Objektivität bedeutet Objekt-bezogen. Man macht also Aussagen über ein Objekt: "Dieses Objekt ist blau.".

Problematisch ist, zumindest wenn man es sehr genau nimmt, dass man (meines Wissens nach) noch keine einzige Aussage wirklich bewiesen hat. Versuchen wir beispielsweise zu beweisen, dass ein Objekt blau ist, müssen wir definieren was das exakt bedeutet. Blau lässt sich als das Aussenden elektro-magnetischer Strahlung in einem bestimmten Frequenzspektrum definieren. Schön und gut, aber was genau ist elektro-magnetische Strahlung und worum handelt es sich bei einem Frequenzspektrum? Spielt man dieses Spiel ein bisschen weiter (Kinder können das sehr ausdauernd mit ihren Eltern) kommt man früher oder später an die Grenze des eigenen Wissens und damit auch an die Grenze der Beweisbarkeit.

Ich vermute, dass man um irgendetwas zu beweisen ALLES beweisen muss - oder anders gesagt: Um irgendetwas zu wissen muss man alles wissen, weil ja jede Wissenslücke das Potential birgt, alles auf den Kopf zu stellen. Nach unserem jetzigen Wissensstand ist Allwissenheit aus dem selben Grund unerreichbar aus dem auch die Unendlichkeit selbst unerreichbar ist. Ein Allwissender kennt zum Beispiel alle Nachkommastellen von Pi. Um sich selbst also die eigene Allwissenheit zu beweisen, muss er all diese Stellen aufsagen was zwangsläufig unendlich lange dauert. Da es unendlich lange dauert, kann es nie beendet werden weshalb er sich auch nie sicher sein kann tatsächlich alles zu wissen, oder das lediglich zu glauben.

Natürlich beißt sich hier die Katze selbst in den Schwanz, weil ich versuche zu beweisen, dass NICHTS jemals bewiesen werden kann - woran ich konsequent scheitern muss (oder das Gegenteil beweise).

Absolute Objektivität existiert also nicht. Es gibt allerdings Aussagen, die objektiver sind als andere, weil sie mehr Perspektiven einbeziehen und damit auf einem breiteren Wissensfundament beruhen.

Du gibst hier 2 Beispiele: Zum einen Schönheit zum anderen Moral.

Für mich ist Schönheit/Oberflächlichkeit nur ein Indiz und beruht eigentlich auf anderen Werten. Fähigkeit und Struktur sind sehr eng verwoben. Erkennen wir eine bestimmte Struktur schlussfolgern wir bestimmte Fähigkeiten. Einen muskulösen Körper verbinden wir mit Stärke und Schaffenskraft, ein neu gebautes Haus mit Schutz und Geborgenheit. Chaotische Strukturen haben für uns selten einen Nutzen. Krebs wuchert formlos. Eine Ruine ist nur ein Haufen Schutt. Unordnung und Asymmetrie werden deshalb generell als unschön empfunden. Dein Bild ist weniger kohärent also weniger schön.

Eine weitere Grundlage für Wert ist Seltenheit. Die meisten Menschen könnten recht schnell ein deinem ähnliches Bild malen. Wenige könnten ein Bild malen wie Van Gogh egal wie viel Zeit man ihnen gäbe. Es ist also schwerer zu kreieren, demnach rarer und schlussendlich auch wertvoller. Natürlich heißt das nicht, dass du nicht irgendeinen Verwirrten finden könntest der bereit wäre dir viel Geld für dein Bild zu zahlen. Die Wahrscheinlichkeit ist nur ziemlich gering.

Die Objektivität von Moral ist tatsächlich ein Thema über das ich viel nachgedacht habe. Es gibt ja einige berühmte Lösungsansätze dazu, die alle Probleme aufweisen (goldene Regel, kategorischer Imperativ...). Meiner Meinung nach gibt es 2 Bedingungen an denen man objektiv schlechtes Handeln erkennen kann:

  1. Zwang
  2. Negative Bewertung der Tat durch den Gezwungenen

Zwingt eine Handlung zu nichts kann sie nicht negativ sein. Empfindet der Gezwungene die Handlung nicht als negativ, ist sie es auch nicht. Klassische Sünden lassen sich an diesem Standard messen. Tötet ein Mensch einen Anderen zwingt er ihn nicht mehr zu leben. Passiert das im Einklang mit dem Getöteten nennt es sich Sterbehilfe und ist moralisch nicht verwerflich. Passiert es gegen seinen Willen handelt es sich um Mord und ist objektiv unmoralisch. Es gibt einige Spezialfälle wie Dilemma, Zwangsverkettungen und temporale Interessenskonflikte die besonderer Beachtung bedürfen, aber ich habe eh schon mehr geschrieben als irgendjemand bereit ist zu lesen.

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