Heulen anders konnotiert als Weinen?
Ist für euch das Wort Heulen anders konnotiert als Weinen? Manche sagen, Heulen sei abwertender. In meinem Elternhaus gab es eigentlich nur das Wort Heulen, das Wort Weinen habe ich dann erst in Kindergarten und Schule kenengelernt. Von daher ist für mich Heulen neutral und nicht abwertend konnotiert, weil es einfach das gängige und im Grund einzige Wort dafür war. Ich habe den Unterschied lange Zeit eher als umgangssprachlich vs. hochssprachlich verstanden, weniger als abwertend vs. wertschätzend oder neutral.
Ich kann aufgrund von Beschäftigung damit gedanklich heute nachvollziehen, wenn für manche Leute Heulen abwertender klingt als Weinen, intuitiv ist es das für mich hingegen nicht. Wie ist das für euch?
8 Antworten
In meinem Elternhaus war es genau so. Das Wort "weinen" gab es nur in Büchern.
"Warum heulst du denn, was ist denn los?" wurden Kinder gefragt.
Aber auch Erwachsene "heulten". "Die Nachbarin sitzt da und heult. Da muss was passiert sein."
"Weinen" ist für mich auch heute noch wenig ausdrucksstark. "Heulen" drückt eine starke Gefühlsbewegung aus. Für mich klingt es nicht abwertend, aber ich vermeide es, weil es wohl für die meisten anderen negativ klingt.
"Plärren" klingt auch für mich negativ.
Wenn ich ein Kind "weinen" sehe, dann geht das für mich nicht unter die Haut.
Bei uns hieß es: "Kinder haben Lachen und Weinen im gleichen Sack."
Wenn ein Kind "heult", dann bin ich sofort aufmerksam und schaue nach der Ursache. Ist es hingefallen und heult, dann könnte es verletzt sein. Ich mische mich ein, wenn es nötig ist.
"Weinen" klingt im Gegensatz zu "heulen" eher nichtssagend. Am "Heulen" kann man nicht vorbeigehen.
Im Allgäu "plärrt" man. Ist ein sachlicher Ausdruck, kann aber auch negativen Beiklang haben.
"Greinen" kenn ich auch, doch nur aus der Literatur. Mir hat das Wort gut gefallen.
Es drückt eher seelischen Schmerz aus denn körperlichen Schmerz.
Der Ausdruck "weinen" hat irgendwie keine Tiefe, und wenig Energie.
Nach meinem Empfinden.
Heulen und Weinen sind zwei Tätigkeiten, die durch ein Gefühl ausgelöst werden.
Dabei kann ich still weinen, aber nicht ohne Tränen heulen. (OK, Ausnahmen gibt es immer.) Und: Unbemerkt und in sich rein weinen geht, aber unbemerkt heulen nicht.
Weinen ist also die weniger stark auf andere einwirkende Handlung. Das mag – bei aller Empathie – die gesellschaftlich leichter zu akzeptierende Variante zu sein.
Laut Heulen kann – Empathie hin oder her – nicht übergangen werden und drängt sich immer auf.
Das scheint mir der Unterschied zu sein.
Hm, bei uns in der Familie gab es nur das Wort „Heulen”, sobald Tränen im Spiel waren, auch dann, wenn es völlig lautlos vonstatten ging.
Heulen ist für mich aus Schmerzen Wasser aus den Augen fließen zu lassen und Weinen um etwas zu bekommen,jemanden zu erweichen,aus Frust Weinen
Ja, das ist ein übliches Phänomen, daß in der Standardsprache Begriffe eine Konnotation erhalten, die in regionalen Dialekten als neutrale Begriffe verwendet werden. Bei uns wird umgangssprachlich auch nicht das Wort "weinen" verwendet, sondern "greinen", "heulen" steht dann für intensives, lautes Weinen.
Danke, wo ist das? Ich kenne greinen aus älterer Literatur, wusste gar nicht, dass das noch irgendwo lebt.....
Ja, "heulen" ist negativer konnotiert. Es bezeichnet intensives, langanhaltendes Weinen inklusive entsprechender Lautäußerungen, was eher typisch für Kleinkinder ist und im übertragenen Sinn bedeutet es übertriebenes Herumgejammere, das Aufregen über Nichtigkeiten.
hm, wie gesagt, in der Sprachwelt meines Elternhauses war es einfach ein Oberbegriff für jede Art des Weinens. Es wurde in meiner ganzen Familie absolut bedeutungs- und konnotationsgleich mit Weinen verwendet (bzw. Weinen wurde nicht verwendet).
Wie auch immer ihr es genutzt oder gemeint habt: HEULEN ist ein GERÄUSCH. Der Sturm heult. Eine Sirene heult, junge Seehunde nennt man Heuler. Weinen findet durchaus fast oder ganz lautlos statt. Je stärker die Emotion und je geringer die Impulskontrolle, desto eher hört man dabei etwas.
Wie auch immer ihr es genutzt oder gemeint habt: HEULEN ist ein GERÄUSCH.
Schon klar, mir ging es eher um die damit verbundenen Konnotationen. Die scheinen ja von Mensch zu Mensch sehr verschieden zu sein. Und da es bei uns einfach das Standardwort war, ist mir erst viel später aufgefallen, dass Heulen (als Synonym für Weinen) für viele abwertend konnotiert ist. Ist ja klar, warum sollte ich es abwertend verstehen, wo es das einzige mir wirklich geläufige Wort dafür war und ich gar keinen Vergleich zu anderen Wörtern dafür hatte.
Danke, sehr interessant! So ähnlich hab ich das auch erlebt. Jetzt fällt mir auf, dass ich doch noch ein weiteres Wort in meiner Kindheit kannte: Plärren.