Gibt es langjährige Beziehungen die sich harmonisch anfühlen?
Hallo ihr Lieben,
mein Mann und ich sind seit ein paar Monaten verheiratet, aber schon seit vier Jahren ein Paar. Unseren ersten „Streit“ hatten wir tatsächlich bereits in den ersten Tagen unseres Kennenlernens.
Ich war damals bei Freundinnen, und er wusste auch Bescheid. Ich habe mich dort etwa zwei bis drei Stunden nicht bei ihm gemeldet, weil wir viel gequatscht haben. Für mich war das ganz normal – ich hätte es andersherum genauso verstanden. Doch er schrieb mir daraufhin einen langen Text, in dem er sagte, dass er enttäuscht sei. Er meinte, es vermittle ihm das Gefühl, dass ich kein wirkliches Interesse an ihm hätte, weil ich mich in dieser Zeit nicht oft genug bei ihm gemeldet habe.
Ab diesem Moment hatten wir zwar viele sehr schöne Momente voller Liebe, Harmonie und Nähe – aber gleichzeitig auch immer wieder intensive Diskussionen und Streits. Er war oft schnell beleidigt, selbst bei kleinen Dingen. Und ich war in meiner Frustration über seine enge Sichtweise oft impulsiv und laut ( daran habe ich gearbeitet versuche lange Ruhe zu bewahren aber wenn ich ihn z.B bitte mir kurz Raum zu lassen redet er stattdessen trotzdem weiter auf mich ein sodass ich manchmal noch echt ausraste und ihn dann auch anschreie). Er ist jetzt auch immerhin nichtmehr so kontrollierend in dem Sinne dass ich ihm jeden Schritt den ich tätige mitteilen muss (für Notfälle hat er eh mein „wo ist“)
Lange Zeit haben wir dennoch viel reflektiert, über unsere Bedürfnisse gesprochen und versucht, Kompromisse zu finden. Wir sind gewachsen – aber wir haben es nie geschafft, die Streitigkeiten wirklich zu minimieren. Die längste streitfreie Phase, die wir je hatten, dauerte höchstens zwei bis drei Wochen.
Inzwischen haben sich in mir viele Ängste, Zweifel und Unsicherheiten angesammelt, die ich am Anfang unserer Beziehung gar nicht hatte. Ich dachte immer, wir würden das in den Griff bekommen – aber mittlerweile hat sich so viel aufgestaut, dass sogar die Anziehung zu meinem Mann manchmal darunter leidet. Auch meine psychische Verfassung wird dadurch belastet.
Er hingegen sieht das anders. Für ihn gehören Streit und Auseinandersetzungen zu einer Beziehung dazu – er sagt, es sei völlig normal, auch mehrmals in der Woche zu streiten.
Für mich fühlt sich das aber nicht mehr gesund an. Es fehlt mir an emotionaler Sicherheit. Alles wirkt so fragil, dass ich manchmal innerlich denke, die Ehe könnte bald enden. Doch es kommt nie zu diesem Schritt.
Dabei ist er in vielen Aspekten wirklich ein liebevoller und fürsorglicher Mensch:
Er kümmert sich um mich, denkt bei Entscheidungen oft an mein Wohl, ist für mich da, wenn ich krank bin, begleitet mich auch in Läden, auf die er eigentlich keine Lust hat, beschenkt mich regelmäßig, öffnet mir jede Tür – und vieles mehr.
Trotzdem fühle ich mich zunehmend erschöpft. Es gibt nie länger anhaltende Harmonie. Und ich frage mich:
Habe ich vielleicht einfach Bindungsängste?
Oder bin ich zu sehr beeinflusst von einer Gesellschaft, in der viele Menschen immer nach etwas „Besserem“ suchen?
Oder ist unsere Beziehung einfach wirklich nicht gut für uns – zumindest nicht auf Dauer?
Der Gedanke, ihn zu verlieren, tut mir extrem weh. Ich bin mir sicher, dass ich so eine Entscheidung stark bereuen und ihn schmerzlich vermissen würde.
Aber gleichzeitig – vor allem während eines Streits – habe ich immer wieder den Gedanken, dass es eine riesige Erleichterung wäre, wenn ich einfach allein wäre.
Und das verwirrt mich.
Was meint ihr:
Ist das normal in einer längeren Beziehung – dass man viel zweifelt und nicht dauerhaft Harmonie herrscht?
5 Antworten
Habe ich vielleicht einfach Bindungsängste?
Du reagierst völlig normal auf ein emotional instabiles Umfeld. Ein Umfeld, in dem dir vermittelt wird, dass deine eigentlich normale Reaktion nicht normal sei.
Oder bin ich zu sehr beeinflusst von einer Gesellschaft, in der viele Menschen immer nach etwas „Besserem“ suchen?
Einfach zu klären. Ist deine Beziehung eigentlich toll und du fragst dich, ob es vielleicht nicht doch etwas besser sein kann? Oder liegst du regelmäßig nachts im Bett und willst eigentlich nur heulen?
Es gibt einen Unterschied zwischen "etwas eigentlich gutes nicht zu schätzen wissen" und "eine schlechte Umgebung nicht mehr ertragen wollen". Grundsätzlich ist es nicht falsch, nach etwas besserem zu suchen. Du hast exakt ein Leben und es möglichst gut zu leben ist schon sinnvoll. Der Trick ist, zu erkennen, wann "gut" erreicht ist.
Oder ist unsere Beziehung einfach wirklich nicht gut für uns – zumindest nicht auf Dauer?
Fühlt sie sich denn gut an? Nicht rationaliseren, nicht analysieren, nur: fühlst du dich wohl in der Beziehung und freust du dich bei dem Gedanken auf weitere 50 Jahre plusminus ein paar Jahrzehnte mit ihm?
Ist das normal in einer längeren Beziehung – dass man viel zweifelt und nicht dauerhaft Harmonie herrscht?
Nichts ist immer nur Harmonie. Was ich schwierig finde ist das mit dem "viel". Wirklich an meiner Beziehung gezweifelt habe ich zweimal bisher in über 7 Jahren. War aber beides lösbar.
Und um die Titelfrage zu beantworten:
Gibt es langjährige Beziehungen die sich harmonisch anfühlen?
Ja. Definitiv ja. Freue mich sehr auf die nächsten 50 Jahre plusminus ein paar Jahrzehnte 😊 das wird gut.
Vielen, vielen Dank dass du dir Zeit für so eine ausführliche Antwort genommen hast. Das hat mir wirklich grad nochmal einen anderen Blickwinkel gegeben.
Ich bin seit 45 Jahren glücklich verheiratet :-)
Es gibt kein Rezept für eine glückliche Beziehung, aber wichtig ist aus meiner Sicht vor allem:
- Kompromissbereitschaft
- Gegenseitiges Vertrauen
- Begegnung auf Augenhöhe
- Freiräume für individuelle Bedürfnisse
- gemeinsame Erlebnisse
- Entscheidungen zusammen zu treffen
- Probleme anzusprechen und gemeinsam Lösungen zu suchen
- gemeinsame Ziele verfolgen
Es gab natürlich auch mal Streit, aber nie so, dass es eskaliert wäre. Ein ständiger Kampf war es nicht, aber dennoch muss man ständig an einer harmonischen Beziehung arbeiten.
Es ist wie eine zarte Pflanze, die man pflegen muss, ohne sie vertrocknen zu lassen - aber auch ohne sie so sehr zu gießen, so dass sie ertrinkt.
Wir sind schon eine ganze Weile verheiratet und ehrlich gesagt haben wir uns nie gestritten und es gab auch keine Zweifel.
Definitiv gibt es das, man muss nur ständig miteinander dran arbeiten, von alleine passiert das nicht
Hm, ist es wirklich normal ständig kämpfen zu müssen wie halten Menschen das ihr Leben lang aus
Ja, gibt es.
Alle 2 bis 3 Wochen ein Streit wäre mir viel zu viel, das würde mir auch Kraft rauben.
Schön wäre es wenn es jede 2-3 Wochen wäre es ist mehrmals wöchentlich🫠 Danke für deine Antwort
Oh je... das wäre ja gar nichts für mich.
Schlag ihm eine Paartherapie vor
Alles Gute für Dich
Das freut mich zu hören, war es denn bei dir grundlegend schwierig bis ihr an dem Punkt wart oder lief es ohne ständigen Kampf darum so gut ?