Grenzen des Kategorischen Imperativs?
Ich mache mir Gedanken über das bekannte Beispiel in dem ich einer unschuldigen Person Obhut gewähre, dessen Verfolger an meiner Tür klopft und fragt ob ich weis wo sich diese aufhält. Nach dem Kategorischen Imperativ lässt sich keine eindeutig Lösung festmachen. Meine Frage ist jetzt aber ist es möglich "andere Faktoren" in das Beispiel einzubauen oder auch einfach nur gewisse Zusatzüberlegungen zu treffen um eine eindeutig moralisch richtige Entscheidung nach dem K.I. (wichtig) treffen zu können.
Freundliche Grüße
Anna
5 Antworten
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Wenn die Wahrheit für dich eine Maxime ist, von der du willst das sie ein allgemeines Gesetz ist, dann müsstest du streng nach Kant , dem Verfolger entweder mit Ja antworten oder sagen, dass du dazu keine Aussage machen möchtest.
Vielleicht ist in diesem Fall einfach aber auch die entscheidene Maxime nach der du handeln solltest das Leben eines Mitmenschen zu schützen. "Beschütze deine Mitmenschen vor Unheil", das würde ich als Gesetz unterstützen und ist bedeutungsvoller als die Wahrheit auf die Frage eines Menschen, der am Tod einer unschuldigen Person interessiert ist.
Ok ziehen wir einen Schlussstrich an der stelle :)
Dementsprechend gäbe es nach Dir keine Möglichkeit eine moralisch richtige Entscheidung zu treffen richtig?
Wenn wir jetzt bei Iphigenie auf Tauris wären würdest du dem Verfolger sagen dass du die Person bei dir versteckt hast, aber sie unschuldig ist. Du würdest ein Plädoyer an seine Menschlichkeit halten und er würde schließich einsehen, dass du recht hast und alles wäre gut. Aber so funktioniert diese Welt nicht, also ich würde auf mir meine "moralische Integrität" sonst wo hinstecken, wenn ich dafür ein Menschenleben retten könnte. XD
Es gibt Fälle wo der Kategorische Imperativ eindeutig nicht gültig ist.
In Afrika gibt es die Genitalverstümmelung von Frauen und Mädchen. Auch die Frauen, welche diese Misshandlung haben erleiden müssen, sind oft der Meinung, dass es ein allgemeines Gesetz sei, die Genitalverstümmelung anzuwenden. Dennoch ist diese Art der Folter höchst verwerflich.
Darum meine ich, dass Kant vergessen hat hinzuzufügen: Solange durch diese Maxime nicht ein anderes, allgemein anerkanntes Gesetz verletzt wird.
Schlussfolgerung: Der Kategorische Imperativ gibt keine Lösung für ethische Dilemmata.
Ich wüsste nicht,das Immanuel Kant an irgenteiner Gesetzesbildung beteiligt war oder das der Kategorische Imperativ ein Gesetz wäre.
Desweiteren solltest dies hier einmal lesen,da viele Aussagen Kants heute falsch interpretiert werden.
http://ethik-werkstatt.de/Kategorischer_Imperativ.htm
Es gilt nach wie vor
Die ,,hilfreichste Antwort erläutert das perfekt.
Noch eine Frage,woher weißt Du das die Person der Du Unterschlupf gewährst unschuldig ist?
Nach Kant darfst du auf keinen Fall lügen.
Wenn dich jemand fragt, ob die Person bei dir ist, dann musst du die Wahrheit sagen, selbst dann, wenn die Person als Folge dessen stirbt.
Da macht Kant keine halben Sachen.
ganz genau, es gibt zwei Maximen, die sich wiedersprechen. Aber da Maxime aus dem lateinischen kommt und sowas wie "das größte" bedeutet, kann es nur eine größte Maxime geben. Das heißt jeder Muss für sich entscheiden ob ihm ein Menschenleben oder seine moralische Integrität wichtiger ist.
Lassen wir mal Kant seine "Neigung" außen vor. Nach seinem ursprünglich aufgestellten Modell des kategorischen Imperativs lässt sich dieses Beispiel nicht eindeutig lösen, denn er beachtet nicht die Folge unseres Handelns. Je nachdem ob man eher verantworten kann, dass eine unschuldige Person stirbt oder, dass lügen erlaubt ist.
Nun, das Problem ist, wie du beschrieben hast, ein Dilemma.
Eben deswegen halte ich Kants Haltung zum Lügen für besonders wichtig. Wenn man einmal das Lügen gestattet, muss man es immer gestatten, es würde damit keine Wahrheit mehr geben und das Lügen als solches wird zu einem Widerspruch.
Ach Anna, es ist schon ein schwieriges Ding mit dem K.I. Ich fürchte ulrich1919 hat Recht: Das ist es ja gerade, was ethische Dilemmata auszeichnet, das es jeweils für beide Handlungsweisen Maximen gibt, die sie rechtfertigen und von denen ich wollen kann, dass sie allgemeines Sittengesetz seien. Das Wichtigste ist also, das, was ich wollen kann, immer wieder auf Widersprüche in ihrer praktischen Anwendung zu überprüfen und willentlich zu entscheiden, was ich wirklich will das Gegenteil dann ich dann eben nicht mehr wollen. Du bist autonom in Deiner Entscheidung, oder um mit Sartre zu sprechen, Du bist zur Freiheit verurteilt.
Wenn Du die Maxime hast, das Leben Unschuldiger immer zu retten, wenn es möglich ist, dann kannst Du nicht zugleich wollen, dass es allgemeines Sittengesetz sei, niemals zu lügen - auch wenn Kant das anders sieht.
Eine Zusatzüberlegung gibt Kant allerdings in der GdMdS selbst: "Handle stets so, dass Du die Menschheit und mir ihr jeden Menschen niemals nur als Mittel, sondern immer auch als Zweck behandelst". Ich darf in diesem Fall also nicht das Leben des Menschen opfern, nur um meiner Maxime treu bleiben zu können nicht zu lügen.
Kant selbst behauptet, dies sei nur eine andere Formulierung des K.I. Ich sage, es ist eine Zusatzüberlegung. Überprüfe selbst ob sie auch anwendbar ist auf den Fall der Genitalverstümmelung durch Frauen an Frauen. Es sind nicht "auch" Frauen, die der Meinung sind, dass... Es sind eben gerade sie.
Die moralisch richtige Entscheidung wäre dem Verfolger alles zu erklären, im zu sagen das die Person unschuldig ist und auf dessen moralische Integrität zu hoffen...Kant möchte glaub ich sagen, dass du ja nicht wissen kannst was passieren wird. Also da du nur im JETZT und HIER entscheiden kannst was DU machen willst muss du quasi darauf vertrauen, dass dein Gegenüber sich auch an deine Maximen hält und du ihn somit vom richtigen überzeugen kannst. Wenn du das nicht kannst, dann ist das Schicksal und liegt nach Kant nichtmehr in deiner Verantwortung. Du hast deine Schuldigkeit getan, auch wenn ein Mensch stirbt.