Gibt es Regeln im Christentum?

13 Antworten

Hallo Dubistes111,

nein, Christen dürfen nicht machen was sie wollen! Es gibt ein christliches Gesetz, das durch die Bücher des Neuen Testaments zum Ausdruck kommt. Wichtig ist aber vor allem, worin das Christentum eigentlich besteht.

Zum Beispiel zeichnet sich ein echter Christ dadurch aus, dass er seinen Glauben nicht für sich behält, sondern gern mit anderen darüber spricht. Wenn wir an Jesu Leben denken, dann fällt auf, dass er hauptsächlich mit der Verkündigung der guten Botschaft (oder dem Evangelium) beschäftigt war. Will jemand sein Nachfolger sein, dann sollte die Verkündigung ebenfalls einen wichtigen Platz in seinem Leben einnehmen.

Das betonte Jesus, als er seinen Jüngern den so wichtigen Auftrag gab: "Geht daher hin, und macht Jünger aus Menschen aller Nationen, tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu halten, was ich euch geboten habe" (Matthäus 28:19,20).

Es gibt natürlich vieles Weiteres, das zum Leben eines Christen gehört, wie z.B. Gott und seinen Nächsten zu lieben, anderen Gutes zu tun, friedliebend zu sein, nicht zu lügen oder zu stehlen etc. Wer Jesus nachfolgt, ist genauso wie er darum bemüht, Gottes Willen zu tun und ihn an die erste Stelle in seinem Leben zu setzen. Er sieht das nicht als eine Last an, sondern tut das voller Freude!

Das Leben eines Christen kann auch gewisse Härten mit sich bringen. Jesus machte mit folgenden Worten darauf aufmerksam: "Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme seinen Marterpfahl auf und folge mir beständig" (Matthäus 16:24). Sich selbst zu "verleugnen" kann z.B. heißen, eigene Wünsche und Interessen hintenan zu stellen. Und der sinnbildliche "Marterpfahl" kann Verfolgung, Leiden und sogar den Tod mit einschließen!

Bevor sich daher jemand entschließt, Christ zu werden, sollte er das machen, was Jesus einmal gleichnishaft beschrieb, als er sagte:"Wer von euch, der einen Turm bauen will, setzt sich nicht zuerst nieder und berechnet die Kosten, um zu sehen, ob er genug habe, ihn zu vollenden? Sonst könnte er den Grund dazu legen, aber nicht imstande sein, ihn zu Ende zu bringen, und alle Zuschauenden könnten anfangen, ihn zu verspotten und zu sagen: ‚Dieser Mensch fing an zu bauen, konnte [es] aber nicht zu Ende bringen" (Lukas 14:28-30).

Dazu, "die Kosten zu berechnen" gehört es eben auch, sich zu fragen: "Bin ich bereit, alles zu halten, was Jesus Christus geboten hat oder ist mir einiges davon zu schwer?" Wer verstanden hat, was wahres Christentum alles einschließt, ist auch dazu bereit die Worte zu bedenken, die Jesus in dem vorangehenden Vers sagte: "Wer nicht seinen Marterpfahl trägt und mir nachkommt, der kann nicht mein Jünger sein" (Lukas 14:27).

Wenngleich der Weg eines Christen also nicht unbedingt der einfachste ist, so ist er dennoch nach der Überzeugung vieler der beste Lebensweg und der einzige, der zu wahrem und dauerhaftem Glück führt!

LG Philipp


Claud18  29.05.2024, 09:11

@ Philipp59

Der "Marterpfahl" hieß lange Zeit "Kreuz", (bzw. hieß es "der nehme sein Kreuz auf sich") und bei "Marterpfahl" denke ich an Wildwestfilme. Ist das moderne Bibelinterpretation? Deine Antwort ist sehr fundiert, aber bei derartigen Modewörtern könnte das Ganze nach hinten losgehen.

Philipp59  29.05.2024, 11:08
@Claud18

Vielen Dank, aber nein, es handelt sich bei dem Wort "Marterpfahl keineswegs um ein Modewort! Es stimmt, viele Bibelübersetzungen verwenden an dieser und an anderen Stellen das Wort "Kreuz". Aber starb Jesus wirklich an einem Kreuz?

Das zugrunde liegende griechische Wort heißt stauros und bedeutet im klassischen Griechisch einen aufrecht stehenden Pfahl oder Stamm. So steht in einem Fachlexikon:

"Die Vokabel σταυρός [stauros] als solche bezeichnet von Hause aus jeden beliebigen aufrecht stehenden Pfahl (ohne einen daran befestigten Querbalken)“, so zu lesen im Theologischen Begriffslexikon zum Neuen Testament. In diesem Sinne verstanden es auch die Leser dieses Wortes im ersten Jahrhundert. Daher wäre die richtige Übersetzung des griechischen Wortes Pfahl oder eben auch Marterpfahl.

LG Philipp

Claud18  31.05.2024, 03:17
@Philipp59

Wie ich mich jetzt informiert habe, war die Kreuzigung eine der grausamsten Hinrichtungsarten im ganzen vorderen Orient. Die Delinquenten trugen nicht das ganze Kreuz, sondern nur den Querbalken zur Hinrichtungsstätte, der Pfahl stand schon in der Erde und wurde immer wieder benutzt. So kam vielleicht das Wort "Pfahl" zustande. Ein richtiges Kreuz war es demnach auch nicht, sondern ein "T". Aber von Kreuzigung Jesu ist doch sicher auch im Griechischen die Rede? Leider kann ich das Original nicht lesen, da ich kein Griechisch (und Altgriechisch schon gar nicht) kann.

Philipp59  31.05.2024, 07:09
@Claud18

Ich habe es überprüft: In keiner der gebräuchlichen deutschen Bibelübersetzungen kommt das Wort "Kreuzigung" vor. Die Version mit dem Pfahl und dem Querbalken darüber habe ich zwar auch schon gehört, doch sie beschreibt nicht die Hinrichtungsart Jesu. Hier sind ein paar Quellen, die das bestätigen:

„STAUROS ... bezeichnet in erster Linie einen aufrechtstehenden Pfahl oder Stamm. Übeltäter wurden zur Hinrichtung daran genagelt. Sowohl das Substantiv [staurós] als auch das Verb stauroō, an einem Stamm oder Pfahl befestigen, sind ursprünglich von der kirchlichen Form eines aus zwei Balken bestehenden Kreuzes zu unterscheiden. Die Form des letzteren hat ihren Ursprung im alten Chaldäa. Sie wurde als das Symbol des Gottes Tammuz (in der Form des mystischen Taus, der Initiale seines Namens) in diesem Land und in angrenzenden Ländern, einschließlich Ägyptens, verwendet.“

Unter der Überschrift „Das Kreuz und die Kreuzigung“ heißt es in der Companion Bible:

Das Wort Kreuz „ist eine Übersetzung des lateinischen crux; doch das griechische staurós bedeutet ebensowenig crux, wie ‚Stab‘ ‚Krücke‘ bedeutet. Homer verwendet das Wort staurós für einen gewöhnlichen Pfosten oder Pfahl oder ein einfaches Stück Holz. In diesem Sinne wird es auch von allen übrigen griechischen Klassikern gebraucht. Es bedeutet nie zwei übereinander angebrachte Holzstücke ... Im N[euen] T[estament] deutet nicht das geringste auf zwei Stücke Holz hin.“

Zu dem Wort xylon heißt es in der gerade zitierten Companion Bible:

„Das Wort ... [xýlon] bezeichnet im allgemeinen ein Stück abgestorbenes Holz oder Nutzholz, das als Brennstoff oder zu anderen Zwecken verwendet wurde. ... Da das letztere Wort ... [xýlon] für das zuvor genannte staurós gebraucht wird, bedeuten beide genau dasselbe. ... Daraus folgt die Verwendung des Wortes ... [xýlon] in Verbindung mit der Art des Todes unseres Herrn und die Wiedergabe mit ‚Holz‘ gemäß Apostelgeschichte 5:30; 10:39; 13:29; Galater 3:13; 1. Petrus 2:24 [King James Version].“

Dass Jesus an einem Hinrichtungspfahl gekreuzigt wurde, wird auch noch von anderer Seite aus bestätigt. Der katholische Gelehrte Justus Lipsius war bekannt für seine kritische Herangehensweise an historische Fragen, und er bezweifelte die traditionelle Darstellung der Kreuzigung von Jesus Christus.

In seinem Werk "De Cruce" (Über das Kreuz), das erstmals 1595 veröffentlicht wurde, äußerte er Zweifel an der Vorstellung, dass die Kreuzigung auf einem lateinischen Kreuz (einem Kreuz in Form eines "T") stattgefunden habe. Er argumentierte, dass die römische Praxis der Kreuzigung wahrscheinlich auf Pfählen oder Balken mit einer anderen Form hingewiesen habe. Und damit bestätigt er genau das zuvor Gesagte!

Claud18  31.05.2024, 10:13
@Philipp59

Ich kann mir nur nicht vorstellen, wie man einen erwachsenen Mann an einen Pfahl binden oder nageln kann, ohne dass er herunterrutscht.

Philipp59  31.05.2024, 16:48
@Claud18

Im Fall der Hinrichtung Jesu wurden mindestens zwei dicke Nägel verwendet.

gottesanbeterin  02.03.2024, 17:44

Es gibt kein "christliches Gesetz"! Irgendwelche Menschen haben sich Regeln ausgedacht, das ist alles.

Es gibt allerdings göttliche Gesetze. Diesen unterliegt die gesamte Schöpfung, darunter selbstverständlich auch die Menschheit.

Philipp59  03.03.2024, 06:30
@gottesanbeterin

Mit dem "christlichen Gesetz" meinte ich das, was Jesus lehrte und auch das, was in den Briefen des Neuen Testaments zum Ausdruck kommt.

Es gibt moralische Lehrsätze, die uns in der Bergpredigt begegnen, welche man als " Regeln " bezeichnen könnte, welche jeden einzelnen betreffen. Regeln im eigentlichen Sinne gibt es überall da, wo sich eine aktive Glaubensgemeinschaft gebildet hat, z.B. bei einer Gemeinde, deren Mitglieder zusammen kommen um Gemeinschaft mit Gott und untereinander zu haben. Hier gelten Regeln wie woanders auch, wo Menschen zusammenkommen. In der christlichen Gemeinschaft sind diese jedoch geprägt, von den Regeln ihres Glaubens. Hierfür gibt es viele Beispiele im Neuen Testament. Sie zeigen auf, wie ein solches Gemeinschaftsleben praktisch auf Grund von Regeln stattfinden soll.

Ein Christ darf natürlich machen was er will, jedoch ist das nicht die Bestimmung eines Christen, der das machen soll, was Gott von ihm will.

1. Korinther 10.23 " Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf. "

Die Freiheit eines Christen besteht darin, sie dafür zu nutzen, um den Willen Gottes in allen Bereichen seines Lebens zu tun, den ihm wurden von Gott Geistesgaben geschenkt, die er für die Gemeinde, aber auch im täglichen Leben einsetzen soll, und das schließt bewusste Sünden aus.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

1. Es gibt Regeln im Christentum (Gebote, Kirchenordnungen). Im Detail ist es von der Zugehörigkeit zur jeweiligen Kirche (Konfession) abhängig.

2. Christen dürfen nicht alles machen, so wie andere Menschen auch nicht (Katechismus, staatliche Ordnung und Gesetze).


gottesanbeterin  02.03.2024, 17:45

Man darf alles, muss dann eben die Konsequenzen tragen.

Das Christentum unterscheidet sich von manch anderen Religionen auch darin, dass wir weder einen starren Regelkatalog haben, noch unsere Heilige Schrift die Einhaltung eines solchen fordert.

Maßstab für unser Tun ist das Doppelgebot der Liebe. Darin wird auch anerkannt, dass vieles eben auch ganz auf die Situation ankommt. Aber auch ein "machen was sie wollen, weil Jesus am Kreuz starb" ist damit ausgeschlossen.

Gläubige in Christus Jesus unterstehen keinen Regeln, etwa in dem Sinne, dass man Rituale vollziehen oder an bestimmten Tagen oder in bestimmten Situationen etwas vorschriftsmäßig oder gesetzmäßig tun müsse.

Die Galater gerieten in diesen Irrtum. Der Apostel Paulus schreibt ihnen: "Damals jedoch, als ihr mit Gott noch nicht vertraut wart, dientet ihr denen wie Sklaven, die von Natur gar keine Götter sind. Nun aber, da ihr Gott kennt, ja vielmehr von Gott erkannt seid, wieso wendet ihr euch wieder zu den schwachen und armseligen Grundregeln um, denen ihr nochmals von Neuem versklavt sein wollt? Ihr haltet auf Tage und Monate, Fristen und Jahre. Ich fürchte um euch, ob ich mich für euch nicht etwa vergeblich gemüht habe" (Galaterbrief 4,8-11).

Gern jedoch beachten wir die Anweisungen, die unser Herr und Haupt Jesus Christus uns besonders durch den Apostel Paulus, den Lehrer für heute (1 Tim 2,6; 2 Tim 1,11), gibt. Diese Regeln haben aber einen anderen Charakter: "Wenn wir nun im Geist leben (vom Geist Gottes gemäß den Bibelworten geleitet werden), sollten wir auch im Geist die Grundregeln befolgen: Wir würden nicht anmaßend sein, einander nicht zum Streit herausfordern, einander nicht beneiden" (Galater 5,25.26).

Auch im Philipperbrief wird deutlich, das unsere Regeln anderer Art sind: "Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus ist" (Phil 2,5). Paulus schreibt: "Ich jage aber danach, ob ich wohl ergreifen möge, wozu ich von Christus Jesus ergriffen worden bin. ... Indessen, worin wir andere überholen, sollte man gleichgesinnt sein, um nach derselben Richtschnur die Grundregeln zu befolgen" (Phil 3,12.16).

Dnkbar für Gottes Liebe und Gnade leben und dienen wir Ihm von ganzem Herzen zu Seiner Verherrlichung, und zwar als Freie in Christus (Gal 5,1).