Gibt es ein RCP 1.9 Szenario?
2 Antworten
Du hast ja schon eine gute Antwort erhalten. Ein bisschen will auch ich noch zur Aufklärung beitragen. Am effektivsten liest du das hier
https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimawandel/klimaszenarien/rcp-szenarien.html
und das
https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Klimaszenarien
und das
https://eike-klima-energie.eu/2021/09/18/eine-einfache-erklaerung-warum-klimamodelle-heiss-laufen/
... Woher kommen also diese extremen Klimaszenarien? Man könnte annehmen, dass sie „erfunden“ sein könnten; schließlich wird die Klimawissenschaft seit langem vom Maierschen Gesetz geplagt – wenn die Daten nicht mit der Theorie übereinstimmen, müssen sie verworfen werden. Aber die Wissenschaftler müssen für all das Geld, das sie für den Klimawandel ausgeben, auch etwas vorweisen können; mit der Erstellung von Klimamodellen können die Klimamodellierer also ihren Lebensunterhalt verdienen. ...
Die einzig richtige Art, ein Klimamodell zu bewerten, ist der Vergleich mit beobachteten Daten. Man könnte annehmen, dass wir Thermometerdaten nehmen und sie mit den modellierten Zeitreihen vergleichen. Aber, wie ein berühmter Klimaalarmist [1] einmal sagte: „Die Daten sind schmutzig!“ Und in der Tat, das sind sie! Unsere Thermometer befinden sich überwiegend über dem Land, in mittleren Breiten, in niedrigeren Höhen, in wohlhabenderen Gesellschaften und entlang von Küstenregionen – kurz gesagt, dort, wo entwickelte Menschen leben. Über den Ozeanen, den hohen Breiten, den Wüsten und den tropischen Regenwäldern gibt es nur wenige Messungen. ...
Frühe Schätzungen in den 2000er Jahren deuteten auf Durchschnittswerte [des Anstiegs] zwischen 5,0°C und 6,1°C hin, obwohl die meisten anderen Schätzungen zwischen 2,5°C und 3,9°C für eine Verdoppelung des Kohlendioxids lagen. Seitdem sind die Beobachtungs-Schätzungen des ECS jedoch drastisch auf Werte von weniger als 1°C gesunken, obwohl Modelle und der Sechste Bewertungsbericht des IPCC immer noch von einem ECS von etwa 3°C ausgehen (Abbildung 1). ...
In den vergangenen Jahren wurden vier Szenarien unterstellt: RCP2.6, RCP4.5, RCP6.0 und RCP8.5. RCP steht für „Representative Concentration Pathway“ (Repräsentativer Konzentrationspfad), und die nachfolgende Zahl gibt den anthropogenen Treibhauseffekt (in W/m²) an, der bis 2100 eintritt. ...
Man sieht, dass fast alle Prognosen einen VIEL zu schnellen Temperaturanstieg vorhergesagt haben. Dieser Sommer ist so warm wegen des starken Flugverkehrs durch den Ukraine-Krieg.
RCP 1.9 bedeutet also, dass geschätzt wird, dass die durch Menschen bedingte Rückstrahlung bis 2100 um 1,9 W/m² zunimmt.
Beträgt die Globaltemperatur (Luft 2m über Boden) jetzt ca. 288K muss die Erdoberfläche bei einem Emissionsgrad von ca. 0,985 (Wasser) eine Leistung I abstrahlen von:
I = 1/0,985 * 5,67E-8 * 288^4 = 396,02 W/m²
Müssen im Jahr 2100 dann 1,9 W/m² mehr abgestrahlt werden, sind dies 397,92 W/m². Dies entspricht einer Temperaturzunahme auf 288,34K. Die Globaltemperatur würde dann also bis 2100 um weitere 0,34K steigen, ab jetzt gerechnet.
Man schätzt dass die Globaltemperatur gegenüber dem Beginn des Industriezeitalters aktuell um etwa 1,15K gestiegen ist, so dass wir 2100 bei etwa 1,5K Gesamtanstieg wären.
RCP 1.9 entspricht einem Temperaturanstieg von etwas 1.5 Grad bis 2100, also das "gewünschte" Ziel des Paris Climate Agreement.
Nach derzeitiger Schätzung werden wir diese 1.5 Grad bereits in den nächsten 10 Jahren reißen. Insofern ist ein RCP 1.9-Pathway nicht mehr mit reiner Emissionseinsparung möglich. Völlig ausgeschlossen ist es nicht, aber man müsste Technologien zur aktiven Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre erfinden, die noch nicht existieren.
Völlig ausgeschlossen ist es nicht, aber man müsste Technologien zur aktiven Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre erfinden, die noch nicht existieren.
Eigentlich gibt es das schon. Da ist zum Ersten das Pflanzen schnell wachsender Bäume. Das Holz der Bäume wird zu Holzkohle verköhlert und als Dünger auf die Äcker gebracht. Und zum Zweiten gibt es Netze, die gezielt Algen von der Oberfläche der Meere sammeln können (zumindest alle Fische und sonstigen Tiere über Daumengröße werden NICHT mitgefangen). Auch die Algen kann man zu Holzkohle verarbeiten und als Dünger verwenden.
Das Problem ist, wer das bezahlen soll. Wobei ich denke, dass sich zumindest das zweite Verfahren in einigen Regionen der Ostsee jetzt schon rentieren sollte. Und bzgl. der ersten Verfahrens müsste man den Bauern Anreize geben dafür Felder bereitzustellen u.s.w. Das ist jetzt nicht soo utopisch.
Nicht wirklich, das liegt fachlich dann auch etwas über meiner Kompetenz (komme mehr aus der Paläoklimatologie-Ecke). Du könntest die Seiten vom IPCC AR5 durchgucken, aber da hast du gleich hunderte von Seiten auf einmal.
Ein guter Einstieg scheint mir hingegen das hier zu sein:
https://www.carbonbrief.org/new-scenarios-world-limit-warming-one-point-five-celsius-2100/
Ergänzung:
Hier das relevante AR5 Kapitel:
https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/sites/2/2019/02/SR15_Chapter2_Low_Res.pdf
Das geht allerdings auch nur am Rande auf den computational background des Models ein. Oder du musst in dem Textwust nach den entsprechenden Papern suchen.
Vielen Dank für die Antwort. Kennst du gute Literatur zu RCP-Szenarien?