Kann man die länge des Bogen von einer Parabel errechne und wenn ja wie?

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Ja, sogar bei jeder (auf dem entsprechenden Intervall stetigen) Funktion und im Grunde genommen ist es auch nicht sonderlich kompliziert, sofern man sich schon ein bisschen mit Ableitung und Integral beschäftigt hat.

Seien a und b zwei beliebige Werte des Definitionsbereichs (anschaulich: der x-Achse) mit a < b, dann können wir uns die Herleitung der Bogenlänge wie folgt überlegen: Betrachten wir dazu beispielhaft diese Abbildung einer Funktion y = f(x):

Bild zum Beitrag

Quelle: http://www.nb-braun.de/mathematik/Drehkoerper/Bilder2/ebenekurve.gif

Das rote Stück ist die Bogenlänge, die wir berechnen wollen, a und b sind die Grenzen und f unsere Funktion. Schau dir nun den Punkt an der Stelle x an. Wenn wir den x-Wert nun um dx verändern, ändert sich der Funktionswert auch um dy. Wir sehen: Je kleiner wir dx wählen, desto kleiner wird auch dy (das ist übrigens überhaupt nicht trivial, sondern gilt nur bei stetigen Funktionen), anschaulich also: Je weiter wir den Punkt bei x + dx zu x schieben, desto kleiner wird dx und dy. Weiter erkennen wir: Je weiter wir den rechten Punkt zum linken schieben, desto mehr ähnelt die Strecke ds einer Gerade. Wählen wir also dx (und damit entsprechend auch dy) "unendlich" klein, wird die Strecke ds gerade und die Strecken dx, dy und ds bilden ein rechtwinkliges Dreieck, in dem wir nun den Satz des Pythagoras anwenden können:



Es folgt (Erweiterung mit (dx)²)



und weil ds positiv ist auch



Das wäre nun die Länge des unendlich kleinen Kurvenstücks (dx und dy sind ja unendlich klein). Im Grunde genommen haben wir jetzt eine Funktion geschaffen, die abhängig von dx die (ungefähre) Länge des Kurvenstücks ds wiedergibt. Die Abschätzung wird genauer, je kleiner wir dx wählen. Was wir jetzt haben wollen, ist ja die gesamte Kurvenlänge zwischen a und b. dx = b - a zu wählen, ist vielleicht intuitiv der erste Gedanke, gibt aber eine unglaublich schlechte Abschätzung. Was wir jetzt tun, ist die Kurve in kleine Abschnitte zu unterteilen und in diesen Abschnitten die Kurvenlänge zu berechnen (und anschließend natürlich alle Kurvenlängen zusammenzuaddieren), denn wie wir gesehen haben, wird die Abschätzung dadurch zumindest in den kleinen Abschnitten genauer. Je kleiner wir die Abschnitte nun wählen, desto genauer wird unser Ergebnis für die Kurvenlänge - wählen wir die Abschnitte jetzt also unendlich klein, wird die Abschätzung ganz genau. Und das ist intuitiv genau, was das Integral tut.

Es folgt (etwas informeller), wenn wir mit s die gesamte Bogenlänge, also die Summe aller ds bezeichnen



Weiter ist dy/dx mit unendlich kleinen dx auch genau die Definition der Ableitung einer Funktion y, also können wir stattdessen auch



schreiben und haben damit die Formel für die Bogenlänge einer Kurve einer Funktion y zwischen zwei beliebigen Werten a und b hergeleitet. Das können wir auf Parabeln der Form



mit Ableitungen



spezifizieren: Sei s wieder die Bogenlänge zwischen zwei Punkten (a, f(a)) und (b, f(b)). Dann gilt



Für das Integral existiert dann auch eine geschlossene Form, aber keine wirklich schöne - wer möchte, kann sich das Integral gerne mal hier ausrechnen lassen: https://www.integralrechner.de/#expr=sqrt%281%2B%282%20alpha%20x%2B%20beta%29%5E2%29&lbound=a&ubound=b

LG

 - (Mathematik, rechnen, Parabel)

Du kannst es Dir - wenn es speziell um Parabeln geht - einfacher machen.

Die Grundgleichung jeder Parabel lautet f(x)=ax²+bx+c.

Nur der Parameter a beeinflußt die Form der Parabel, während b und c einfach nur den Scheitelpunkt und damit die ganze Parabel verschieben.

Interessant ist in diesem Zusammenhang nur, um wie weit der Scheitelpunkt in bezug auf die x-Achse verschoben wurde gegenüber der Parabel f(x)=ax²; Du brauchst also nur die x-Koordinate des Scheitelpunktes. Die bekommst Du heraus, wenn Du -b durch 2a teilst.

Beispiel: f(x)=3x²-2x+5.

a=3, b=-2

-b/2a=2/6=1/3.

Der Scheitelpunkt liegt also 1/3 Einheit rechts von der y-Achse.

Nimm an, Du möchtest die Bogenlänge zwischen f(2) und f(5) berechnen.

Du verschiebst die Parabel so, daß der Scheitelpunkt im Ursprung liegt.

Die Verschiebung in y-Richtung interessiert dabei nicht.

Du tust jetzt einfach so, als lautete Deine Parabel f(x)=3x², läßt also das ganze Gesumse danach weg, subtrahierst von den Grenzen jeweils 1/3 und nimmst die als neue Grenzen. Dann leitest Du f(x)=3x² ab, bekommst also 6x heraus.

Das quadrierst Du und addierst 1 dazu.

So bekommst Du 36x²+1.

Diesen Ausdruck packst Du unter die Wurzel, klammerst 36 aus und ziehst die 36 aus der Wurzel heraus, die dann zu dem Faktor 6 wird.

Diesen Faktor kannst Du vor das Integral ziehen, so daß Du nur noch

die Wurzel aus (x²+1/36) in den Grenzen von 2-1/3 bis 5-1/3 integrieren mußt.

1/36 ist das a² aus der Formelsammlung für Integrale. Substituieren brauchst Du nicht, weil unter der Wurzel bereits die richtige Form x²+a² vorliegt.

Stammfunktion dafür heraussuchen, obere Grenze einsetzen. Von diesem Ergebnis das abziehen, das Du bekommst, wenn Du die untere Grenze einsetzt. Das Ganze mal 6 und Du hast die Bogenlänge.

Durch die Verschiebung ändert sich ja nichts an der Form derParabel und damit auch nicht an den entsprechenden Bogenlängen. Du mußt halt nur die Grenzen angleichen, wobei nur die Verschiebung in x-Richtung eine Rolle spielt.

mit f(x)=ax² kannst Du natürlich viel einfacher umgehen als mit f(x)=ax²+bx+c.

Du brauchst nicht mal die quadratische Ergänzung, jedenfalls nicht, wenn Du mit einer Formelsammlung arbeitest.

Herzliche Grüße,

Willy


Ich habe noch eine Formel für die Bogenlängen von Parabeln der Form f(x)=ax²+bx+c zusammengebastelt. Wenn Du die Bogenlänge einer Parabel zwischen zwei Punkten

(u|f(u)) und (o|f(o)) bestimmen möchtest, paßt Du zunächst die Grenzen an.

Aus u machst Du u+b/(2a), aus o machst Du o+b/(2a).

Dann setzt Du einmal o+b/(2a) anstelle von x und einmal u+b/(2a) in folgende Formel ein:

2a*((x/2)*√(1/(4a²)+x²)+1/(8a²)*arsinh(2ax)).

Anschließend ziehst Du das Ergebnis für x=u+b/(2a) vom Ergebnis für x=o+b/(2a) ab.

Beispiel:

Du hast die Parabel f(x)=2x²+x-4 mit a=2 und b=1.

b/(2a)=1/4

Möchtest Du den Bogen zwischen x=1 und x=3 bestimmen, addierst Du zu den beiden Grenzen 1/4 und kommst auf 5/4 als untere Grenze und 13/4 als obere Grenze, die Du für x in die Formel einsetzt.

Für x=13/4 bekommst Du
4*((13/8)*√(1/16)+(13/4)²)+(1/32)*arsinh (13))=21,59485439.

Diesen Wert speicherst Du ab.

Nun setzt Du x=5/4 ein und bekommst
4*((5/8)*√((1/16)+25/16))+(1/32)*arsinh (5))=3,475941989.

Diesen Wert ziehst Du vom vorher abgespeicherten ab und erhältst als Bogenlänge
18,1189124 Einheiten.

Da die Parabel wegen der 2 vor dem x² ziemlich steil nach oben geht, sollte die errechnete Bogenlänge nur knapp über dem senkrechten Abstand zwischen f(1) und f(3) liegen.

f(1)=-1; f(3)=17.

Der Abstand zwischen -1 und 17 ist 18 - und das ist tatsächlich nicht viel kleiner als die errechnete Bogenlänge.

arsinh ist der Areasinus hyperbolicus.

Ein wissenschaftlicher Rechner wie der Casio fx-991DE X (etwa 25 €) liefert ihn.

Mit Hilfe eines halbwegs gut ausgestatteten Rechners und meiner Formel kann auch ein Schüler solche Bogenlängen von Parabeln berechnen, selbst wenn er weder integrieren noch differenzieren kann.

Herzliche Grüße,

Willy

Hallo,

das kannst Du, wenn Du etwas von Integralrechnung verstehst.

Die Formel dafür lautet

Bogenlänge von f(a) bis f(b)=∫√(1+[f'(x)]²)dx in den Grenzen von a bis b.

Du mußt also die Ableitung der Funktion quadrieren, zu 1 addieren, das Ganze unter eine Wurzel packen und diesen Wurzelausdruck integrieren.

Grenzen einsetzen, fertig.

Herzliche Grüße,

Willy


Shadowmaster20 
Beitragsersteller
 03.01.2020, 11:41

Super Danke

Wann kommt sowas im Unterricht vor?

Super427  03.01.2020, 11:51
@Shadowmaster20

Integralrechnung erst Anfang 12 , wobei ich den oben gennanten Vorgang nie im Unterricht gehabt habe

Willy1729  03.01.2020, 12:01
@Shadowmaster20

Eher überhaupt nicht. Letztlich geht es darum, die Parabelgleichung+1 unter der Wurzel durch quadratische Ergänzung und Substitution - wenn's geht - in einen Term der Form z²+a², z²-a² oder a²-z² umzuwandeln.

Für alle diese Terme sind Stammfunktionen bekannt (die Herleitung ist etwas knifflig) und können in entsprechenden Formelsammlungen gefunden werden.

Theoretisch könntest Du die Berechnung also durchführen, wenn Du die quadratische Ergänzung beherrschst (das wird in der Mittelstufe gelehrt) und eine Formelsammlung besitzt.

Willy1729  03.01.2020, 12:19
@Willy1729

Wenn Dich einfach nur die Bogenlänge interessiert und Du einen Rechner hast, der mit Integralen umgehen kann, kannst Du das entsprechende Integral mit den gewünschten Grenzen natürlich auch direkt eingeben.

Funktion ableiten (lernst Du in Klasse 11), das Quadrat der Ableitung bilden, 1 addieren, das Ganze unter eine Wurzel packen und diese Wurzel - nachdem Du die Taste mit dem Integralzeichen auf dem Rechner gedrückt hast - direkt eingeben.

Grenzen einfügen und den Rechner rödeln lassen; so bekommst Du die Bogenlänge ganz bequem.

Willy1729  03.01.2020, 12:22
@gauss58

Wenn Du die entsprechende Stammfunktion aus einer Formelsammlung heraussuchst, brauchst Du eigentlich nur die quadratische Ergänzung zu beherrschen und die Ableitung einer Parabel bilden zu können. Das ist mit Schulwissen durchaus hinzubekommen. In einem LK mit entsprechend interessierten Schülern könnte man sogar die Herleitung für die Stammfunktion von Wurzel (z²+a²) usw. durchnehmen. Die basiert letztlich auch auf Schulwissen.

Halbrecht  03.01.2020, 12:39
@gauss58

oder in bayerns privatschulen .................und evtl in leistungsstarken Leistungskursen.

Finde ich auch noch nicht