Habt ihr geweint als ihr ein KZ besucht habt?

20 Antworten

Guten Tag .

Ich habe nicht geweint. Aber ich konnte mir in meinen Gedanken vorstellen, wie es damals gewesen sein muss. Ich hatte ein Fotoapparat dabei und habe, bewußt, schwarzweiß Bilder gemacht. Ich bin dankbar darüber, daß wir in einem Land leben, in Dem Menschenrechte geachtet werden und die Vergangenheit aufgearbeitet wird.

Mit freundlichen Grüßen.


David2002D 
Beitragsersteller
 08.04.2022, 11:58
Dem Menschenrechte geachtet

Ob das so stimmt ist eine andere Frage...

1
David2002D 
Beitragsersteller
 08.04.2022, 12:00
@1975Lars

Wo merkst du dass das Menschrechte in Deutschland nicht so geachtet werden ?

1
1975Lars  08.04.2022, 12:09
@David2002D

Ich habe genau das Gegenteil geschrieben. In Deutschland, wie in allen Staaten, die in der EU sind, werden Menschenrechte geachtet.

3

Ich war mal in einem Lager fuer russische Kriegsgefangene. Was im Ergebnis auch nichts wirklich anderes als ein KZ war. 70.000 Gefangene wurden da ermordet.

Es wird allerdings heute als Polizeischule benutzt und ist dadurch sehr lebendig. Bizarrerweise mit einer ähnlichen Kulisse wie damals, so dachte ich mir. Sind ja auch heute Uniformierte, die da Gewalt üben. Du siehst dann Übungen mit aggressiven Polizeihunden usw. und ich hatte vor dem geistigen Auge Wachhunde, die flüchtende Gefangene totbeissen.

Das war so bizarr und verwirrend, dass ich gar nicht weinen konnte.

Bei den ungenutzten Anlagen, die nur als Museum benutzt werden, erst recht nicht. Da ist alles so steril und aufgearbeitet, dass da meine Gefühle überhaupt nicht aktiviert werden.

Da sind Begegnungen mit Menschen, die damals in diesem System waren, aufwühlender.

Nein.

Ich war vollkommen fassungs- und sprachlos. Die Überreste von Flossenbürg... es ist mir fast unmöglich gewesen, im Kopfkino zu realisieren, wozu die Reste zB des Ofens gedient haben.

In der Arbeit, die dem Besuch damals folgte, habe ich nur geschrieben: Allein die Vorstellung, was da passiert ist, lähmen mich und ich bin nicht in der Lage, dieses Entsetzen in Worte zu fassen.

Ich habe dafür eine Sechs kassiert, aber das war mir egal.

Ich wohne heute in einem Ort, wo der Todesmarsch durchkam... es gibt eine kleine Gedenkstätte. Ein Stein (wie ein großer Grabstein), auf dem ein Stück Stacheldraht eingraviert ist und die Widmung.

Wann immer ich mit erlebe, das jemand einen anderen drangsaliert wegen seiner Andersartigkeit, egal ob Hautfarbe, Abstammung oder auch nur individuelle Vorlieben für bestimmte Musik oder so, habe ich die Ruinen und das Denkmal vor dem inneren Auge. Und ich habe keine Scheu, meine Stimme zu heben und verbal dazwischen zu gehen... damit so etwas nie wieder passiert.


Mirarmor  14.04.2022, 19:21

Diese Lehrer, dafür hättest du keine Sechs bekommen dürfen.

1
Dea2019  14.04.2022, 20:04
@Mirarmor

Die Note war mir egal, ich habe meine ehrliche Meinung und meinen Eindruck vom Besuch in Flossenbürg niedergeschrieben.

Die Lehrkraft hatte halt etwas anderes hören wollen... nennt man im Deutschaufsatz auch "Thema verfehlt - Sechs".

Das ändert aber nichts an meiner auch heute noch bestehenden Grundeinstellung. Die Shoah ist das abschreckendste Beispiel, wo Intoleranz und Diskriminierung hinführen können.

Und der Beginn kann auf jedem Schulhof mit erlebt werden... diese überall präsenten abfälligen Kommentare, weil jemand irgendwie anders ist als die lästernde Person.

Wie oft wird hier die Frage gestellt, wie sich gegen Mobbing wehren... nun, wer aus einem KZ-Besuch die selbe Lehre zieht wie ich, der sagt laut: HALT! SO NICHT!

Denn tatenlos bleiben ist einfach keine Option.

1
Kometenstaub  07.04.2022, 19:46

Auf diese Sechs wäre ich auch stolz.

1
David2002D 
Beitragsersteller
 07.04.2022, 19:39

Sehr gut dass du dich gegen die Diskriminierung stark machst

1

Nein, aber ich bin was sterben und Tod angeht abgehärtet

Ich war in Bergen-Belsen ohne zu weinen. Ich war auch ohne Tränen in Yad Vashem, der Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem. Dort allerdings habe ich nicht gesprochen. Ich wollte nicht als Deutscher erkannt werden - ich habe mich geschämt.

Warum ich nicht geweint habe? Im Gegensatz zu vielen anderen Besuchern waren die Bilder und Informationen nicht neu für mich. Ich habe mich - angefangen in der Schulzeit - viel mit den Holocaust beschäftigt. Der Schrecken war nicht neu für mich.