Hat jemand die DDR noch miterlebt? Wie war das in der DDR mit den Restaurants?

10 Antworten

Mein einziger Kontakt mit einem DDR Restaurant zu DDR Zeiten war 1988....: der Ratskeller in Leipzig.

Ich ( damals West Berliner ) war schon irritiert, als ich mit meiner Leipziger Brieffreundin den Laden betrat und dann erst mal warten musste, um " platziert " zu werden....: sprich man konnte sich nicht aussuchen wo man sitzen wollte, sondern das Personal hat einen zu einem Tisch derer Wahl geführt.

In unserem Fall war der Ratskeller komplett leer, lediglich an einem Tisch saß ein junges Ehepaar mit Kind.

Exakt an diesen Tisch wurden wir mit- " platziert ".

Auf meine erstaunte Frage, ob das hier normal sei realisierte die Bedienung dann offenbar, dass ich ein " Westler " war und wir bekamen sofort einen eigenen Tisch.

Ich bestellte sofort Getränke und nach einem kurzen Blick auf die Karte ein Schnitzel mit Bratkartoffeln und Gemüse. Meine Freundin hatte wohl irgendwie keinen großen Hunger und bestellte bloß eine Suppe.

Mein Bier kam in einem randvoll eingeschenkten Glas ohne Schaum, Bratkartoffeln und Schnitzel schwammen in Fett, das Gemüse hatte alles die gleiche Farbe / Konsistenz / keinen Geschmack.

Meine Freundin hatte dann plötzlich doch Hunger und wollte noch was bestellen, da wurde uns aber gesagt jetzt gälte die Nachmittagskarte und das was sie wollte gäbe es nicht mehr ( es war fünf Minuten vor 14 Uhr und die Karte galt bis dahin ).

Interessante Erfahrung....


Lukas1990 
Beitragsersteller
 01.08.2024, 00:04

Dass du das alles noch SO GENAU weißt ;) Komisch, dass sie euch ausgerechnet an den Tisch platzierten, wo schon Leute saßen. Obwohl ja alles frei war. Und wie waren die Preise?

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siceripos  01.08.2024, 20:10
@Lukas1990

Das war so ziemlich der skurrilste Pfingstausflug meines Lebens und meine erste reale Begegnung mit der DDR, außer dem was ich so vom Transit kannte.....

Die genauen Preise hab ich jetzt nicht mehr im Kopf, aber es hat alles gefühlt irgendwie so gut wie nichts gekostet. Ich hatte damals eigentlich vor, so vier...fünf Tage zu bleiben und hatte zusätzlich zum Zwangsumtausch noch extra Geld getauscht. Losgeworden bin ich das nicht.

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  1. Nun ja - andere Zeiten halt. Weniger modern entsprechend. Generell kommt es damals wie heute natürlich auch auf die jeweilige Preisklasse des Restaurants an.
  2. Ja - gelegentlich Essen zu gehen, war für den Durchschnittsverdiener aus finanzieller Sicht kein Problem, wenn man jetzt nicht gerade im Feinkostrestaurant essen ging.
  3. Ja - Trinkgeld war üblich.
  4. Ja und natürlich - soweit man eben überhaupt darauf Einfluss hatte, da Preise ja einheitlich waren. In der DDR gab es durchaus Prämien und Anerkennung für gute Leistung. Auszeichnungen und Ehrentitel, Urlaubs- und Freizeitanreize, Sachprämien oder Geldprämien. Besonderes Engagement wurde also durchaus belohnt.
  5. Das lässt sich schlecht vergleichen und ist mitunter auch abhängig welche Art Restaurants man da vergleichen wollen würde. Ich mochte die lockere Atmosphäre in den gut bürgerlichen Restaurants in meinem Heimatort. Die meisten kannten sich, wie das so ist, wenn der Ort nicht so groß ist und es war eher gemütlich als vornehm. Heute ist es - auch in meiner Heimatstadt alles etwas distanzierter. Das Angebot natürlich umfangreicher und logischerweise alles moderner.

Weil es einige erwähnt haben - es war durchaus nicht unüblich, dass man in Restaurants platziert wurde. Bei uns war das aber nur in den 1-2 gehobeneren Restaurants üblich. In den eher bürgerlichen Restaurants, konnte man sich setzen wo man wollte.

Da es meistens sehr voll war, war es aber fast immer nötig im Vorfeld einen Tisch zu reservieren.

Die meisten Restaurants öffneten auch erst am späten Nachmittag oder Abends - zumindest unter der Woche, außer dort, wo es viel Tourismus gab, was einfach daran lag, dass bis auf ganz wenige Ausnahmen alle arbeiteten, die meisten Arbeitsplätze Kantinen hatten, wo man Mittag gegessen hat und somit tagsüber quasi nicht wirklich Bedarf an geöffneten Restaurants bestand.


Lukas1990 
Beitragsersteller
 02.08.2024, 09:56

Zu deinem letzten Punkt: Aber ist das denn heute nicht auch so? Auch heute arbeiten die meisten tagsüber und trotzdem sind die Restaurants schon ab morgens früh geöffnet und trotzdem gut besucht.

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holjan  02.08.2024, 23:57
@Lukas1990

Mit dem Unterschied, dass die meisten Betriebe heute keine Kantinen mehr haben.

Damals war das quasi Standard. Selbst kleinere Betriebe waren an Kantinen angeschlossen, in denen man günstig warmes Mittagessen bekam (das galt im Übrigen auch für sämtliche Schulen).

Zumindest in meiner Stadt gibt's das gar nicht mehr. Entsprechend treibt es auch mehr Leute um die Mittagszeit in Imbisse und Restaurants.

Generell haben sich die Zeiten geändert. Heute sind alle mobiler und flexibler, auch in Sachen Arbeitszeit. Mit dem Laptop oder Tablet im Restaurant sitzen und bis das Essen kommt noch was wegarbeiten, war ja damals nicht. Mehr Tourismus auch außerhalb der Saison kommt auch oben drauf.

Dazu bieten heute viele Restaurants auch Lieferservice an, durch den man in der Mittagszeit, selbst wenn da weniger los ist, gut Umsatz macht. Auch sowas gab's zumindest in der DDR nicht.

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Den Restaurantbesuch konnte sich damals jeder leisten, denn die Preise waren vorgeschrieben und billig. Nur - ob man einen Platz bekam, war fraglich. Oft stand man vor verschlossener Tür mit einem Schild "Heute Ruhetag", "Wegen Krankheit geschlossen", "Geschlossene Veranstaltung" usw. Die meisten Gaststätten gehörten der HO oder dem Konsum, die Betreiber bekamen ein Gehalt, und das war's. Gewinn zu machen, war verpönt - wer in die eigene Tasche wirtschaftete, fand sich irgendwann vor Gericht wieder - ich habe selbst so einen Artikel in der "Wochenpost" gelesen. Private Inhaber wurden m. E. genötigt, einer staatlichen Beteiligung zuzustimmen, und sicher machten das viele freiwillig, denn bei Mittagessenpreisen von 2,50 Mark (Bauernfrühstück im Dorfgasthof) konnte man nicht viel verdienen.

Berüchtigt waren auch die Schilder "Sie werden plaziert" (damals noch ohne "tz"). Da war das halbe Restaurant leer, aber man durfte sich erst setzen, wenn es dem Personal gefiel und ein Tisch zugewiesen wurde. Suchte man sich selbst einen Platz, wurde man umgehend herausgeschmissen.

Trinkgeld gab man damals auch schon.

Und die Einrichtung der Restaurants war - mit Ausnahme von gehobenen Restaurants, die auch entsprechend teuer waren - recht einfach.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
  1. Nein, natürlich nicht. Das war meistens recht spießig eingerichtet. Das Angebot war minimal und häufig wurde man platziert. Also man könnte sich nicht einfach an einen Tisch setzen, auch wenn das Restaurant halb leer war.
  2. Ja, die Preise waren schon relativ günstig.
  3. Ja, wenn man zufrieden war schon. Das kam aber eher selten vor.
  4. Ja, die meisten gehörten zur HO, Mitropa oder Konsum. Sozialismus und Gewinne passen nicht so Recht.
  5. Schlechter natürlich, bis auf wenige Ausnahmen vielleicht.

Lukas1990 
Beitragsersteller
 01.08.2024, 00:05

Warum konnte man sich den Tisch nicht aussuchen? Was hatte das für Gründe?

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NKK79WFZ  01.08.2024, 09:52
@Lukas1990

Weil die Servicekräfte jeden benutzten Tisch reinigen mussten. Wurde man zu jemand an den Tisch hinzuplatziert, dann hatte der Genosse weniger Arbeit.

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Lukas1990 
Beitragsersteller
 02.08.2024, 09:57
@NKK79WFZ

Also arbeiten mochten die Leute in der DDR nicht so gerne?!

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Es war so, dass man anstehen musste um überhaupt rein zu kommen.

Wie bei allem in der DDR war auch hier die Anfrage größer als das Angebot.


Lukas1990 
Beitragsersteller
 01.08.2024, 00:05

Die anderen berichten aber seltsamerweise, dass die Restaurants leer waren. ^^

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Franky1962  01.08.2024, 00:15
@Lukas1990

Natürlich waren nicht alle Restaurants leer, eher im Gegenteil. Häufig müsste man auch lange anstehen und warten bis wieder jemand das Restaurant verlassen hat.

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atm77  01.08.2024, 04:36
@Lukas1990

Also ich kann mich nur an einen Besuch im Urlaub erinnern und da war das so, dass wir anstehen mussten.

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