eine ideale Vereinigung von Tugend und Glückseligkeit – das ultimative Ziel des moralischen Handelns ist : auf Tugendhaftigkeit folgt Glückseligkeit.
In der natürlichen Welt gibt es jedoch keinen notwendigen Zusammenhang zwischen Tugend und Glück. Tugendhafte Menschen können leiden, während unmoralische Menschen erfolgreich sein können. Damit moralisches Handeln dennoch sinnvoll bleibt, muss es eine Instanz geben, die sicherstellt, dass Tugend letztlich belohnt wird. Diese Instanz kann nach Kant nur Gott sein.
Kant sieht die Existenz Gottes daher als eine notwendige Annahme der praktischen und moralischen Vernunft. Diese Annahme ist nicht durch die theoretische Vernunft oder empirische Beweise zu belegen, sondern ist eine Voraussetzung für die moralische Ordnung. Die Vorstellung eines gerechten Gottes gibt uns die Gewissheit, dass moralisches Handeln nicht vergeblich ist, da Gott als moralischer Gesetzgeber und Richter dafür sorgt, dass Tugend und Glückseligkeit letztlich zusammenfinden.
Aus diesem Grund würde Kant sich gegen den Buddhismus stellen.
Der Buddhismus basiert auf den Prinzipien des Karma und der Wiedergeburt, bei denen die Handlungen eines Individuums Auswirkungen auf zukünftige Leben haben. Dieses System ist unpersönlich und zyklisch; es kennt keinen allwissenden, gerechten Gott, der die moralische Ordnung überwacht und sicherstellt, dass das höchste Gut erreicht wird.
Für Kant ist es entscheidend, dass eine moralische Instanz existiert, die über die Naturordnung hinausgeht und die moralischen Gesetze durchsetzt. Kant versteht unter der Naturordnung eine Welt, die ausschließlich durch natürliche Gesetze und kausale Zusammenhänge bestimmt ist, ohne Einwirkung eines übernatürlichen Wesens wie Gott. In dieser Ordnung gibt es keine notwendige Verbindung zwischen moralischem Verhalten und Glück, da alles nach den Prinzipien der Physik, Biologie und Zufälligkeiten abläuft. Diese Naturordnung schließt somit die Garantie aus, dass Tugendhaftigkeit zu Glückseligkeit führt, was Kants Argument für die Notwendigkeit eines gerechten Gottes als moralische Instanz bekräftigt.
Der Buddhismus, der ohne eine solche Instanz auskommt und stattdessen auf das Gesetz des Karma vertraut, kann diese moralische Notwendigkeit nicht erfüllen. In einem buddhistischen Weltbild gibt es keine Garantie, dass Tugendhaftigkeit letztlich belohnt wird, da das Karma-System keine personalisierte Gerechtigkeit bietet.
Deshalb sieht Kant den Buddhismus als unzureichend an, um die moralische Ordnung zu gewährleisten. Er argumentiert, dass nur die Annahme eines personalisierten, gerechten Gottes die Grundlage für die Erreichung des höchsten Guts bietet. Ohne Gott bliebe die Verbindung zwischen Tugend und Glückseligkeit unsicher und unsere moralischen Bestrebungen wären letztlich sinnlos. Damit stellt Kant klar, dass die Existenz Gottes eine notwendige Annahme ist, um die moralische Bedeutung und das Streben nach dem höchsten Gut aufrechtzuerhalten.
Aufgrund der Zwänge des Lebens, die uns zu unmoralischem Handeln zwingen, entsteht eine fortlaufende Reihe von Handlungen, wodurch der Zyklus von Gut und Böse bestehen bleibt. Dies impliziert, dass das Konzept von Karma fraglich ist, da selbst bei gutem Karma auch schlechtes existieren würde, bedingt durch die unvermeidlichen Umstände, die uns zuweilen unmoralisch handeln lassen. Ein Paradies ohne solche Bedingungen und Versuchungen böte daher einen logischeren Ausweg. Da dort nur Gutes vorhanden ist, wäre das Problem der Schlechtigkeit der Welt gelöst.
6 Antworten
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Kant schreibt in seiner berühmten "Kritik der reinen Vernunft", dass die Existenz Gottes nicht beweisbar ist. Metaphysik sei als Wissenschaft nicht möglich, da der Verstand nur zu einem bloßen Vernünfteln gelangt, das weder empirisch verifiziert noch falsifiziert werden kann. Daher nimmt Kant eine agnostische Haltung zur Gottesfrage ein. In seiner Moralphilosophie jedoch ist Gott ein Postulat der praktischen Vernunft, notwendig zur Rechtfertigung moralischen Handelns. Für Kant, den strengen Moralphilosophen, ist es unakzeptabel, dass ein Mörder ungestraft davonkommt. Daher müsse es eine göttliche Gerechtigkeit geben, die ihn in einer jenseitigen Welt seiner gerechten Strafe zuführt.
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Das Problem der meisten Philosophischen ist, dass sie immer versuchen ihre Meinung zu beweisen, weil sie sich in ihren Leben nur um Meinungen gekümmert haben. Die gute Meinung bekommt man jedoch mit der Praxis, mit dem Werk und mit der Vertiefung in einem anderen Bereich des Wissens. Da sollte man äußerst pragmatisch sein und nur das zu beweisen versuchen, dass man früher definiert hat. Wer versucht zu beweisen, dass Gott existiert oder das Gegenteil wird kaum einen Mathematiker ähneln, der versucht zu beweisen, dass die Null eine natürliche Zahl ist. Von den natürlichen Zahlen gibt es ja auch viele Modelle, aber nicht nur verschiedene Modelle gibt es, sondern vielmehr verschiedene Theorien. Im Fall „Gottes“ kann man wirklich sehr wenig sagen. Jeder versteht darunter etwas völlig anderes und meiner Meinung nach verstehen diejenigen, die immer davon reden am wenigsten davon. Wenn man den eigenen Glauben ausdrückt, verliert er schon an Tiefe. Es ist ein zu mächtiger Gedanke, der durch Wörter nicht ausgedrückt werden kann.
„Wir bezeichnen als Glaube, alle ideologischen Gedanken, die, wenn durch Wörter gefasst, nur zu sinnlosen Behauptungen führen.“
„Diejenigen die von Dingen Sprechen, die außerhalb ihrer Grenzen sind, sprechen in der Wirklichkeit nur von den Dingen, die innerhalb ihrer Grenzen sind, ohne es zu bemerken.“
„Die eleganteste Weise, um an etwas zu glauben ist, keine Definitionen für das, was man glaubt, einzuführen und nicht davon zu sprechen, woran man glaubt.“
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nur noch eine ganz einfache Frage: Was verstehen Sie unter einem Gott?
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Kant sagt Tugendhaftigkeit und Glück müssen zueinander finden, sonst mache Moral keinen Sinn. Der Sinn hinter Moral sei also, dass Tugendhaftigkeit im Ergebnis zu Glück führt.
Wir haben in dieser Welt aber keine Versicherung, dass Tugendhaftigkeit immer zu Glück als Ergebnis führt.
Schlechte Menschen führen ein gutes Leben und gute Menschen führen ein Leben, das sie nicht belohnt für ihre hohe Moral.
Gott ist die Instanz, die metaphysisch ist und diese Diskrepanz ausgleicht, indem er Glück und Tugendhaftigkeit zusammenführt, also zur Tugendhaftigkeit zum Ergebnis zu Glück führt.
Frag dich, ob Moral Sinn machen würde, wenn sie nicht belohnt werden würde mit Glück.
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Hier wird eine ganze Menge missverstanden, was aber auch nicht ungewöhnlich ist. Wer meint den Kant verstanden zu haben, der hat ihn eigentlich meistens nicht verstanden. Nein, Kant lieferte keinen Gottesbeweis, aber ebenso wenig widerlegte er Gott. Kant ist Agnostiker (d.h.: "Vielleicht. Wir wissen es nicht"). Kant verwendet ein transzendentales Argument. Er sagt nicht: "Es gibt einen Gott" und er sagt auch nicht: "Es gibt keinen Gott".
Richtig hast du schon mal eingesehen, dass Kant hier zwischen theoretischer Vernunft und praktischer Vernunft unterscheidet. Den Fehler, den du allerdings begehst ist, dass du das Wörtchen "Beweis" mit praktischer Vernunft verbinden willst, die aber keine Beweise aufstellt, sondern Postulate (oder Axiome). Von einem "Beweis" kann hier also keine Rede sein. Ebenso wenig kam es zu einer Erkenntniserweiterung (sog. synthetisches Wissen a posteriori).
Die theoretische Vernunft beschäftigt sich mit dem, was ist, und versucht, Wissen über die Welt (und sich selbst) zu erlangen (also synthetisch). Sie operiert mit apriorischen und empirischen Daten und logischen Schlüssen. In diesem Kontext spricht man von Beweisen. Einen Gottesbeweis gibt es in der theoretischen Vernunft nicht. Man kann allenfalls die Idee Gottes formulieren, in der man zumindest sagen kann: Ein Gott ist zumindest realiter denkbar, dann muss er aber im Einklang mit der Naturordnung stehen und darf dieser nicht widersprechen. Das heißt, wenn Gott sich bemerkbar machen würde in der Natur, dann kann er das nur innerhalb der Naturgesetze und kein Deus ex machina sein. Allerdings ist das eben nur ein Denkexperiment. Kein Beweis. Gott lässt sich weder beweisen noch widerlegen.
Die praktische Vernunft hingegen befasst sich mit dem, was sein soll, und leitet Handlungen und moralische Entscheidungen an. Sie operiert nicht mit Beweisen, sondern mit moralischen Postulaten. Das ist etwas ganz anderes. Kant verwendet hier den Terminus: "Als ob". Man handle so, "als ob" es einen Gott (bzw. moralischen Gesetzgeber) gäbe. Man handle so, "als ob" die Seele unsterblich wäre, usw. Das ist kein Gottesbeweis, ebenso wenig ein Beweis für die Seele. Aber diese Postulate sind praktisch notwendig um moralisch handeln zu können. Dabei muss man auch gar nicht an Gott glauben und trotzdem sind diese Postulate a priori gegeben, denn auch ein Atheist hat eine bestimmte Vorstellung eines moralischen Gesetzgebers. Das muss dann kein Gott sein, sondern kann ebenso gut auch reine ideelle Vorstellung sein von Etwas, das vollkommen moralisch handelt und ist.
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Der letzte Satz meines ersten Textes, nämlich, dass Logik Widersprüche in sich trägt, um existieren zu können, wird bei der reinen Vernunft verwendet. Ein Mensch kommt zu diesen Widersprüchen, wenn er durch die reine Vernunft Fragen versucht zu beantworten, die metaphysischer Natur sind. Die reine Vernunft ist auf Logik begrenzt. Um zu einer Erkenntnis zu gelangen, darf der Mensch nicht Bedarf von seiner reinen Vernunft machen. Reine Vernunft ist nicht für Arten der Erkenntnisse geeignet, die nicht durch Sinneswahrnehmung verarbeitet werden.
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Um zu einer Erkenntnis zu gelangen, darf der Mensch nicht Bedarf von seiner reinen Vernunft machen. Reine Vernunft ist nicht für Arten der Erkenntnisse geeignet, die nicht durch Sinneswahrnehmung verarbeitet werden.
Von welcher Art der Erkenntnis sprechen wir? Apriorische und empirische Erkenntnisse laufen selbstverständlich über den Verstand und der Vernunft ab und das sollen sie (hoffentlich) auch, sonst ist ein Wissen über die Natur und über das eigene Denken ausgeschlossen. Was metaphysische Erkenntnisse angeht, davon haben wir keine, ausgenommen von unserem eigenen Ich (das wir als "Ding an sich" von innen erleben im Gegensatz zu Erscheinungen, deren Ding an sich wir nicht kennen). Deshalb stellt das "Ich" durchaus ein metaphysisches Wunder dar. Kein Herumschnippeln am Gehirn oder am physischen Leib könnte dieses "Ich" ausfindig machen (obwohl es mit dem physischen Körper in einem unsichtbaren Zusammenhang steht)
Wenn du weitere metaphysische Erkenntnisse hättest, dann müsstest du diese genauso erleben wie dein "Ich". Du müsstest also "in diesen Dingen" leben, sie "von innen erleben" (wie eben dein "Ich"), damit du wirklich von metaphysischer Erkenntnis sprechen kannst. Durchaus ein spannendes Thema. Aber hier kommt die reine Vernunft nicht heran. Da siehst du ja richtig, dass die Kategorien, Urteilsformen und Schemata in der Hinsicht unseren Erkenntnishorizont einschränken. Durch die praktische Vernunft können wir allenfalls so handeln, als ob (siehe https://www.textlog.de/eisler/kant-lexikon/als-ob ) wir solche metaphysischen Erkenntnisse hätten. Das heißt aber nicht, dass sie tatsächlich (positiv) Erkenntnisse sind.
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Kategoren sind Dinge, die das Denken strukturieren. Kategorien dienen dazu, nicht die Dinge an sich, sondern sie als Phänomen zu sehen.
Also der Baum an sich, und das Bild, das wir vom Baum haben, also seine Struktur etc ist das Phänomen, weißt du ja. Deshalb, wenn du nicht über die reine Vernunft an eine Erkenntnis kommst, hast du vollkommene Wahrheit, weil du die Dinge an sich dann siehst und die Information nicht durch die Kategorien der reinen Vernunft gehen.
Du siehst dann sie wie sie wahrlich sind. Das benötigt, dass das Ich verschwindet, weil das Ich, das du in dieser Welt lebst, immer auf Logik und der reinen Vernunft beschränkt ist. Da Gott in allem ist, ist er jede Sache an sich, also vollkommene Wahrheit. Desto niedriger die Wahr-Nehmung, desto eher siehst du die Dinge als Phänomen und nicht als Ding an sich. Aber durch den Sündenfall können wir die Dinge nicht mehr an sich wahrnehmen, sondern nehmen sie als Phänomen wahr, weil wir von der Wahrheit getrennt sind. Dennoch ist Gott in dir. Deshalb kannst du im Paradies die Dinge an sich wahrnehmen, weil du dort keinen Körper hast, der alles als Phänomen wahrnimmt. Wie das Wort auch sagt: Wahr-Nehmen. Wie viel Wahrheit nimmst du?
Bei einem Phänomen relative Wahrheit und bei dem Ding an sich ist es absolut. In Gottes Gegenwart kann keiner bestehen, der Lüge in sich trägt, also muss die Wahrnehmung runtergehen und kann nicht im Paradies bleiben, weil dort die Wahrheit absolut ist und dort nichts als Phänomen wahrgenommen wird und Gott wird absolut wahrgenommen. Trotzdem Kreation ist ungleich Kreator, obwohl beides vollkommen wahr ist.
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Kategoren sind Dinge, die das Denken strukturieren. Kategorien dienen dazu, nicht die Dinge an sich, sondern sie als Phänomen zu sehen.
Auch das ist wieder zu unpräzise formuliert. Die Kategorien sind nicht die Dinge (und vor allem sind sie auch kein "Ding", sondern sie sind Formen), die das Denken strukturieren, sondern die Kategorien ermöglichen erst, dass die sinnlichen Vorstellungen in einer mechanischen Ordnung und unter Gesetzen stehend erkannt (oder genauer: gedacht) werden können (z.B. das Kausalgesetz oder die Kategorie der Substanz usw). Das, was unser Denken strukturiert (unabhängig von der Erfahrung und der Sinnlichkeit), das sind die Urteilsformen. Zwischen den Urteilsformen und Kategorien gibt es einen himmelweiten Unterschied, aber in den Kategorien lassen sich immer die Urteilsformen auffinden (nicht aber umgekehrt aus den Urteilsformen die Kategorien). Genau wie die meisten, die Kant nur grob verstanden haben, läufst auch du hier in die Falle die allgemeine, reine Logik mit der transzendentalen Logik zu verwechseln bzw. dialektisch zu verwischen. Du solltest den Kant unbedingt präziser und scharfsinniger lesen, sonst entstehen eben genau solche Verwischungen wie du sie hier treibst.
Also der Baum an sich, und das Bild, das wir vom Baum haben, also seine Struktur etc ist das Phänomen, weißt du ja. Deshalb, wenn du nicht über die reine Vernunft an eine Erkenntnis kommst, hast du vollkommene Wahrheit, weil du die Dinge an sich dann siehst und die Information nicht durch die Kategorien der reinen Vernunft gehen.
Zunächst einmal haben wir keine "Bilder" von Bäumen (oder von Phänomena überhaupt), sondern wir haben Begriffe (neudeutsch: Konzepte) von ihnen. Die menschliche Vernunft ist kein fotografischer Apparat, der sinnliche Vorstellungen "abfotografiert" und visuelle Eindrücke zurücklässt, an die wir uns erinnern (Erinnerung entsteht auch aller erst mit dem Begriff und nicht mit der Wahrnehmung). Die moderne Abbildtheorie ist ein empirisches Kunststückchen der Dialektik, oft von Neukantianern propagiert um dem modernen Empirismus zu gefallen. Aber sie ist äußerst fehlerhaft.
"Erkenntnis" tritt nicht mit dem Dasein sinnlicher Vorstellung (alias Anschauung bzw. Wahrnehmung) ein, sondern erst dann, wenn wir uns von dieser einen Begriff gebildet haben, ansonsten ist sie so unbekannt, so als wäre sie gar nicht wahrgenommen wurden (sinnliche Mannigfaltigkeit). (Kant: "[...], Anschauungen ohne Begriffe sind blind"). Erkenntnis ist ein aktiver Prozess, kein passiver. Das kann man sehr einfach beobachten wenn wir uns auf etwas so sehr konzentrieren, das wir darin aufzugehen scheinen, und z.B. Umgebungsgeräusche gar nicht mehr wahrzunehmen scheinen. Sie treten zwar als sinnliche Vorstellungen in uns ein (und reizen auch mechanisch unsere Nerven und Sinnesorgane), da wir aber die Begriffe von ihnen in jenem Moment nicht fixieren ist es so als würden wir sie gar nicht erst wahrnehmen, als wären sie gar nicht da oder existent. Sinnliche Vorstellungen haben also nicht den überzeitlichen und überräumlichen Charakter wie nichtsinnliche, intellektuelle Begriffe sie es haben. In anderer Hinsicht nutzen z.B. Mönche dies bewusst aus um das Schmerzempfinden zu unterdrücken. Hier passiert in etwa dasselbe: Die Nerven werden zwar mechanisch gereizt, da aber der Wille den gebildeten Begriff vom Schmerz unterdrückt, tritt dieser nie in den Horizont der Erkenntnis ein, und verhält sich für uns also genauso wie als wäre er nicht vorhanden oder existent.
Deshalb, wenn du nicht über die reine Vernunft an eine Erkenntnis kommst, hast du vollkommene Wahrheit, weil du die Dinge an sich dann siehst und die Information nicht durch die Kategorien der reinen Vernunft gehen.
Wir sprechen hier aber immer noch von logischen Möglichkeiten (auf die Urteilsform bezogen), nicht aber von Tatsachen. Das Ding an sich ist der "gänzlich unbestimmte Gedanke von Etwas überhaupt", d.h. es kann eben nur negativ, als Grenzbegriff, gedacht werden, aber niemals positiv, also Teil unserer Anschauung, sein (denn dann wäre er ja wieder bestimmt). Denn das, was Anschauung ist, verlangt eben schon mindestens die reinen Anschauungsformen von Raum und Zeit, damit es eben als sinnliche Vorstellung auftreten kann. Da aber das "Ding an sich" das Wesen der Erscheinung ausmacht (oder ausmachen soll), darf es aber nicht zeitlich und räumlich bestimmt sein, weil es ja dann wieder nur so gedacht wird, wie es für uns ist, und nicht wie es an sich ist! Aber gerade um letzteres geht es ja doch. Davon wissen wir aber nichts und können es auch nicht. Denn Erkenntnis findet eben nur innerhalb der Grenzen der reinen Vernunft statt, und hier haben wir es ja stets dann mit den Urteilsformen, den reinen Anschauungsformen von Raum und Zeit und den Kategorien zu tun.
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Du siehst dann sie wie sie wahrlich sind. Das benötigt, dass das Ich verschwindet, weil das Ich, das du in dieser Welt lebst, immer auf Logik und der reinen Vernunft beschränkt ist. Da Gott in allem ist, ist er jede Sache an sich, also vollkommene Wahrheit. Desto niedriger die Wahr-Nehmung, desto eher siehst du die Dinge als Phänomen und nicht als Ding an sich. Aber durch den Sündenfall können wir die Dinge nicht mehr an sich wahrnehmen, sondern nehmen sie als Phänomen wahr, weil wir von der Wahrheit getrennt sind. Dennoch ist Gott in dir. Deshalb kannst du im Paradies die Dinge an sich wahrnehmen, weil du dort keinen Körper hast, der alles als Phänomen wahrnimmt. Wie das Wort auch sagt: Wahr-Nehmen. Wie viel Wahrheit nimmst du?
Dieses Zitat ist ein einziges Konglomerat von Dialektik. Einen Sündenfall gab es nicht. Dass der Mensch sündhaft sein kann (das ist wiederum Tatsache), d.h. von Neigungen und Begierden kontinuierlich affiziert wird, liegt an seiner biologischen Beschaffenheit, die ihn dazu befähigt (zusammen im Geistigen durch die logische (Urteils-)Form der Möglichkeit, also aus der Klasse der Modi, der Modalität, die wiederum die Voraussetzung für die Wahlfreiheit und dem freien Willen ist). Hier ist dann der geistige Wille (zu dem wir ebenfalls derselben logischen Form bedürfen, der Urteilsform der Möglichkeit, gepaart mit dem kategorischen Imperativ: "Ich kann, weil ich soll") erforderlich sich gewissen Neigungen zu widersetzen, so weit es natürlich sinnvoll ist (z.B. sich dem Hungerinstinkt widersetzen zu wollen wäre äußerst unklug, ist nach dem kategorischen Imperativ sogar verboten, da dies dem Selbstmord gleichkäme).
Nein, das Wort "Wahr-nehmen" kommt nicht von "wie viel Wahrheit wir nehmen". Die Wahrheit wird nicht durch die Wahrnehmung ermöglicht, sondern erst durch die logischen Formen der Gültigkeit und Nichtigkeit (aus den Urteilsformen der assertorischen Urteile, auch wieder die Klasse der Modi, der Modalität). Nochmals: Die logischen Formen, die Urteilsformen, sind die Voraussetzungen des Denkens überhaupt. Der Wahrheitsbegriff kommt nicht allein zu uns durch die Wahrnehmung, sondern wir selbst bringen ihn erst durch die logischen Formen (als dessen Voraussetzung) hervor.
Die sinnliche Mannigfaltigkeit (also den Zustand vor der Begriffsbildung) mit der Ganzheit, "mit Gott in allem" identifizieren zu wollen ist bereits eine Strukturierung nach der Kategorie, nämlich nach der Kategorie der Allheit (Quantität), die erst dadurch möglich ist, dass du dir schon von einer Ganzheit einen Begriff induziert/gebildet hast (nämlich in dem du die reine Anschauungsform von Raum und Zeit als partikulierbar, als teilbar, denkst und denken musst, und dir nun jedes dieser Teile insgesamt anschließend als ein zusammenhängendes, Ganzes, denkst). Damit ist auch hier wieder der Gedanke bestimmt, daher eben kein Noumenon, sondern durch und durch Phänomenon, Erscheinung, Ding wie es für uns ist, nicht Ding an sich.
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Moralisches Gesetz und Summum Bonum:
Das moralische Gesetz verpflichtet uns zur Verfolgung des höchsten Gutes, welches eine Vereinigung von Tugend und Glück ist.
Diskrepanz in der Welt:
In der empirischen Welt gibt es keine notwendige Verbindung zwischen Tugend und Glück.
Daher kann das höchste Gut nicht in der natürlichen Welt allein erreicht werden. Postulat der praktischen Vernunft:
Die Vernunft verlangt, dass es eine Instanz gibt, die diese Diskrepanz aufheben kann - also ein metaphysisches Wesen (Gott), das sowohl moralische Gesetze schafft als auch sicherstellt, dass Tugendhaftigkeit letztlich zu Glück führt.
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Die Vernunft verlangt, dass es eine Instanz gibt, die diese Diskrepanz aufheben kann - also ein metaphysisches Wesen (Gott), das sowohl moralische Gesetze schafft als auch sicherstellt, dass Tugendhaftigkeit letztlich zu Glück führt.
Die Vernunft verlangt eines: Einen moralischen Gesetzgeber. Was dieser moralische Gesetzgeber ist (wenn dieser wirklich existieren sollte), davon haben wir keine Erkenntnis. (Genauso wie wir von dem "Ding an sich" keine Erkenntnis haben) Das kann Gott sein, aber eben auch eine rein ideelle Vorstellung, die gar keinen religiösen Bezug haben muss. Das ist z.B. bei Atheisten der Fall. Wäre das bei Atheisten nicht so, so wären alle Atheisten ausnahmslos Mörder, Vergewaltiger, usw. Wir sehen aber, dass es auch viele Atheisten gibt, die moralisch handeln können und dies tun. Das heißt auch sie besitzen das Postulat eines moralischen Gesetzgebers, a priori. Ob sie wollen oder nicht.
Das bedeutet allerdings nicht, dass Menschen von Geburt an moralisch sind. Der Mensch ist ja, auch das schreibt Kant, kein volles Vernunftwesen, sondern nur ein halbvernünftiges Wesen, das ja auch Neigungen, Begierden, Instinkte, usw. hat. Hier ist dann die Erziehung eben äußerst wichtig, damit der Mensch tüchtig und edel gemacht wird. Dazu gehört eben auch die Stärkung der Willenskraft, damit der Mensch seinen sinnlichen Neigungen nicht unterliegt.
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In meinem Text behaupte ich keine der Dinge, die du korrigierst. Zudem habe ich Kant verstanden, bevor ich überhaupt wusste, dass er genau das geschrieben hat, was ich bereits durch Erkenntnis selbst erfahren habe. Ich habe ihn voll und ganz verstanden, ich habe mich jahrelang mit Erkenntnis auseinandergesetzt und jeder, der meinen Text genau liest, sieht, dass ich mit „Beweis“ eine provokante Aussage treffen wollte, um Menschen auf meinen Post aufmerksam zu machen. Die praktische Vernunft ist, wenn man sie genauso wie Kant sie beschrieben hat, versteht, schon ein Beweis, nur ist es kein Beweis wie er in der theoretischen Vernunft definiert wird. Man kann schlichtweg kein Argument finden, dass den Wahrheitsgehalt so trifft, dass es seins entkräften würde. Nur weil etwas widerspricht, heißt es nicht, dass es dadurch weniger wahr wird. Logik ist in sich ein System, das Widersprüche kreiert, um existieren zu können.
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In meinem Text behaupte ich keine der Dinge, die du korrigierst.
Ich habe dich hinsichtlich der fehlerhaften Verwendung des Wortes "Beweis" korrigiert, und dir nochmal gegenübergestellt was Kant tatsächlich geschrieben hat. Dabei spielt es keine Rolle für welchen (gutgemeinten) Zweck du diese Täuschung verwendet hast. Von einem Beweis kann hier keine Rede sein.
ich habe mich jahrelang mit Erkenntnis auseinandergesetzt und jeder, der meinen Text genau liest, sieht, dass ich mit „Beweis“ eine provokante Aussage treffen wollte, um Menschen auf meinen Post aufmerksam zu machen.
Dann solltest du dir aber auch bewusst sein, dass diese Handlung von dir nach dem kategorischen Imperativ Kants höchst sittenwidrig ist. Du siehst dich scheinbar im Irrglauben, dass der Zweck wohl alle Mittel heilige. Darüber darfst du dann jetzt nochmal reflektieren. Ich bin gespannt auf eine, hoffentlich reifere, Antwort.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/9_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Das Bewusstsein von Gut und Böse (Moral) wird anerzogen und ergibt sich aus den Notwendigkeiten des Zusammenlebens. Wenn es von vornherein eingeimpft wäre, müsste man es Kindern nicht so mühsam beibringen. Einen Gottesbeweis sehe ich darin also nicht.
![](https://images.gutefrage.net/media/user/venice796/1718819229529_nmmslarge__152_0_914_914_05472877fff6cbdc4abfa604ad47b2a8.jpg?v=1718819230000)
So einfach ist das nicht zu entkräften. Wo kommt denn das Motiv her, dass man Moralische Werte mitgibt ? Sag jetzt nicht Religion. Viele Atheisten haben den Anspruch, moralisch zu sein und das ihren Kindern mitzugeben. „Diese Notwendigkeiten des Lebens“musst du definieren. Man muss es Kindern nicht mühsam beibringen, moralisch zu sein.
Moralisches Handeln ist angeboren, was nicht angeboren ist, sind gesellschaftliche Konventionen - also Regeln des Umgangs in einem sozialen Umfeld. Diese sozialen Verhaltensnormen müssen auch Menschen beigebracht werden, wenn sie in eine andere Kultur kommen und dort entsprechend andere Werte und Normen existieren. Moral - je nachdem wie man sie auf eine Gesellschaft übertragt und dann entsprechende Normen und Werte aufbaut - ist angeboren. Was außerdem angeboren ist, ist das Böse in uns. Wenn dieses soziale Umfeld wegfällt und es ums Überleben geht oder man einer Person viel Macht gibt, dann siehst du den wahren Kern einer Person. Denn dann fallen auch alle sozialen Konventionen weg, also alle gesellschaftlich anerkannten Regeln des Umgangs Miteinander. Dann geht es um den Instinkt und der ist von Natur aus darauf programmiert, sein eigenes Überleben zu sichern und als Nächstes das seiner engsten Mitmenschen. Die engsten Mitmenschen wären dann die, welche einem besonders ähnlich sind, was bedeutet, dass das eigene Überleben gesichert ist. Der Instinkt selektiert nach Ähnlichkeit.
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/9_nmmslarge.png?v=1551279448000)
das Motiv, dass man Moralische Werte mitgibt ? Sag jetzt nicht Religion
Ja. Das eben nicht.
Dann geht es um den Instinkt und der ist von Natur aus darauf programmiert, sein eigenes Überleben zu sichern.
Also nichts mit gottgeprägter Moral. Dito.
![](https://images.gutefrage.net/media/user/venice796/1718819229529_nmmslarge__152_0_914_914_05472877fff6cbdc4abfa604ad47b2a8.jpg?v=1718819230000)
Wie gesagt, zwischen gut und schlecht unterscheiden zu können, ist angeboren. Wenn du ernsthaft denkst, dass man Moral beibringen muss, unterscheidet dich nichts von einem Tier - außer der IQ, und das stimmt einfach nicht.
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Du liest im Ernst beide Texte und versteht nichts ?
![](https://images.gutefrage.net/media/user/User321412849/1699538706076_nmmslarge__0_0_1439_1439_0737f3a4fb4d9ec150a6cfdb9cdd3bf2.png?v=1699538706000)
Nein, das tut er nicht und er sagt das auch.
ich habe Gott nicht versucht zu beweisen, sondern gesagt, dass die Bedingung für moralisches Handeln eine metaphysische Grenze überschreiten muss, um gerechtfertigt zu sein; ich habe aber nichts metaphysisches versucht zu beweisen. Diese Metaphysische Grundlage für Moral setzt einen Gott voraus. Ich habe den Sinn hinter Moral in den Vordergrund gestellt und dass dieser erst durch die Existenz eines Gottes, komplett valide wäre.
Aus diesem Grund, um solche Kommentare zu vermeiden, habe ich zwischen der praktischen und theoretischen Vernunft differenziert, auch wenn sie miteinander in Kohärenz stehen.