Kann man stellvertretend für einen Anderen ins Gefängnis gehen?
Angenommen, jemand hat eine Geldstrafe zu leisten, die auch mit ein paar Tagen Haft (oder auch ein wenig länger) abgegolten werden kann, wenn er das Geld nicht aufbringt. Kann dann ein anderer die Haft für diesen antreten? Oder geht das nicht?
1 Antwort
Nein, jemand anderes kann die Haft nicht antreten.
Wegen einer Geldstrafe geht man aber nicht in Haft. Ich denke da wird eine Frist versäumt worden sein und das soll Erwingungshaft werden, da man davon ausgeht das nicht gezahlt werden will.
Wenn man der Behörde sagt das man Zahlungswillig, aber nicht Zahlungsfähig ist, wird man in der Regel um die Zahlung herumkommen. Erzwingungshaft wäre dann auch nicht zulässig. Nach Erzwingungshaft würde die Forderung auch weiter bestehen.
Wer ein Einkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenze hat (ca. 1050€) ist da auf der sicheren Seite und muss nichts befürchten, solange man Fristen einhält. Selbst wenn die Person zum Leben weniger braucht und Geld am Monatsende übrig hätte und damit die Strafe Zahlen könnte, muss sie es nicht. Bei Geringverdienern oder Hartz Iv Empfängern kann selbst der Staat meistens nichts Pfänden (Solange die Person jetzt keine Immobilien oder ein Auto mit hohem Wert hat.
Es kann auch zu einer Ersatzfreiheitsstrafe kommen wobei man die Tagessätze absitzt und der Staat anstatt Geld zu bekommen, ca 130€ pro Hafttag an Steuergeldern raushaut. In der Regel sind die Behörden dann auch mit sehr kleinen Ratenzahlungen zufrieden um die Haft und damit verbundenen Kosten zu vermeiden.
Oh, vielen vielen Dank für die ausführliche Erklärung. Mir war nicht klar, dass es verschiedene Rechtsgebiete gibt, obwohl, wenn ich besser darüber nachgedacht hätte, dann wäre es mir gedämmert. Und du hättest nicht soviel schreiben müssen. Tut mir leid. Aber danke, Gesetze und deren Umsetzung sind eigentlich richtig interessant. In diesem einen Fall handelt es sich um Verwaltungsrecht.
Kein Problem :)
Ja, Gesetzte, Auslegungen, Umsetzung ist wirklich ziemlich spannend/interessant...
Aber wegen deiner ursprünglichen Frage. Es ist nicht möglich für einen anderen in das Gefängnis zu gehen. In den Paragraphen heißt es ja auch immer "Wer XY macht wird bestraft". Es bezieht sich dabei also ganz klar immer auf den Täter...
Dazu fällt mir aber noch was ein: Es gibt sowas wie ein Abtretungsverfahren, allerdings weis ich nicht ob es auf Geldstrafen in so einem Fortgeschrittenen Verlauf noch anwendbar ist. Wenn es das ist und die Person auch nicht Zahlen würde, dann könnte das sogar klappen.
Das hab ich jetzt nicht ganz kapiert, das mit dem Abtretungsverfahren. Wenn eine Person die Geldstrafe leisten könnte, aber das höchst ungerecht empfinden würde, und deshalb nicht zahlt, wird sie dann automatisch gepfändet oder kommt sie in den Knast? Und wenn letzteres, kann dann ein Anderer für sie?
Du verwechselst hier an paar punkten zivilrechtliche Forderungen mit strafrechtlichen Folgen..
Eine Geldstrafe wegen einer Verurteilung wird in Tagessätzen verhängt (§ 40 Abs. 1 StGB). Dabei entspricht ein Tagessatz dem durchsnittlichen Einkommen welches der Täter an einem Tag bekommt/bekommen könnte. Wenn dem Verurteilten nicht zuzumuten ist, das Geld sofort zu bezahlen, kann das Gericht auch Ratenzahlung zulassen (§ 42 StGB), dies liegt aber im Ermessen des Gerichtes. Weiter gibt es noch die Möglichkeit die Tagessätze in gemeinnützige Arbeit umzuwandeln, dies ist aber Bundeslandabhängig (ua. Art. 293 EGStGB).
Wenn entweder die beiden möglichkeiten nicht genutzt werden oder können, kann (bzw. muss) Ersatzfreiheitstrafe verhängt werden. Dabei entspricht ein Tag Haft einen Tagessatz. Damit ist aber die Strafe sehr wohl abgegolten (§ 43 StGB).
Erzwingungshaft gibt es bei Tagessätzen (also Geldstrafe) nicht sondern Ersatzfreiheitsstrafe.
Erzwingungshaft gibt es bei nicht bezahlten Bußgeldern, also folgen von Ordnungswiedigkeiten nicht von Straftaten (§ 96 OWiG). Nach der Erzwingungshaft bleibt zwar die Forderung Dejure noch bestehen, es gibt aber keine Möglichkeit mehr sie beizutreiben, da Erzwingungshaft kein weiteres mal wegen der selben Forderung Verhängt werden darf.
Dies alles bis jetzt hat aber überhaupt nichts mit der Pfändungsgrenze oä. zu tun und trifft alle, unabhängig von Vermögen gleich.
Bei der Pfändungsgrenze geht es um zivilrechtliche Forderungen (also zB. Rechnungen, Vertragsstrafen, Schadensersatzforderungen, Gerichtskosten [aber nicht die Strafe], ....).
Und ja, für Schulden kann man in Deutschland nicht ins Gefängnis kommen. Der Gerichtsvollzieher wird versuchen etwas zu pfänden (Lohn, Geld welches nicht durch ein P-Schutzkonto geschützt wird, Luxusgegenstände, etc.), wenn ihm dies nicht gelingt, kann er einen zwingen die Vermögensauskunft abzugeben. Also ein Zettel, auf dem der Schuldner sein vermögen offen legt und versichert, dass er nichts hat was Pfändbar wäre. Wenn dies passiert wird der Gerichtsvollzieher einen erst mal in Ruhe lassen und (sofern von den Gläubigern gewünscht) nach zwei Jahren wieder kommen und alles beginnt von Vorne.
Die Erzwingungshaft im zivilrechtlichen Sinne, ist nur dann möglich, wenn der Schuldner sich weigert seine Vermögensoffenbarung abzugeben. Das einzige Ziel der Haft ist es, den Schuldner zu zwingen, sein Vermögen offen zu legen. Sobald dies geschehen ist, muss der Schuldner entlassen werden. (§ 802g ZPO)
Wichtig ist bei der ganzen Thematik das es sich um zwei (bzw. 3) komplett verschiedene Rechtsgebiete handelt, die ziemlich wenig mit einander zu tun haben.
1. Strafrecht bei Straftaten und deren Folgen (Geldstrafe, Ersatzfreiheitsstrafe)
2. Zivilrecht bei Schulden wegen Rechnugen, etc.
und streng genommen 3. Verwaltungsrecht bei Ordnungswidrigkeiten, was aber in dem Fall doch sehr viele parallelen zum Strafrecht auf weißt.