Kann man einen Gerichtstermin absagen, wenn man ganz normal krankschrieben ist?
Bin als Angeklagter geladen aber für die nächsten Wochen krankgeschrieben. Reicht die Krankmeldung für mein Nichterscheinen aus oder heulen die dann am end trotzdem rum?
11 Antworten
Vernehmungsfähig sind Sie, wenn Sie den Sinn der Ihnen vor Gericht gestellten Fragen verstehen und vernünftig antworten können. Diese Antwort muss Ihre freie Willensentscheidung sein.
Vernehmungsunfähig sind Sie, wenn Ihr Denken, Ihr Antrieb, Ihr Willen und Ihr Gedächtnis beeinträchtigt sind oder sogar eine Bewusstseinsstörung vorliegt. Ihr Gedächtnis und die Erinnerung können etwa durch Durchblutungsstörungen des Gehirns im Rahmen einer Arteriosklerose (Gefäßverkalkung) oder nach einem Schlaganfall gestört sein.
Auch Alkoholismus, Medikamenten- oder Drogenabhängigkeit sowie ein Entzug von diesen Stoffen kann die oben genannten psychomentalen Funktionen einschränken und Vernehmungsunfähigkeit hervorrufen. Gleiches gilt für eine schwere Depression, eine Psychose wie etwa eine akute Schizophrenie oder ein Demenzleiden. Natürlich kann Vernehmungsunfähigkeit auch vorsätzlich und schuldhaft „vorgetäuscht” werden durch die Einnahme von bestimmten Medikamenten oder Drogen. Über die Vernehmungsfähigkeit entscheidet ein forensisch erfahrener Psychiater.
Beispiele:
- Ein Armbruch macht eine Sekretärin arbeitsunfähig, aber noch lange nicht vernehmungsunfähig. Hier ist eher die Frage der Transport- und Reisefähigkeit zum Gerichtsort zu klären. Letzteres nennt man die Terminfähigkeit.
- Hatten Sie einen Herzinfarkt vor einem Monat, dürfen Sie noch nicht arbeiten gehen, Ihre Belastbarkeit ist noch nicht wieder ausreichend hergestellt. Vor Gericht müssen Sie jedoch wahrscheinlich erscheinen.
- Auch die Einnahme von Medikamenten, die zentralnervös, d. h. auf das Gehirn, wirken, wie z. B. Schlafmittel, Antiepileptika oder Antidepressiva, begründet ebenfalls noch nicht das Fernbleiben vom Gerichtstermin. Hier wird im Einzelfall entschieden, ob diese Arzneimittel in der individuellen Situation die freie Willensäußerung beeinflussen.
Vernehmung- und Terminunfähigkeit sind zwei verschiedene Dinge. Sie können terminunfähig, aber trotzdem vernehmungsfähig sein.
Von Terminunfähigkeit spricht man, wenn Ihre Reisefähigkeit zum Gerichtsort eingeschränkt ist. Das ist unabhängig von den oben erwähnten Erkrankungen natürlich bei vielen anderen Krankheiten möglich:
- schwere Herzleiden mit Luftnot und Belastungseinschränkungen
- chronische Nierenkrankheiten mit der Notwendigkeit, jeden zweiten Tag die Dialyse aufzusuchen
- fortgeschrittene Tumorkrankheiten mit Schwächezuständen
- Schmerzen, Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden mit hochgradigen Mobilitätsstörungen
- auch Akutereignisse wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder ein Autounfall machen den Weg in den Gerichtssaal unmöglich
- ausgeprägte Durchblutungsstörungen der Beine, wie sie bei der langjährigen Zuckererkrankung oder der fortgeschrittenen Arterienverkalkung auftreten
Bei all diesen Erkrankungen ist es im Einzelfall nicht zumutbar bzw. mit einem Risiko für Ihre Gesundheit oder Genesung verbunden, eine Reise zu einem Gerichtstermin anzutreten. Dies kann Ihr Arzt in einem entsprechenden Schreiben attestieren. Da Sie aber eventuell gleichzeitig sehr wohl vernehmungsfähig sind, kann es sogar möglich sein, dass die Vernehmung außerhalb des Gerichtsgebäudes an Ihrem Krankenbett stattfindet. Mein Fazit: Lieber gesund als Zeuge vor Gericht, als krank und vernehmungsunfähig im Bett!
gabs hier:
Da ich vor kurzem was damit zutun hatte möchte ich meine Erfahrung mitteilen auch wenn der Thread alt ist. Vielleicht landet wer ja über Google hier der eine Antwort sucht.
Auf jeden Fall kommts mal darauf an, wenns um Strafrecht geht musst im Normalfall da antanzen weils um dich geht und ein Urteil gesprochen werden muss. Zivilrecht schauts anders aus da musst du nicht dabei sein, kann aber zu deinem Nachteilen sein.
Gehen wir halt mal vom Strafrecht aus, wie gesagt im Normalfall musst da antanzen oder du wirst verhaftet. Will sicher jeder normale Mensch vermeiden. Wenn man aus irgendeinem Grund auch immer nicht kommen kann, kann unter Umständen auch ohne dein Anwesenheit verhandelt werden. Da musst aber eine wirklich gütige Richterin bzw Richter erwischen und natürlich kommmts darauf an worums geht klar. Aber sagen wenns um ein schweres Delikt ginge wärst du wohl schon in Haft. Wie dem auch sei, zu meiner Geschichte. Ich hatte eine Gerichtsverhandlung beim Strafgericht, hab irgendwie die Richterin erreichen können und versucht so gut es geht ihr zu erklären das ich aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen kann. Sie war wirklich eine ganz ganz nette aber selbst da musste ich all mein Überzeugungs Geschick anwenden damit die mir glaubt das ich ich wirklich nicht kommen kann und nicht aus jucks darum bitte. Lange rede kurzer Sinn, sie hat zugestimmt ohne mich zu verhandeln. Also in bestimmten fällen kann auch ohne den Beschuldigten verhandelt worden. Aber auf jeden Fall sich rühren und nicht ignorieren und sagen eh ne Kleinigkeit die brauchen mich da sicher nicht oder so. Wenn man geladen ist, ist man geladen auch wenns um Wurstbrot geht das man mitgehen lassen hat. Sonst klicken eiskalt die Handschellen, ich hatte in meinem Fall wirklich Glück das ich so eine verständnisvolle erwischt habe.
(1) Die Hauptverhandlung kann ohne den Angeklagten durchgeführt werden, wenn er ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, daß in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann, und wenn nur Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung, allein oder nebeneinander, zu erwarten ist. Eine höhere Strafe oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf in diesem Verfahren nicht verhängt werden. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist zulässig, wenn der Angeklagte in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
(2) Auf Grund einer Ladung durch öffentliche Bekanntmachung findet die Hauptverhandlung ohne den Angeklagten nicht statt.
(3) Das Protokoll über eine richterliche Vernehmung des Angeklagten wird in der Hauptverhandlung verlesen.
(4) Das in Abwesenheit des Angeklagten ergehende Urteil muß ihm mit den Urteilsgründen durch Übergabe zugestellt werden, wenn es nicht nach § 145a Abs. 1 dem Verteidiger zugestellt wird.
Endlich ein Kommentar mit Hand und Fuß!
Vielen lieben Dank dafür! :)
Schönes Wochenende!
Hallo,
Kurzversion:
Eine "normale" Krankschreibung reicht nicht aus. Wenn du dann als Angeklagter nicht erscheinst, drohen unter anderem Vorführung oder Ordnungsgeld.
Langversion zum Nachlesen:
https://www.kanzlei-hoenig.de/2017/verhandlungsunfaehig-allein-reicht-nicht/
Schönes Wochenende.
Es kommt immer auf den Grund der Krankmeldung an. Wenn du bettlägerig krank bist, dann wird es wahrscheinlich eher entschuldigt. Solltest du aber bspw. eine gebrochene Hand haben oder sonst eine Verletzung oder Erkrankung, wo du dennoch mobil bist, kann ich mir vorstellen, das du dennoch zur Verhandlung erscheinen musst. Das solltest du aber telefonisch im Vorfeld der Verhandlung abklären!