Kann etwas objektiv gut oder schlecht sein?

Andreas0007  21.08.2020, 14:07

Hast du das zweite bild nach gezeichnet aufm handy?

Weisskuchen 
Beitragsersteller
 21.08.2020, 14:08

Ich hab mir absichtlich sehr wenig Mühe gegeben. Auf dem PC. :D

Habe ich mir jetzt objektiv oder subjektiv wenig Mühe gegeben, das ist die Frage.

7 Antworten

Objektivität bedeutet Objekt-bezogen. Man macht also Aussagen über ein Objekt: "Dieses Objekt ist blau.".

Problematisch ist, zumindest wenn man es sehr genau nimmt, dass man (meines Wissens nach) noch keine einzige Aussage wirklich bewiesen hat. Versuchen wir beispielsweise zu beweisen, dass ein Objekt blau ist, müssen wir definieren was das exakt bedeutet. Blau lässt sich als das Aussenden elektro-magnetischer Strahlung in einem bestimmten Frequenzspektrum definieren. Schön und gut, aber was genau ist elektro-magnetische Strahlung und worum handelt es sich bei einem Frequenzspektrum? Spielt man dieses Spiel ein bisschen weiter (Kinder können das sehr ausdauernd mit ihren Eltern) kommt man früher oder später an die Grenze des eigenen Wissens und damit auch an die Grenze der Beweisbarkeit.

Ich vermute, dass man um irgendetwas zu beweisen ALLES beweisen muss - oder anders gesagt: Um irgendetwas zu wissen muss man alles wissen, weil ja jede Wissenslücke das Potential birgt, alles auf den Kopf zu stellen. Nach unserem jetzigen Wissensstand ist Allwissenheit aus dem selben Grund unerreichbar aus dem auch die Unendlichkeit selbst unerreichbar ist. Ein Allwissender kennt zum Beispiel alle Nachkommastellen von Pi. Um sich selbst also die eigene Allwissenheit zu beweisen, muss er all diese Stellen aufsagen was zwangsläufig unendlich lange dauert. Da es unendlich lange dauert, kann es nie beendet werden weshalb er sich auch nie sicher sein kann tatsächlich alles zu wissen, oder das lediglich zu glauben.

Natürlich beißt sich hier die Katze selbst in den Schwanz, weil ich versuche zu beweisen, dass NICHTS jemals bewiesen werden kann - woran ich konsequent scheitern muss (oder das Gegenteil beweise).

Absolute Objektivität existiert also nicht. Es gibt allerdings Aussagen, die objektiver sind als andere, weil sie mehr Perspektiven einbeziehen und damit auf einem breiteren Wissensfundament beruhen.

Du gibst hier 2 Beispiele: Zum einen Schönheit zum anderen Moral.

Für mich ist Schönheit/Oberflächlichkeit nur ein Indiz und beruht eigentlich auf anderen Werten. Fähigkeit und Struktur sind sehr eng verwoben. Erkennen wir eine bestimmte Struktur schlussfolgern wir bestimmte Fähigkeiten. Einen muskulösen Körper verbinden wir mit Stärke und Schaffenskraft, ein neu gebautes Haus mit Schutz und Geborgenheit. Chaotische Strukturen haben für uns selten einen Nutzen. Krebs wuchert formlos. Eine Ruine ist nur ein Haufen Schutt. Unordnung und Asymmetrie werden deshalb generell als unschön empfunden. Dein Bild ist weniger kohärent also weniger schön.

Eine weitere Grundlage für Wert ist Seltenheit. Die meisten Menschen könnten recht schnell ein deinem ähnliches Bild malen. Wenige könnten ein Bild malen wie Van Gogh egal wie viel Zeit man ihnen gäbe. Es ist also schwerer zu kreieren, demnach rarer und schlussendlich auch wertvoller. Natürlich heißt das nicht, dass du nicht irgendeinen Verwirrten finden könntest der bereit wäre dir viel Geld für dein Bild zu zahlen. Die Wahrscheinlichkeit ist nur ziemlich gering.

Die Objektivität von Moral ist tatsächlich ein Thema über das ich viel nachgedacht habe. Es gibt ja einige berühmte Lösungsansätze dazu, die alle Probleme aufweisen (goldene Regel, kategorischer Imperativ...). Meiner Meinung nach gibt es 2 Bedingungen an denen man objektiv schlechtes Handeln erkennen kann:

  1. Zwang
  2. Negative Bewertung der Tat durch den Gezwungenen

Zwingt eine Handlung zu nichts kann sie nicht negativ sein. Empfindet der Gezwungene die Handlung nicht als negativ, ist sie es auch nicht. Klassische Sünden lassen sich an diesem Standard messen. Tötet ein Mensch einen Anderen zwingt er ihn nicht mehr zu leben. Passiert das im Einklang mit dem Getöteten nennt es sich Sterbehilfe und ist moralisch nicht verwerflich. Passiert es gegen seinen Willen handelt es sich um Mord und ist objektiv unmoralisch. Es gibt einige Spezialfälle wie Dilemma, Zwangsverkettungen und temporale Interessenskonflikte die besonderer Beachtung bedürfen, aber ich habe eh schon mehr geschrieben als irgendjemand bereit ist zu lesen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Hallo Weisskuchen,

man kann gut oder schlecht oder auch böse nie als ein absolutes Maß betrachten. Eine Person mag etwas gut heißen, was jemand anders als schlecht bezeichnet.

Theologisch philosophisch begründet sich - der Kürze wegen ohne Herleitung - ein absolutes Maß: entsteht oder bleibt für alle gleichermaßen Fülle und größtmöglicher Freiheitsgrad erhalten - oder das Gegenteil davon.

Betrachten wir aus diesem Blickwinkel einmal die beiden Bilder. In Bild 2 lässt sich eine Abstraktion von Bild 1, der Sternennacht von van Gogh, erkennen - und Kunst lässt sich aus Kunst ableiten.

Absolut gesehen dürfen beide Versionen des Motivs sowie das Motiv jemanden ansprechen und berühren. Damit kommt immer etwas rüber - und es entsteht Fülle.

Jetzt sind wir Menschen in unserer Wahrnehmung unterschiedlich - und mit der einen Version mag dieses Rüberkommen intensiver als mit der anderen sein. So könnte jemand subjektiv sagen, dass die Version, die den Menschen am wenigsten erreicht, schlechter als die andere ist.

Vom Malstil ist Bild 2 wesentlich einfacher gehalten - möglicherweise auch mit weniger handwerklichem Geschick als Bild 1 darstellbar. Dazu kommt van Gogh's Berühmtheit, wobei der Maler oder die Malerin von Bild 2 ggf. nicht sehr bekannt sein mag. Auch hier mag jemand an Hand des handwerklichen Details oder des Bekanntheitsgrads jemand die Version, die mehr Detail und Geschick verrät oder durch den Künstler bekannter ist, das Attribut gut erhalten.

Wir haben hier zwei Beispiele, wo gut oder schlecht einer eigenen Wertung oder dem, wie einen etwas erreicht, entspricht - wobei in beiden Bildern generell gleichermaßen Fülle (die sich nicht an einer Detailtiefe misst) rüberkommt.

Ein Mord würde Freiheitsgrad nehmen: das Leben eines Menschen. Eine Person, die persönlich an dem Mord Interesse zeigt, wird ihn für gut heißen. Eine Mehrheit von anderen Menschen heißt ihn für schlecht. Ein Richter würde den Mörder verurteilen, da er ein Unrecht begangen hat. Das Unrecht lässt sich nicht nur moralisch sondern auch über die Einbuße an Freiheitsgrad ableiten.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Woher ich das weiß:Hobby

Weisskuchen 
Beitragsersteller
 27.08.2020, 21:31

Angenommen ein Freund von dir würde sagen, dass er Bild 2 in jeder Hinsicht besser findet als Bild 1. Würde das dich wundern? Würdest du diese Ansicht als fragwürdig betrachten und evtl. mit komischem Blick nachfragen, ob das sein Ernst wäre? Oder würdest du es einfach hinnehmen, und dich überhaupt nicht darüber wundern?

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EarthCitizen20  27.08.2020, 21:38
@Weisskuchen

Es würde mich jetzt nicht wundern. Entweder wüsste ich, welcher künstlerische Stil den Freund am meisten erreicht - oder es würde sich auf diese Weise zeigen.

Die Ansicht des Freundes ist nicht fragwürdig, da absolut gesehen die eine Version ihn mehr als die andere erreicht - er das nur mit besser oder schlechter ausdrückt. Ich würde eher direkt fragen, was ihn an welchem Bild mehr an welchem weniger erreicht.

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Weisskuchen 
Beitragsersteller
 27.08.2020, 21:51
@EarthCitizen20
Es würde mich jetzt nicht wundern. Entweder wüsste ich, welcher künstlerische Stil den Freund am meisten erreicht

Das wären in dem Fall hingekrackselte Bilder, welche in etwa 5-10 Sekunden kreiert wurden.

Ich fände es ehrlichgesagt schon sehr fragwürdig, wenn jemand ein detailarmes Bild, welches aus aus Gekracksel besteht, und in warscheinlich 10 Sekunden kreiert wurde, besser findet, als ein Bild, welches viele Details hat, und in das viel Zeit investiert wurde.

In so einem Fall würde ich davon ausgehen, dass es eine gestörte Wahrnehmung ist, oder dies jedenfalls nicht ausschließen.

Ich halte es allerdings für sehr unwahrscheinlich, dass ich sojemanden in meinem Leben treffen werde, da mir so eine Ansicht ziemlich realitätsfern scheint.

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EarthCitizen20  27.08.2020, 22:00
@Weisskuchen

Das mag durchaus eine subjektive Auffassung von Dir sein, die auch nicht bewertet werden darf. Die Auffassung würde nicht objektiver, wenn sie von noch mehr Menschen oder sogar Mehrheitlich geteilt würde. Eine Mehrheit würde allenfalls eine Objektivität (und gerne eine Normativität darin) postulieren und propagieren - und macht das auch in sehr vielen Dingen.

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Weisskuchen 
Beitragsersteller
 27.08.2020, 22:15
@EarthCitizen20
Das mag durchaus eine subjektive Auffassung von Dir sein, die auch nicht bewertet werden darf.

Bewerten darf man sie schon. Ich bewerte auch die Meinungen anderer.

Die Auffassung würde nicht objektiver, wenn sie von noch mehr Menschen oder sogar Mehrheitlich geteilt würde.

Ich persönlich finde schon, dass es in der Subjektivität eine gewisse Objektivität gibt. In dem einen stecken viele Details und viel Arbeit, das andere wurde einfach hingeschmiert. Im Kunstunterricht wird ja auch mit Noten bewertet. Finde ich zwar nicht richtig, aber da sollte man als Lehrer möglichst objektiv bleiben.

Es gibt auch Bilder, die meinen Geschmack nicht treffen, von denen ich aber sage: "Die sind objektiv gut, eindeutig schlecht sind sie definitiv nicht, auch wenn sie meinen Geschmack nicht treffen."

Würde jetzt ein Lehrer ein Bild schlecht bewerten, nur weil es seinen persönlichen Geschmack nicht trifft, obwohl das Bild eindeutig nicht schlecht ist, wäre das nicht fair.

Viele Bilder von Picasso treffen bspw. nicht meinen Geschmack, aber trotzdem würde ich sagen, dass diese objektiv gut sind.

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EarthCitizen20  27.08.2020, 22:32
@Weisskuchen

Ich denke, man kann das auch nicht auflösen - und es wird immer wieder Bewertungen geben, die z.B. bei einer Note in einer Mathematikarbeit objektiv (wegen der Eindeutigkeit der Mathematik), in einer Deutscharbeit eher subjektiv sein mögen.

Ich selbst folge dem nach meiner Ansicht als absolut darstellbaren Maß (Fülle, Freiheitsgrad, gleichermaßen) - und damit lässt sich sehr viel anfangen und auch so manches in ein anderes Licht rücken.

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Weisskuchen 
Beitragsersteller
 27.08.2020, 22:49
@EarthCitizen20

Ich habe mal meinen Kunstlehrer gefragt, wie er eigentlich bewertet, da Kunst ja eigentlich eher subjektiv ist. Er zeigte mir einige Bilder und sagte: "Das sieht doch objektiv nicht schlecht aus." oder "Hier kann man doch nicht sagen, dass es schlecht aussieht."

Im Nachinein stimme ich ihm da auch zu. Ich finde, da kommt es auch auf ein gewisses Verständnis von Kunst an.

Oder fändest du es fair, wenn ein Bild mit 2 Strichen eine bessere Note bekommt, als ein Bild, auf dem eine äußerst detailreiche und realitätsnahe ausgedachte Umgebung zu sehen ist?

und damit lässt sich sehr viel anfangen und auch so manches in ein anderes Licht rücken.

Was hälst du denn eigentlich von dem Bild, und warum findest du es ggf. gut oder schlecht?

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Ich stelle mal die kühne Behauptung auf, dass das, was z. B. Thomas Hamilton, Adam Lanza, Panya Khamrab oder auch Audrey Hale gemacht haben, objektiv böse ist.

Man kann bei einem Bild eigentlich nur die nötige Kunstfertigkeit beurteilen. Wenn einer ein Bild malt, das aussieht wie abfotografiert, dann ist das handwerklich ganz hoch anzusiedeln. Ob das Bild aber irgendetwas bei mir auslöst, außer die Bewunderung für die Fähigkeiten des Malers, steht auf einem ganz anderen Blatt. Ein gemaltes Bild kann mich auf emotionaler Ebene ansprechen, obwohl es handwerklich gar nicht mal so herausfordernd ist es herzustellen. Also Kunst ist eigentlich immer subjektiv.

Ein Mord ist etwas ganz anderes. Mord kann man objektiv betrachten und wenn man jemanden tötet, um zu verhindern, dass dieser andere Menschen tötet, dann ist das als Nothilfe abgedeckt. Deshalb ist der Begriff Mord juristisch sehr eng eingegrenzt. Mord ist immer schlimm.


Weisskuchen 
Beitragsersteller
 21.08.2020, 14:22
Mord kann man objektiv betrachten und wenn man jemanden tötet, um zu verhindern, dass dieser andere Menschen tötet, dann ist das als Nothilfe abgedeckt. Deshalb ist der Begriff Mord juristisch sehr eng eingegrenzt. Mord ist immer schlimm.

Das ist aber auch nur rein juristisch. Die Gesetze bilden sich ja auch alle nach einer subjektivität. Wären 98% der Deutschen der Meinung, Mord sollte erlaubt sein, dann würde es vermutlich dazu kommen, das es legalisiert wird. Abgesehen davon nur weil etwas gesetzlich verboten ist, muss es ja nicht schlimm. Der Beischlaf zwischen Verwandten ist auch verboten, obwohl dabei niemand zu schaden kommt.

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Glaube jeder würde das linke als besser empfinden, da man beim rechten nur ein sinnloses gekrackel sieht, wo man sich null Mühe gegeben hat. Ich würde sagen, es ist objektiv gesehen das 1. Bild was besser ist.. 2. hat nichts mit Kunst zu tun.


Weisskuchen 
Beitragsersteller
 21.08.2020, 14:13
da man beim rechten nur ein sinnloses gekrackel sieht

Ist es objektiv oder subjektiv ein sinnloses Gekrakel? :-)

wo man sich null Mühe gegeben hat.

Habe ich mir objektiv oder subjektiv gesehen wenig Mühe gegeben? :-)

2. hat nichts mit Kunst zu tun.

Hat es objektiv gesehen nichts mit Kunst zu tun, oder ist auch das subjektiv. :-)

Gut, okay. Ich finde auch, dass Bild 2 aussieht wie der letzte Schrott, aber inwieweit kann etwas subjektiv oder objektiv sein. Wenn man bei dieser Logik bleibt, dann sind sehr, sehr viele Sache rein subjektiv.

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