Gibt es Sprachen auf der Welt ohne sch-ch Laute?

4 Antworten

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Im Grunde müsste man 3 Phoneme unterscheiden, den sch-Laut, den velaren ch-Laut und den palatalen ch-Laut (alle diese gibt es im Deutschen).

Finnisch hat diese Phoneme strenggenommen nicht, nur in Lehnwörtern wie z.B. "shamaani" (Schamane) gibt es so etwas wie sch, in original finnischen Wörtern gibt es kein sch oder ch. Finnisch ist eine konsonantenarme Sprache (hat aber z.B. zahlreiche Diphthonge).

Allerdings wird das -h mitunter wie ein ich-Laut oder wie ein ach-Laut gesprochen.
Z.B. vihma (ich-Laut) oder mahti (ach-Laut) - diese sind Allophone des h-Phonems.
Lahti spricht man also "Lachti".

Original finnische Wörter haben auch kein f, kein b und kein g (abgesehen von Lehnwörtern, "ng" gibt es aber). Stimmlose Konsonanten (p, k) überwiegen deutlich, das d ist vorhanden, gibt es aber nicht am Wortanfang.

Im Malaiischen gibt es kein sch (aber den velaren Frikativ wie in "Dach"). Maori hat kein ch, sch, und auch kein s. Polynesische Sprachen (wie Maori) sind besonders konsonantenarm.

Im Vietnamesischen gibt es kein sch (aber den velaren Frikativ wie in "Dach").

Auch in Neuguinea und in Südamerika gibt es indigene Sprachen mit wenigen verschiedenen Konsonanten. Deutsch ist eine Sprache mit einer mittelmäßigen Anzahl, und z.B. Polnisch gehört zu den konsonantenreichen Sprachen.

Das uvulare ch (in "Dach") ist übrigens weltweit gesehen gar nicht häufig, die meisten Sprachen haben gar keine uvularen Phoneme. Das palatale ch in "ich" ist sogar wirklich selten. Palatal fricatives are relatively rare phonemes, and only 5% of the world's languages have /ç/ as a phoneme.

Sprachen in Australien (Aborigines) haben keine Frikative (keine "Zischlaute"). WALS ist eine gute Quelle dafür. "Absence of common consonants" habe ich mal herausgesucht:

https://wals.info/feature/18A#2/-16.0/158.0


OlliBjoern  10.10.2020, 23:11

Ein bisschen schwierig ist das Thema Phon vs. Phonem.

Die Phone [x] und ​[⁠ç⁠]​ sind bei uns Allophone desselben Phonems (welches wir "ch" schreiben). Auch im Finnischen treten diese Phone auf, sie sind Allophone des h-Phonems (und sie werden nie "ch" geschrieben).

Verschiedene Phoneme sind bedeutungsunterscheidend
(z.B. "Tisch" und "Fisch", somit sind t- und f- zwei Phoneme im Deutschen).

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Patrikreiser 
Beitragsersteller
 11.10.2020, 12:29
@OlliBjoern

Welche Sprachen haben die ausgeprägtesten Sch-ch Laute? Die deutsche und iranische Sprache wird bestimmt ganz vorne sein oder?

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OlliBjoern  11.10.2020, 15:00
@Patrikreiser

So spontan fällt mir Polnisch dazu ein, das System der Frikative und Affrikaten ist da sehr ausdifferenziert. s kann stimmlos oder stimmhaft sein, das sch auch, es gibt ts, ds, tch, dch (das wird fast alles anders geschrieben) und Kombinationen wie schtsch, ein velares ch usw.

Affrikate sind z.B. tch oder dch

In der Schreibweise hat Polnisch unter anderem c und ć, s und ś, z und ź und ż.
Und Kombinationen wie sz, cz, szcz usw.

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OlliBjoern  11.10.2020, 15:11
@Patrikreiser

Hier ein paar Städtenamen in Polen

Częstochowa      (cz, s, ch)
Łódź             (dź)
Szczebrzeszyn    (szcz, brz, sz)
Zawadzkie        (z, dz)
Zgierz           (zg, rz)
Żywiec           (Ż, c)

Auch die Kombinationen brz (in etwa "bsch-") oder grz (in etwa "gsch-") sind häufig. Man denke an Bernhard Grzimek (deutscher Tierforscher polnischer Abstammung "Gschimek").

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indiachinacook  11.10.2020, 16:32
@Patrikreiser

Die meisten Frikative dieser Art findet man vermutlich in den Nord­west­kauka­si­schen Sprachen, z.B. Kabar­dinisch oder Abkhasisch. Diese Sprachen haben ca. 50 ver­schie­de­ne Kon­­so­­nan­­ten, davon die Hälfte Frikative, gerne mit sekunder La­biali­sie­rung oder ejek­ti­vem Luft­strom.

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Patrikreiser 
Beitragsersteller
 11.10.2020, 19:53
@OlliBjoern

Die hilfreichste Antwort ist es definitiv.

Ich habe nur noch eine Frage noch, „kann es sein, dass „Ausländer“ die nach Deutschland kommen, deshalb oft Probleme mit den Zischlauten also stimmlosen Frikativ „sch“ „ch“ und auch Probleme mit dem Stimmlosen „s“ haben, was in einem Satz mit „sch“ und „ch“ ebenfalls sich ungewollt zu „sch“ automatisch umändert, weil die Schnelle Umschaltung von „sch“ und „ch“ in einem Satz auf das stimmhaften „s“ für viele nicht Muttersprachler schwierig wird und da entsteht leider oft Versprecher.
Ein Beispiel wäre da das schwierige Wort „aus-schließ-lich“ für viele nicht Muttersprachler, die eine indogermanische Sprache mit nur einem Frikativ das stimmlosen „sch“ sprechen und es in einem langen Satz sich plötzlich „aus-schliesch-lisch“ anhört.
Hat es vielleicht etwas mit der indigermanischen Sprache und ihrer nicht vorhandenen „ch“ Problem zutun und deshalb das stimmhafte „s“ in langen Worten mit vielen Zischlauten also Konsonanten nicht mehr auf kontrollieren können und Wörter sich automatisch auf „sch“ umschaltet, weil sch in ihrer Sprache und Wortschatz stark ausgeprägt ist?
Vielleicht hat sich auch der Mundmuskel im Kindesalter mit „sch“ so angepasst und die Konsonanten nicht fließend, wir es Muttersprachler ohne Probleme können, umschalten können? Statt „Ich“ wird auch oft „Isch“ gesagt, unabhängig jetzt von deutschen Dialekten, sondern auch die Deutschen, die im mittleren Nordwesten von Deutschland aufgewachsen sind aber einen Migrationshintergrund haben und die deutsche Sprache nicht korrekt sprechen, weil vielleicht die Landessprache weniger zum Einsatz kommt oder man genug mit anderen Sprachen zuhause beschäftigt ist. Es gibt manche deutsche mit Migrationshintergrund die zuhause 6-7 teilweise sprechen, das alles könnte doch die Ursache sein? Vielleicht hört man deshalb bei solchen Menschen, obwohl sie in Deutschland aufwuchsen, auch nie den deutschen Akzent in ihrer deutschen Aussprache heraus, weil sie mit vielen Sprachen aufgewachsen sind und die Stimme sich angepasst hat?

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OlliBjoern  11.10.2020, 21:49
@Patrikreiser

Also ich kann mir z.B. vorstellen, dass das "isch", was man manchmal von Menschen türkischer Abstammung hört (anstelle von "ich") auch damit zusammenhängt, dass es diesen Laut im Türkischen nicht gibt. Auch das gilt nicht pauschal, es gibt viele türkischstämmige Menschen, die akzentfreies Deutsch sprechen.

Auch in der arabischen Sprache gibt es den ich-Laut nicht.

Russen tendieren zum velaren ch, wenn sie "ich" sagen. D.h. das ich wird mit dem ach-Laut gesprochen (den es auch im Russischen gibt).

Schweden sprechen (wenn sie Deutsch lernen) manchmal ein stimmloses s, wo wir ein stimmhaftes s sprechen. Allerdings gibt es auch Schweden, die akzentfreies Deutsch gelernt haben.

Polen haben oft ein Problem mit ü (oder ö), dies wird entrundet. Statt "grüß dich" sagen die Leute mitunter "grieß dich". Aber diese Tendenz ü>i gibt es auch in ostdeutschen Dialekten (z.B. Sächsisch).

Ungarn haben die Tendenz, die unbetonten e Richtung ä zu sprechen.
Im Ungarischen gibt es den Laut nicht, den wir in "Bitte" oder "Butter" haben, daher klingt dies dann in etwa "Bittä" oder "Buttär".

Aber all das ist natürlich auch Übungssache, wenn Leute lange mit der Sprache Kontakt hatten, passt sich auch die Aussprache an.

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Griechisch hat kein „sch“.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Vermutlich nicht, da es ein sehr eindeutiger Laut ist.

Latein und Altgriechisch.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik