Japans Wirtschaftswunder?

3 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Zum einen hatten die Japaner bereits Übung in der Modernisierung im Turbodurchgang,

Bereits in der Meiji-Restauration, nach der Zwangsöffnung Japans, musste sie von ihrer mittelalterlichen Gesellschaftsordnung des Shogunats so schnell wie möglich die Industrialisierung des Landes nachholen.

Soviel erstmal dazu.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Japan zunächst von den Alliierten, insbesondere den USA besetzt, die dort quasi das Äquivalent zur "Entnazifizierung" in Deutschland durchführten, das Land abrüsteten und die Tokyoter Kriegsverbrecherprozesse abhielten.

Im Rahmen dieser Demokratisierung kam es auch zum Wiederaufbau von Infrastruktur, da den USA ein völlig ausgebombtes Japan als Basis im Pazifik nichts gebracht hätte.

Nachdem dann Friedensverträge bzw Waffenstillstandsvereinbarungen mit anderen Staaten getroffen worden waren, expandierte Japan nicht mehr politisch und militärisch, was durch die von den USA diktierten neuen japanischen Verfassung verboten war, begann aber mit der erneuten Industrialisierung - was schließlich zur modernen Wirtschaftsmacht, den späteren Bubble Economy etc führte - neuere japanische Geschichte eben.

Ist natürlich alles sehr komprimiert und zusammengefasst.

Notiz am Rande: Mit Russland hat Japan übrigens nach wie vor keinen Friedensvertrag,


francefan97 
Beitragsersteller
 26.03.2013, 11:11

Danke für diese umfassende Antwort

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Enzylexikon  26.03.2013, 11:59
@francefan97

Keine Ursache. :-)

Bin leider kein Wirtschaftsexperte, sonst hätte ich das sicher genauer beantworten können.

Danke Dir natürlich trotzdem für den Stern. :-)

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Deutschland hat's doch auch geschafft. Und hatte damit seinerzeit die modernste Industrie, genau wie auch Japan. Im Gegensatz zu den Engländern. Dort wurde bei weitem nicht so viel zerstört wie hier in Deutschland - und hat weiterhin mit veralteter Industrie produziert ....


francefan97 
Beitragsersteller
 24.03.2013, 12:02

Wie schafft man es denn ein zerstörtes Land so schnell wieder Aufzubauen? Das meine ich. (Wie entwickelt man solche Industrie, wenn man doch der Feind ist?)

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Die Japanischen Expansions- und Imperialismus- Pläne mussten durch den auch von ihnen verlorenen 2. WK beerdigt werden. Der Inselstaat mit seiner großen Bevölkerung war vorher vor allem von den Militärs gelenkt worden, die gehofft hatten, die sich langfristig für Japan sich abzeichnenden Wirtschaftsprobleme durch massiven Imperialismus zu Lasten anderer ostasiatischer Staaten (China, Burma, Korea, Vietnam, ...) und deren militärischer Eroberung lösen zu können. Damit verfolgten sie eine ähnliche Strategie wie das mit ihnen verbündete Nazi- Deutschland in Europa. Die Japaner waren durch ihre schon recht gut entwickelte Waffen- Technik auch schon sehr erfolgreich mit der Eroberung ihrer Umwelt; diese erhielt aber einen herben Dämpfer durch das Kreuzen von Interessen anderer westlicher (Kolonial-) Staaten, wie Frankreich und England, später gar die USA. Im Krieg mit ihnen unterlagen sie dann schließlich. Statt Lösung dieses "überbevölkerten Staates" durch imperialistische Ambitionen sah man sich jetzt als Kriegsverlierer noch größeren Problemen gegenüber (zerstörung des Mutterlandes auch durch Atom- Bomben, Reparationen, moralische Krise, ideologische Desorientierung, amerikanische Besatzung, ...).

Die ganze Politik und Wirtschaft Japans wurde nun - ähnlich wie in Deutschland - verändert: die Waffenindustrie stellte ihre Produktion auf zivile Güter um. Aus Mangel an Alternativen und aufgrund bereits gemachter Erfahrungen konzentrierte man sich auf Technologie. Diese erreichten eine auch im Ausland beliebte Qualität, wordurch bedeutende Exporterlöse zustande kamen (ähnlich wie in Deutschland). Marken wie Yamaha, Sony, Kawasaki, Suzuki, Aiwa, ... kennt heute überall in der Welt Jeder. Die Japaner selber kennzeichnete zudem ein hoher Ausbildungsstand und großer Gewerbefleiß (ähnlich wie in Deutschland). Dazu kam, dass die USA den Japanern beim Wiederaufbau auch in nicht unbeträchtlichem Maße halfen.

Der Hauptgrund für das Japan. WIrtschaftswunder war also demnach, dass vor allem der Umstieg von Rüstungsindustrie auf friedliche, zivile Industrie gelang; und man hatte gemerkt, dass der Erfolg seiner Technologie auf dem Weltmarkt für Japan überlebenswichtig war. die Lohnkosten in Japan waren zudem sehr niedrig, die Arbeitszeiten extrem lang, die Ausbildung sehr gut, weshalb die Japaner sehr billig für den Weltmarkt produzieren konnten. Innenpolitisch kehrte Sozialer Frieden ein, es gab wenig Streiks (allerdings auch wenig Arbeitnehmerrrechte). Was vorher niemals für möglich gehalten worden war, wurde nun Realität: Japan entwickelte sich relativ schnell zu einem der bedeutendsten Exporteure von Technologie in der Welt (mit etwas Anderem hätte man in diesem Umfang auch in der Welt nicht erfolgreich konkurrieren können!), wenn auch nicht so schnell wie Deutschland. Das ging zunächst natürlich auch sehr zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung. Aber die japanische Politik sah das als eine "Überlebensfrage" an, weshalb es dazu keine Alternative zu geben schien. Und dadurch wurde das so durchgesetzt. So wurde Japan zu einer der führenden Industrienationen auf dem Weltmarkt. Damit begründete es seinen Reichtum. Der Boom ging quasi ohne nennenswerte Krisen bis weit in die 1990er Jahren, wenn auch später natürlich stark verlangsamt, weiter. Negativen Auswirkungen (vor allem Situation der Beschäftigten) dieser Politik hat man daher erst sehr spät größere Beachtung geschenkt.