Jobmöglichkeiten nach Philosophiestudium?
Ich bin 19 und interessiere mich sehr für Philosophie. Ich überlege das nach dem Abi zu studieren. Aber als was kann man dann arbeiten?
7 Antworten
Hallo.
1. Grundsätzliches:
Ein Uni-Studium ist keine Berufsausbildung. An einer Universität kann man keinen Beruf erlernen, sondern man lernt (im Idealfall) wissenschaftliche Arbeitsmethoden und erwirbt Wissen auf einem oder mehreren Fachgebieten.
Auch jemand, der z.B. Medizin studiert, macht er nach seinem 2. Staatsexamen noch eine mehrjährige Facharztausbildung, bevor er als Arzt eigenständig arbeiten kann. Wer Lehrer werden möchte, muss nach dem Masterabschluss bzw. 2. Staatsexamen ein Referendariat absolvieren. An einer Fachhochschule oder Dualen Hochschule ist das wohl anders, aber an einer Uni erlernt man in den meisten Fächern kaum praktische Fähigkeiten. Manche Leute bekommen direkt nach ihrem Studium eine Festeinstellung (auch in Philosophie und den Kulturwissenschaften), andere müssen erstmal ein oder mehrere Praktika absolvieren (auch in Fächern, wie z.B. BWL).
Es gibt tatsächlich Stellenanzeigen, in denen es heißt "Philosoph gesucht". Die sind aber sehr selten. Daher ist es sehr gut, dass du dir bei deinen Plänen Philosophie zu studieren gleichzeitig schon überlegst, was du mal arbeiten möchtest und wie du dorthin kommst. Gerade für Kulturwissenschaftlerinnen und Kulturwissenschaftler ist das sehr wichtig. Wenn du dir darüber erst mit dem Bachelorzeugnis in der Hand Gedanken machst, wird es schwierig.
Dass man mit einem Philosophiestudium nur Taxi fahren könne, halte ich jedoch auch für Unsinn. Sicher, manche Leute, die sich einfach nur gehen lassen, 10 Jahre für einen Magister mit mittelmäßigen Noten brauchen und in der Zeit sonst keinerlei Qualifikationen erwerben - sollten ernsthaft über einen Personenbeförderungsschein nachdenken...
Dennoch ist es richtig, dass es viele Berufsausbildungen und Studiengänge mit besseren Berufsaussichten als Philosophie gibt.
2. Was willst du vom Leben?
Ich finde, wer überlegt Philosophie oder eine Kulturwissenschaft zu studieren, sollte sich grundsätzlich überlegen, was er vom Leben erwartet. Wenn es dir wichtig ist, eine sichere Berufsperspektive, dann solltest du nicht Philosophie studieren. Wenn du möglichst viel Geld verdienen willst, dann wäre Philosophie auch eine schlechte Wahl.
Die Philosophie muss dich schon so sehr interessieren, dass du bereit bist dafür im Leben auf einiges zu verzichten, was du mit einem anderen Karriereweg haben könntest. Viele Tätigkeiten, die du damit machen kannst, werden eher mittelmäßig bezahlt. Häufig wirst du befristete Stellen haben oder freiberuflich tätig sein. Es kann auch anders laufen - muss aber nicht. Das war schon im antiken Griechenland so - das ist auch noch heute so.
Ein Bachelorstudium dauert 3 Jahre (wenn was schief geht, 3 1/2). Wenn du wirklich nichts findest, kannst du dann immer noch eine Berufsausbildung machen.
Außerdem kann man Philosophie an den meisten Unis in Teilzeit studieren. Wenn es dir wichtig ist, dich damit zu beschäftigen, kannst du eine Berufsausbildung machen und hinterher einige Jahre in Teilzeit studieren. Aber auch hier ist es so - du solltest es wirklich wollen und nicht nur deshalb Philosophie studieren, weil dir nichts besseres eingefallen ist.
3. Fächerkombination und andere Qualifikationen
Wenn du heutzutage ein Philosophiestudium anfangen möchtest, dann hast du 3 Möglichkeiten:
(1.) Ein Bachelorstudium in Philosophie (75%) und ein Begleitfach (25%).
(2.) Einen Zweifachbachelor mit zwei Hauptfächern (je 50%), eines davon Philosophie. In vielen Bundesländern hältst du dir damit die Option offen, nach einem Master of Education, Lehrer zu werden.
(3.) Ein Bachelorstudium in einem anderen Fach und Philosophie nur als Begleitfach.
Außerdem hast du jeweils einen Fächerübergreifenden Wahlpflichtbereich, in dem du Dinge studieren kannst, die dich interessieren oder von denen du glaubst, dass sie dir beruflich nützen.
Was du mit deinem Studium anfangen kannst, hängt insbesondere bei (2.) und (3.) von dem anderen Studienfach ab.
Wenn du dich z.B. sehr für Logik interessierst, kannst du z.B. Mathematik und Philosophie kombinieren. Bei einem Zweifachbachelor könntest du damit Lehrer werden und hast sehr gute Berufsaussichten (Lehrermangel, wenig Leute wollen Mathelehrer werden). Ein paar Veranstaltungen im fächerübergreifenden Wahlpflichtbereich in Bildungswissenschaft / Pädagogik wären dann nützlich. Je nach Anwendungsgebiet in der Mathematik, kannst du dir nach ein oder zwei Praktika auch Chancen in der Wirtschaft ausrechnen. Entsprechende Kurse im fächerübergreifenden Wahlpflichtbereich sind dann zusätzlich hilfreich.
Du könntest auch eine Fremdsprache dazu studieren. Auch dann könntest du Lehrer werden und hast auch gewisse Chancen in der Wirtschaft.
Schlechter sieht die Sache aus, wenn du nur Philosophie als Hauptfach studierst (1.) oder mit einer anderen Kulturwissenschaft (z.B. Geschichte, Politikwissenschaft, Religionswissenschaft, Theologie...) kombinierst.
Außerdem gibt es noch Qualifikationen, die du nicht direkt zum Studium gehören, die dir aber trotzdem beruflich nützlich sein können.
An der Uni hast du am Sprachenzentrum die Möglichkeit weitere Fremdsprachen zu lernen oder deine vorhandenen Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern. Ohne weitere Kosten... Du musst nur die Zeit und den Fleiß dafür aufbringen. Auslandssemster sind nicht nur aufregend - sie machen sich auch gut im Lebenslauf.
Sinnvoll kann es auch sein in den Semesterferien mal ein kürzeres Praktikum ein zu schieben oder das Studium für ein oder zwei längere Praktika ein Semester lang zu unterbrechen. Da muss man halt schauen, was sich ergibt. Aber man muss halt wirklich suchen und sich engagieren. Ggf. musst du auch den Mut haben Initiativbewerbungen zu schreiben, wenn keine Stelle ausgeschrieben ist. Wenn du z.B. Philosophie und Kunstgeschichte studierst, dann steigen deine Berufsaussichten erheblich, wenn du zwischendurch mal in einem Museum gearbeitet hast.
Ansonsten muss man auf dem Gebiet etwas kreativ sein und überlegen, was einem nützt. Wenn du z.B. Philosophie und Bildungswissenschaft kombinierst, wäre eine ehrenamtliche Tätigkeit mit Kindern oder Jugendlichen ziemlich karrierefördernd.
EDV-Kenntnisse sind fast überall erforderlich. Buchhaltung kann man auch lernen, wenn man nicht BWL studiert hat...
4. Konkretere Beispiele
Da es, wie gesagt, nur wenige Stellenausschreibungen gibt, wo explizit Philosophen gesucht werden, war der Anlauf jetzt etwas länger, bis ich dir deine Frage beantworten kann. Auch jetzt, kann ich nur Beispiele nennen:
- Lehrer
Du studierst einen Zweifachbachelor, anschließend einen Master of Education und bewirbst dich dann auf ein Referendariat. Viele Bundesländer steuern auf einen Lehrermangel zu oder haben jetzt schon einen. Je nach dem, welches andere Fach du studiert hast bewegen sich deine Berufsaussichten irgendwo zwischen ganz okay und sehr gut. - Akademische Karriere
Du kannst nach deinem Philosophie-Bachelor einen Master in Philosophie studieren. Anschließend müsstest du überlegen, wie du dir die Promotion finanzierst (Stipendium, Doktorandenstelle an der Uni, Teilzeittätigkeit). Nach der Promotion kommt die Habilitation. Dann bist du Hochschullehrer und kannst für ca. 25-30€ die Stunde Lehrveranstaltungen an Universitäten geben. Das klingt gut - ist es aber nicht, weil du vielleicht 4 oder 6 Stunden die Woche zusammen bekommst und für viele Tätigkeiten (z.B. Kontrollieren von Hausarbeiten oder Klausuren) nicht bezahlt wirst. Wenn du richtig Glück hast, bekommst du dann irgendwann mal eine Professur und hast ausgesorgt.
Allerdings solltest du das nur anstreben, wenn du richtig gut in deinem Studium bist. Außerdem ist es jeweils unsicher, ob du die nächst höhere Stufe auf der Karriereleiter überhaupt jemals erreichst. - Bildungsbereich oder sozialpädagogische Tätigkeiten
Das ist jetzt nicht sehr konkret, aber es gibt von öffentlichen Bildungsträgern abgesehen, noch sehr viele andere Bildungseinrichtungen. Teilweise würdest du dann versuchen die Stellen zu bekommen, die eigentlich für Sozialpädagogen ausgeschrieben werden. Voraussetzung ist einerseits, dass du in deinem Studium (z.B. im Begleitfach) theoretische Kenntnisse in Pädagogik erwirbst und andererseits, dass du es schaffst irgendwo den Fuß in die Tür zu bekommen. Wenn du erst mal drin bist, bist du drin. Wenn du diszipliniert arbeiten kannst, ein seriöses Auftreten hast und in der Lage bist dir selbst Theorie anzulesen und diese dann in die Praxis um zu setzen, kannst du mehr, als manche (nicht alle) studierte Sozialpädagogen. - Journalismus
Das wollen sehr viele Leute machen. Manche arbeiten jahrelang darauf hin und schaffen es nicht. Aber prinzipiell ist das schon eine Möglichkeit für Philosophen.
Voraussetzung ist eine sehr gute Rechtschreibung und ein sehr gutes Ausdrucksvermögen, EDV-Kenntnisse und ein breites Allgemeinwissen. Wenn du das willst, solltest du während deines Studiums versuchen schon mal für Zeitungen zu arbeiten (z.B. für die Campuszeitung oder Regionale Blätter) oder wenigstens einen Blog betreiben. Wenn du ein Volontariat oder ein Praktikum bekommen kannst, dann schlag zu - selbst wenn du dafür dein Studium unterbrechen musst. Ein passendes Hobby, wie Fotografie wäre auch nicht schlecht.
Es gibt auch noch verschiedene "journalismusnahe Tätigkeiten", wie z.B. Öffentlichkeitsarbeit in Unternehmen.
Alles weitere hängt u.A. auch von deinem (zweiten) Hauptfach ab...
meine Tochter hatte in jugendlichem Überschwang buddhistische Philosophie studiert und mit Magisterprüfung abgeschlossen. Danach stellte sie ernüchtert fest, dass sie mit all ihrer Weisheit nicht mal das Geld zusammenkriegte für die U-Bahn-Monatskarte, um auf Jobsuche gehn zu können, geschweige denn Geld für die Miete oder ein paar Schuhe bei Woolworth.
Ich würde raten, was zu lernen, das deinen Lebensunterhalt sichert, und in deiner Freizeit gehst du deiner Liebe zur Philosophie nach - das nenne ich dann Weisheit.
Sehr schlecht. Auch an der Uni gibt es nur befristete, limitierte Verträge. Würde ich nicht machen...
Der neue Precht werden.
Ganz ehrlich, die meisten großen Philosophen hatten einen anderen "richtigen" Job. Arzt, Lehrer, Priester sind so Klassiker.
Philosophie ist ein schönes Hobby, was reizt dich am BERUF des Philosophen?
Du solltest ein Ziel suchen. Lehramt ist möglich, leider ist Philosophie hier ein sauwenig gefragtes Fach und muss extrem gut kombiniert werden.
Am besten auch an der Uni informieren. Die haben in der Regel eine bessere Übersicht, als eine gutemeinende, aber fachfremde Internet-community!
Ganz ehrlich, die Hochschulberatung muss aber auch hinterfragt werden, da werden auch viele falsche Infos verbreitet hinsichtlich der beruflichen Perspektiven. Gilt sicher nicht für alle natürlich.