Ich brauche einen Schreibtipp für einen Roman?
Ich habe gerade meinen allerersten Roman geschrieben und bin jetzt in der Bearbeitungsphase. Das Ganze ist schwerer, als gedacht 😅
Mir ist gerade folgende Frage in den Sinn gekommen: Szenenbeschreibungen sind ja eigentlich wichtig, damit der Leser, wie im Film, ein Gefühl für die Atmosphäre bekommt. Allerdings schreibe ich im Roman ja ständig aus der Sicht der einzelnen Figuren. Wenn ich jetzt eine Figur habe, die komplett in ihr Handy versunken ist, macht es dann trotzdem Sinn, z.B. zu schreiben:
"Es wehte ein warmer Wind und die Sonne schien golden auf die Baumkronen. Davon bekam X aber nichts mit, denn sie war viel zu sehr auf die Textnachricht fixiert, die sie gerade bekommen hatte"?
Wenn sie zu sehr auf die Textnachricht fixiert ist, dann bekommt sie ja weder was vom Wind noch vom Sonnenlicht mit. Außerdem kann es ja Charaktere geben, die grundsätzlich nicht auf ihre Umgebung achten, und damit entgehen ihnen vielleicht wertvolle Hinweise, die der Leser aber mitbekommen sollte. Es fühlt es sich aber auch nicht gut an, die Leser über die Umgebung völlig im Dunkeln zu lassen, denn wäre es ein Film, würden sie die beschriebenen Sachen ja auch sehen.
Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine.
Das ist zwar nur ein Minidetail, aber mir ist sowas wichtig, weil solche Details ja auch die Persönlichkeit des Charakters widerspiegeln. Ein sehr aufmerksamer Charakter würde merken, dass winzige Glasscherben auf dem Asphalt liegen und fünf Minuten zuvor eine humpelnde Katze vorbeigelaufen ist, ein achtloser Charakter würde es nicht merken, trotzdem sollte der Leser ja in beiden Fällen die Chance haben, die Glasscherben zu "bemerken" und die Möglichkeit haben, sich selbst zusammenreimen, warum die Katze vorhin gehumpelt hat.
Können einige andere Hobbyschriftsteller (und sehr gerne auch Profis) mir da weiterhelfen?
4 Antworten
Tatsächlich ist deine Frage kein kleines Detail, sondern entscheidet mit darüber, ob eine Erzählperspektive vernünftig umgesetzt wurde oder nicht. Der Leser kann nur das Erfahren, was der Erzähler weiß. Am Ende hängt es daher von der Form des Erzählers:
Nutzt man einen Ich-Erzähler, ist dieser erstmal an seine wirkliche Wahrnehmung gebunden. Wir selbst können in dem Moment, wo wir etwas übersehen, nicht darauf hinweisen, dass wir es gerade nicht bemerken, daher kann er es auch nicht. Es würde daher kein Sinn zu machen, wenn man schreibt: "Ich bin so auf mein Handy fokussiert, dass ich die Blutspuren der vor fünf Minuten weggehumpelten Katze übersehe."
In deinem Beispiel nutzt du einen "dritte Person"-Erzähler. Hier unterscheidet man grundsätzlich zwischen drei Arten: auktorial/allwissend, neutral und personal. Bei ersteren gehört definitionsgemäß ein Wissensvorsprung zur Hauptfigur dazu, während der neutrale Erzähler das Geschehene unkommentiert beobachtet, und der personale Erzähler eben alles aus der Sicht einer oder mehrerer Figuren wiedergibt.
Am Ende gehört es dazu, sich eine Erzählperspektive auszusuchen, die alles Relevante herüberbringen kann. Das heißt, wenn man oft das Problem hat, dass der Leser eigentlich einen Wissensvorsprung zur Hauptfigur braucht, sollte man z.B. keinen Ich-Erzähler wählen. In anderen Fällen kann man sich immer überlegen, wie man die Informationen trotzdem unterbringen kann: Beispielsweise wird auch der unaufmerksame nicht komplett blind durch die Welt rennen. Es ist dann zwar nicht zu empfehlen, fünf Seiten die Umgebung zu beschreiben, aber er wird ja wahrscheinlich trotzdem merken, ob er gerade durch ein Feld oder über eine Hauptstraße läuft. Der Leser muss also nicht komplett blind bleiben.
Ebenfalls wichtig ist: Die Erzählperspektiven müssen nicht zwangsweise in Reinform vorliegen. In die Bücherdiebin hat man zum Beispiel den Tod, der als auktorialer Erzähler die Geschichte der Bücherdiebin erzählt, selbst allerdings auch seine Auftritte als "Ich" hat. Solange der Leser versteht, was für eine Perspektive er gerade geboten kriegt, ist das kein Problem.
Ich halte es für überbewertet die Umgebung immer auf Krampf detailliert beschreiben zu wollen. Am Ende geht es darum Atmosphäre zu schaffen. Wenn die Perspektivfigur also auf ihr Smartphone fixiert ist, um mal bei deinem Beispiel zu bleiben, dann ist für den Leser in dem Moment nur interessant was dort gerade so spannend ist und nicht wie der Wind gerade weht oder ob die Baumkronen golden, rot oder bunt gestreift sind. Hier würde ich mich an deiner Stelle eher fragen, ob du dich nicht zu sehr in "unnötigen" Details verlierst.
Versteh mich nicht falsch. Details sind wichtig und machen durchaus einen Unterschied, aber man sollte es nicht übertreiben. Wenn man zu viel Salz ins Essen kippt, schmeckt es auch nicht mehr. Wenn deine Figur diese Dinge also nicht bemerkt, sind sie an dieser Stelle vielleicht einfach nicht wichtig.
Und wenn sie das doch sind, dann musst du dir etwas einfallen lassen wie du ihre Aufmerksamkeit umlenken kannst. Sie könnte von einem anderen Passanten angerempelt werden oder sie läuft versehentlich gegen eine Laterne, vielleicht gibt es einen Streit in unmittelbarer Nähe, der ihre Aufmerksamkeit auf ihre Umgebung lenkt, o.Ä. Hier wärst du vollkommen frei in deinen Möglichkeiten.
Ich würde jedenfalls nicht mit der Perspektive brechen, nur um ein paar schöne Beschreibungen einzubauen. Wie Dakaria21 bereits sagte, wird selbst eine unaufmerksamere Person nicht blind durch die Welt laufen. Eine andere Wahrnehmung ist also nicht gleichbedeutet mit gar keiner Wahrnehmung. Vielleicht brauchst du nur andere Details, die deiner Perspektivfigur auffallen, nicht gar keine. Oder eine andere Art und Weise wie deine Figur auf diese Details aufmerksam wird (siehe den Beitrag von Kathrin522).
Liebe Grüße
Oh das ist Recht einfach...also deine Protagonisten bekommt das sicher mit das die Sonne blendet. Wieso ? Weil das Sonnenlicht meist das Display verdunkelt und sie eigentlich wirklich Mühe hat den Text wirklich zu lesen und auch der Wind macht es ihr nicht einfacher, wenn einige Strähnen ihr dabei ins Gesicht wehen. Sie wird womöglich ziemlich die Augen zusammen kneifen müssen durch das Licht und unwirsch damit beschäftigt sein mit einer Hand ihre Haare in den Griff zu bekommen.
Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen oder dich zumindest auf ne Idee bringen:)
Es gibt ja auch den allwissenden Erzähler. Wenn du aus der Sicht des allwissenden Erzählers schreibst, dann kannst du das so formulieren.
Wichtig ist es nur, dass du dann den gesamten Roman aus der Sicht schreiben musst.