In DDR gab es keinen Faschismus und Rassismus oder?

8 Antworten

Soweit ich weiß, nutzten sowohl Jugoslawen als auch Türken die günstigen Preise in Ost-Berlin, um dort auszugehen und notfalls auch Mädchen aufzureißen. Sie mussten aber um Mitternacht wieder in Westberlin sein.

Mit einem Freund traf ich selbst einmal in der S-Bahn einen über Schönefeld eingereisten jungen Türken, der uns nach dem Bahnhof Friedrichstraße fragte. Dort war der Grenzübergang nach Westberlin.

Jugoslawien galt zwar auch als sozialistisches Land, allerdings war uns die Reise dorthin meist verwehrt, weil man von dort aus leicht in den Westen gelangen konnte. Es haben aber viele Jugoslawen in Westberlin gearbeitet, und in den Interzonenzügen trafen wir sie reichlich an, wenn sie nach Hause fuhren.

Für uns waren alle Leute interessant, die mehr Freiheit genossen als wir und in den Westen reisen konnten. Das traf auch auf Türken zu. Über die unterschiedlichen Kulturen wussten wir nichts und erfuhren darüber auch nur wenig. In der DDR wurde nur nach "sozialistisch = gut, kapitalistisch = schlecht" geurteilt. Und während ich jede Gelegenheit suchte, mein Wissen in dieser Angelegenheit zu erweitern (durch Vorträge in der Studentengemeinde oder im Kulturbund), hat es viele Leute gar nicht interessiert.

Natürlich gab es Rassismus in der DDR, nur nicht offiziell. Aber in der Bevölkerung wurde durchaus über die "Fidschis" oder "Kohlen" hergezogen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Hallo, das ist meine Antwort auf Deine Fragen:

I Gab es Faschismus/ Rassismus in der DDR?

Die DDR war ein sozialistischer Staat, der in einem Teil von Deutschland von 1949-1990 existierte. Als Sozialismus wird eine Übergangsperiode auf dem Weg in den Kommunismus bezeichnet. Diese Überganszeit (Sozialismus) wurde offiziell als "Diktatur des Proletariats" bezeichnet. Regiert wurde der Staat gemäß Art 1 der DDR-Verfassung "unter der Führung der marxistisch-lenistischen Partei" Diese Partei hieß SED. Heute heißt die SED unter anderem Namen DIE LINKE. Nachweis:

https://www.welt.de/politik/article3649188/Die-Linke-Wir-sind-Rechtsnachfolgerin-der-SED.html

Offiziell gab es in der DDR weder Faschismus noch Rassismus. Offiziell waren "Faschismus und Militarismus mit Stumpf und Stiel ausgerottet". Deshalb sei die DDR auch -DDR-Zitat- "der erste antifaschistisch demokratische Friedensstaat auf deutschem Boden". Richtig daran ist, dass faschistische Propaganda verboten war. Ich habe wie alle Jugendliche in der DDR auch ein ehemaliges Nazi-KZ besucht und das Thema Faschismus wurde sehr ausführlich im Unterricht behandelt. Richtig ist aber auch, dass die SED die oppositionellen Regierungs-Kritiker wegen "staatsfeindlicher Hetze" einsperren ließ, die überhaupt keine Nazis waren! Nachweis:

https://www.jugendopposition.de/lexikon/sachbegriffe/148487/staatsfeindliche-hetze-106

Echte Nazis hingegen wurden offiziell in der Presse nur als Rowdys bezeichnet, weil es im Sozialismus ja offiziell keine Nazis geben durfte. Hier ein youtube-Clip zum Thema Nazis in der DDR:

https://www.youtube.com/watch?v=n6C9uLYoBCU

II DDR und Türkei haben sich gut verstanden oder?

Eines vorab: Du hast auch von "Jugos" geschrieben. Die SFRJ (Jugoslwawien) war zwar ein sozialistischer Vilevölkerstaat. Trotzdem durften DDR-Bürger nicht dorthin reisen. Jugoslawien galt als eine Art "Schwarzes Schaf im Ostblock", weil seine Regierung sich nicht der politischen Führung durch die Sowjetunion unterordnen wollte. Nachweis:

https://www.mdr.de/geschichte/stoebern/damals/die-ddr-und-jugoslawien100.html

Seit dem 01.06.1974 gab es diplomatische Beziehungen zwischen der DDR und der Türkei. Erster DDR-Botschafter dort war Norbert Jaeschke. Besonders mit den türkischen Kommunisten hat sich die DDR gut verstanden. Einige davon bekamen auch Asyl in der DDR. Nachweis:

https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/16584/Txrkeistxmmige_Emigrant_innen_in_der_DDR_17032016.pdf?sequence=1&isAllowed=y

Türkische Touristen konnten die DDR besuchen und mussten wie alle Ausländer aus dem NSW (Nicht-sozialistisches Wirtschaftsgebiet)für jeden Tag des Aufenthaltes 25 DM (West) zum Kurs 1:1 in Mark der DDR umtauschen. Was das damals in türkischer Lira war, findest Du in dieser Tabelle:

https://www.zinsen-berechnen.de/wechselkurs/dem-try.php

Meine persönlichen Erfahrungen von damals sind: "Gastarbeiter" aus der Türkei gab es nicht. In der DDR-Schule haben wir das Buch von Günter Walraff "Ganz unten" behandelt. Dieses Bucht handelt von der Ausbeutung von "Gastarbeitern" im Westdeutschland.Mir tat Ali (so nannte sich der als Türke verkleidete Autor des Buchs) total leid. Hier ein Link zu dem Buch:

https://www.kiwi-verlag.de/buch/guenter-wallraff-ganz-unten-9783462305913

Ich hoffe, ich konnte Dir mit meinen Antworten ein bisschen weiterhelfen.

Stephan Giering, DDR-Zeitzeuge www.stephan-giering.com

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Natürlich existierte Rassismus in der DDR.

Die DDR verstand sich zwar als antifaschistisch-jungfräuliche Geburt in strenger Abgrenzung zur immer noch faschistischen BRD, doch die dortigen Gastarbeiter:innen aus den Brüderstaaten wie Mozambik oder später Vietnam waren ähnlichem Alltagsrassismus ausgesetzt wie die Gastarbeiter:innen aus der Türkei/Italien/Spanien/Griechenland etc. in der BRD.

Außerdem war antisemitisches Gedankengut fest im SED-Regime verankert: Jüdischen Gemeinden wurde pauschal unterstellt, Handlanger:innen des Staats Israels und somit des Westens zu sein, was die dortigen Gemeinden regelmäßig in Erklärungsnot brachte.

LG

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – im Masterstudium Politikwissenschaften

Claud18  01.01.2022, 21:26

Ich kann mich an keine Gastarbeiterinnen aus Mocambique erinnern, da kamen m. E. nur Männer ins Land. Vietnamesinnen waren dagegen reichlich vertreten.

Rocker73  01.01.2022, 21:27
@Claud18

Ich gendere stets, weil ich nicht wissen kann, wie sich diese Bevölkerungsgruppen identifizierten und weil mir dazu die Kenntnisse fehlen.

In der DDR gab es Rassismus. Die Fremdarbeiter aus den sozialistischen Bruderländern lebten in Wohnheimen und sollten so wenig Kontakt mit der Bevölkerung haben wie nötig. Nach dem Ende der DDR wurden sie in ihre Heimatländer zurückgeschickt.

Da die Türkei nicht zu den sozialistischen Bruderländern gehörte, bekamen türkische Staatsangehörige keine Erlaubnis zur Einreise in die DDR. Verwandtenbesuch als Ausnahme dürfte es wohl kaum gegeben haben. Bei organisierten Reisegruppen politisch links stehender Organisationen galten Ausnahmen.

Rassistische Einstellungen gab es auch in der DDR z.B. gegenüber Vietnamesen oder Schwarzafrikanern aus Mosambik oder Angola.

DDR und Türkei hatten wenig miteinander zu tun.


ulmimax  31.12.2021, 12:47

Ja, so war es.