Gibt es einen unbewussten Drang sich zu uniformieren, um sich selbst einer Gruppe zuzurechnen?

2 Antworten

Natürlich gibt es den Drang, dazu zu gehören. Weil alle eine Art Uniform tragen: Berufskleidung für Handwerker, Feuerwehr, Rettungsdienst, Mediziner, Anzug- + Krawattenträger, Uniformen für Vereine wie Pfadfinder, Schützen, Ringreiter + auch Rocker-Kutten oder Bomberjacken + Springerstiefel sind nichts anderes. Das ist auffällig, vermittelt ein Zugehörigkeitsgefühl + deshalb werden aus Leuten Mitglieder, oft noch bevor sie genau wissen, was da eigentlich so passiert.


WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 28.08.2024, 15:20

In die Dienstuniform wird man ja gezwungen; aber wenn die anderen so ihre freie Entscheidung und Unabhängigkeit betonen, warum fahren sie dann dieselbe Schiene wie die anderen? Vorhin erst kam mir eine Familie mittleren Alters entgegen; alle in schwarz. Ich wette, das Auto war auch schwarz. Ich habe als Kind gelernt, dass man so zur Beerdigung geht. Sowas macht mir Angst und die brauchen mir dann auch nichts von Regenbögen zu erzählen. Behaupten und Handeln sind eben ganz verschiedene Dinge.

suedhoern  28.08.2024, 17:03
@WilliamDeWorde

Weniger Leute als wir denken, zwingen sich in eine (Dienst)Uniform. Es ist oft sehr viel mehr Faszination als Pflicht dabei. Das wollte ich nur ausdrücken.

WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 28.08.2024, 17:06
@suedhoern

Du meinst, die Eisenbahner und Politessen und Soldaten und Supermarktmitarbeiter hätten freie Wahl?

suedhoern  28.08.2024, 19:45
@WilliamDeWorde

Nein. Darum ging es nicht. Ich denke, dass mehr Leute von einer Uniformierung angelockt werden, als das es für sie nur lästige Pflicht ist. So ähnlich wie Rocker: Die wollen es sich nicht aussuchen, sondern genau so aussehen. Bei Kassierern oder Warnwesten natürlich eher nicht.

Weiß ich nicht, hängt vom auch vom Selbstbewusstsein ab und von der Zufriedenheit mit sich selbst. Wer "nix" hat, neigt eventuell eher dazu mit seiner Zugehörigkeit zu einer gewissen "Szene" zu kokettieren wie einer, der mit sich im Reinen steht und nix beweisen muss.

Bei mir ergab es sich als Jugendlicher/junger Erwachsener einfach, dass ich im Emo-/Manga-/Gothicbereich unterwegs war, weil ich da vom Typ her am besten reingepasst habe und mit den Leuten klarkam, zufällig in eine Clique stieß und es sehr schön dort war. Ich habe nicht damit geprahlt, mich auch nicht direkt emomäßig angezogen, es war halt einfach so. Mein Profilfoto bin ich selber in einem typischen Outfit von mir, das war/ist wohl eher grungemäßig ;-)

Wenn man jemanden fragt, ob er sich bewusst an der Ausdrucksweise, dem Haarschnitt, der Kleidung seiner Clique oder politischen Leitgruppe orientiert,  wird grundsätzlich abgestritten.

Bei so Trittbrettfahrern oder Mainstreamern mag das so sein, ja. Die haben mich aber damals schon irgendwie aufgeregt. Das waren diejenigen, die gesagt (und wohl auch gedacht) haben, ein Emo zu sein und sich ein Ringelshirt über ein schwarzes Langarmshirt und eine schwarze Jeans angezogen haben und so taten als ob, es aber gar nicht waren ... da gehört wie gesagt viel mehr dazu - es ist eine Welt für sich, deren "Geist" ich innerlich immer noch in mir trage, vor allem diese unglaubliche Warmherzigkeit, Toleranz und dieses gegen alles andere wehrhafte Wir-Gefühl. Das macht eine Subkultur aus - und man grenzt sich vom Mainstream ab, ohne ihn zu verdammen. So was wie E-Girls und E-Boys ist aber in meinen Augen einfach nur Mainstream: Dabei sein, cool sein, weil man mitmacht. Eine echte Subkultur muss und will nicht cool sein, weil sie von Herzen kommt. Da muss man zu nix "stehen" und uniformiert sich nicht, weil man stark genug ist den eigenen Weg zu gehen. Wir waren vom Styling her zwar alle recht ähnlich, aber nicht uniform - jeder hatte sein eigenes Outfit, bei mir war es diese "Kurzarm über Langarm"-Sache und waren es dünne Langarmshirts mit einer schlabbrigen Cargohose in Khaki oder Beige, ein Mädchen aus unserer Runde trug immer knallbunte Shirts mit Mangaaufdruck und ein anderer trug immer ganz schwarze Outfits. Wir waren von Herzen so.

Und wenn du jemanden beschrieben bekommst, denkst du dir sofort den Rest dazu, am besten eine ganze Biografie - und häufig liegt man dabei nicht allzu sehr daneben.

Vom Prinzip her mag so was hinkommen auch durch Lebenserfahrung & Menschenkenntnis, aber ich persönlich gehe nicht nach so was und möchte die Leute erst mal näher kennen lernen & auf mich wirken lassen, ehe ich was sage.. es gibt schon so Kandidaten, wo man sich seinen Teil vom ersten Moment an denkt & wo dass man sich denkt "lieber Gott nee..." oder so was, aber auch solche muss es geben. So sind die Menschen verschieden & man kann nicht alle mögen so wie man nich von allen gemocht werden kann ;-)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 28.08.2024, 15:21
dieses gegen alles andere wehrhafte Wir-Gefühl.

Hat das nicht jede Gruppe?

rotesand  28.08.2024, 15:25
@WilliamDeWorde

Oft ist es bei "Mainstreamern" sehr oberflächlich und zerschellt an Situationen, wo es nicht mehr alles super ist, wo man doch nicht mehr immer einer Meinung ist und irgendeiner einen anderen Weg geht bzw. sich die Wege trennen. Sagen können die das schon, aber meist ist es eine Worthülse. Nur wenn man wirklich eine tiefe geistige Basis hat, kann man andere Meinungen aushalten und diskutiert sie sauber aus oder nimmt sie hin/lässt sich auch mal leiten von einem, der es vielleicht sogar besser weiß oder mal was wagen will.

Subkulturen sind da ganz anders. da spürt man einfach was. Ich erinnere jetzt mal an eine sehr liebe Kollegin aus einer anderen Abteilung, die leider inzwischen woanders arbeitet: Wir haben uns menschlich von Anfang an sehr gut verstanden, waren/sind auch Mitglied der gleichen "Subkultur" und hatten vom ersten Moment des Kennenlernens eine ganz besondere Atmosphäre, weil wir wussten, dass uns was verbindet - nicht so, dass man sich ineinander verliebt hätte, aber wenn man aus der "originalen" bzw. damaligen Emo-/Gothic-/Manga-/Grunge-Szene der späten 2000er kommt (jedenfalls nicht diese Trittbrettfahrerei ... dazu gehört viel mehr vor allem im Herzen und im Geist) und etwa gleich alt ist, sieht und merkt man das auch 15-20 Jahre später schnell, wenn man ins Gespräch kommt und spürt eine ganz besondere Verbundenheit. Wir haben aber natürlich immer noch privat einen guten Kontakt.