Hallo.
Politische und Religiöse Neutralität
Lehrer als Beamte
Die meisten Lehrer sind Beamte und als solche gilt für sie das Mäßigungsgebot, welches durch §33 des Beamtenstatusgesetzes festgelegt ist: Sie müssen sich bei der Ausübung ihres Amtes politisch neutral verhalten. Auch in der Öffentlichkeit und dürfen sie sich, je nach der Bedeutung ihres Amtes für die Allgemeinheit, nur sehr beschränkt politisch äußern. Außerdem müssen Beamte hinter dem Grundgesetz stehen.
In der Rechtsprechung sieht es derzeit so aus, dass verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer, die in der Schule Werbung für eine politische Position machen mit einem Disziplinarverfahren rechnen müssen. Dies gilt jedoch nicht, wenn verbeamtete Lehrer lediglich die Werte Grundgesetzes gegen extremistische Positionen (Linksextremismus, Rechtsextremismus, religiöse Extremismen) verteidigen. Im Privatleben wird von verbeamteten Lehrern jedoch im allgemeinen nicht erwartet, dass sie sich politisch neutral verhalten - von manchen anderen Beamten jedoch tlw. schon.
Landesschulgesetze
Die meisten Landesschulgesetze legen ausdrücklich fest, dass sich die Schulen politisch und religiös/weltanschaulich neutral zu verhalten haben.. Dies gilt dann für alle Lehrer - egal, ob sie Beamte, Angestellte oder Hornorarkräfte sind.
Nutzen Lehrerinnen und Lehrer ihr Amt aus, um Werbung für politische Positionen zu machen oder für eine Religionsgemeinschaft zu missionieren, drohen Konsequenzen, falls jemand Beschwerde beim Schulamt einlegt. Falls du irgendwann Biologielehrerin oder Biologielehrer sein wirst und den Unterricht dazu missbrauchst, die kreationistischen Glaubenslehren deiner Religionsgemeinschaft zu verbreiten würden dir ebenfalls dienstrechtliche Konsequenzen drohen.
Teilweise fällt die Rechtsprechung etwas unterschiedlich darüber aus, in wie weit die religiöse Neutralitätspflicht auch die verfassungsmäßig garantierte persönliche Religionsausübung der Lehrerinnen und Lehrer beschneiden darf: Darf ein christlicher Lehrer ein Kreuz als Schmuck tragen? Darf eine muslimische Lehrerin ein Kopftuch tragen?
Religionsunterricht
Was den Religionsunterricht betrifft garantiert das Grundgesetz, dass Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften an öffentlichen Schulen Religionsunterricht erteilen dürfen und den Inhalt selbst festlegen dürfen. Zur Zeit verhalten sich die Bundesländer Berlin und Brandenburg in diesem Punkt möglicherweise verfassungswidrig, allerdings hat noch keine Religionsgemeinschaft dagegen Verfassungsbeschwerde eingelegt.
Auch hier wird der Unterrichtsinhalt nicht von der persönlichen Meinung des Lehrers oder der Lehrerin bestimmt, sondern von einem für das ganze Bundesland geltenden Lehrplan. Dennoch darf ein Religionslehrer seine persönliche Meinung in religiösen- und weltanschaulichen Fragen im Unterricht äußern. Dabei muss er jedoch den Beutelsbacher Konsens beachten (siehe unten).
Keine der Religionsgemeinschaften die derzeit von ihrem Recht Gebrauch machen an öffentlichen Schulen konfessionellen Religionsunterricht zu erteilen, vertritt dem Stand der Naturwissenschaft widersprechende, kreationistische Lehren. Daher sind solche auch nicht Teil des Lehrplans im konfessionellen Religionsunterricht. Einige Bekenntnisschulen, kleinerer protestantsicher Gemeinschaften bilden hier jedoch eine Ausnahme.
Politikunterricht:
Ferner wird allgemein davon ausgegangen, dass sich Lehrerinnen und Lehrer im Politikunterricht selbst politisch äußern dürfen (Ausnahme: AfD Hamburg). Es macht natürlich keinen Sinn, dass Lehrerinnen und Lehrer nicht sagen dürfen, wo sie selbst politisch stehen, wenn sie ein Fach unterrichten, in dem unter Anderem über politische Themen diskutiert werden soll.
Die Neutralitätspflicht bleibt jedoch gewahrt, sofern der Beutelsbacher Konsens beachtet wird.
Beutelsbacher Konsens
Der Beutelsbacher Konsens ist dasjenige bildungspolitische Paradigma, welches in Deutschland seit Jahrzehnten dort Anwendung findet, wo bestimmte Themen in Wissenschaft und Gesellschaft kontrovers sind. Der Grund dafür: Die Schule kann nicht eine Lehrmeinung vermitteln, wo es in Wissenschaft und Gesellschaft nicht nur einen Standpunkt gibt.
Zentrale Inhalte wären:
- Was in der Wissenschaft kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers sein.
- Was in der Gesellschaft kontrovers ist, muss im Unterricht kontrovers sein. Dennoch müssen Lehrerinnen und Lehrer für die Werte des Grundgesetzes eintreten.
- Lehrerinnen und Lehrer dürfen ihre persönliche Meinung einbringen.
- Es gilt ein Überwältigungsverbot: Lehrerinnen und Lehrer dürfen nicht indoktrinieren, abweichende Meinungen der Schülerinnen und Schüler zulasse, etc.
Für den Biologieunterricht könnte das z.B. bedeuten, dass im Bereich der Ernährungswissenschaft verschiedene Standpunkte dargestellt werden sollten - da hier viele Fragen in der Wissenschaft kontrovers sind. Anders als von manchen religiösen Gruppen behauptet, trifft dies jedoch auf die Evolution nicht zu.
Bevor du Lehrerin bzw. Lehrer wirst...
...musst du ersteinmal eine wissenschaftliche Ausbildung absolvieren - ein Hochschulstudium auf Master-Niveau, in mindestens zwei Hauptfächern. Dazu gehört die Bereitschaft wissenschaftliches Arbeiten zu lernen und einen eigenen Standpunkt auf wissenschaftlicher Basis zu entwickeln.