Gibt es ein schönes Natur,-oder Jahreszeitengedicht von dem Du Dich besonders angesprochen fühlst? Welches?
Herbstzeit ist für mich immer Lese und Gedichtezeit,
eins meiner Favoriten ist der verklärte Herbst von Georg Trakl
Bild CC0
Verklärter Herbst
Gewaltig endet so das Jahr
mit goldnem Wein und Frucht der Gärten,
rund schweigen Wälder wunderbar
und sind des Einsamen Gefährten.
Da sagt der Landmann: Es ist gut.
Ihr Abendglocken lang und leise
gebt noch zum Ende frohen Mut.
Ein Vogelzug grüßt auf der Reise.
Es ist der Liebe milde Zeit.
Im Kahn den blauen Fluss hinunter,
wie schön sich Bild an Bildchen reiht –
das geht in Ruh und Schweigen unter.
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Von welchen Gedichten oder welchem Gedicht hast Du Dich berührt gefühlt?
(gerne auch selbstgeschriebene Gedichte)
17 Antworten
Guten Morgen, dein Trakl-Gedicht mag ich sehr.
Meine Herbstfavoriten sind:
Rilke, Herbst
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.
Dann auch Hebbel, Herbstbild
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält;
denn heute löst sich von den Zweigen nur,
was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.
Und Mörike, Septembermorgen
Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen,
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.
Winterweißer Tiger
Der die alten Herbstmänner fällt
Beute der Kinder des Frühlings
Das ist aus irgendeinem Buch, dass ich vor Jahren mal gelesen habe. Wer die Quelle kennt, darf sie gerne dazu schreiben.
Winterweißer Tiger
Der die alten Herbstmänner fällt
Beute der Kinder des Frühlings
Ich verstehe diese Worte nicht. Sind das Titel für ein Gedicht, eine Redensart oder was soll das sein?!
Ich meine mich erinnern zu können, dass dies ein Haiku sein soll. Ich kenn mich mit japanischer Dichtkunst aber wirklich nicht aus. Möglich, dass ich es falsch aufgeschrieben habe - die Silben passen nicht zum Haiku. Oder es liegt an der deutschen Übersetzung...
Prinzipiell sagt es folgendes: Der Tiger (Winter), der die alten Männer (Herbst) tötet, wird widerum von den Kindern (Frühling) gejagt.
Wir haben hier also eine stark verkünstelte Abfolge von Herbst-Winter-Frühling
Danke für deine Antwort. Was es alles gibt. Ich hatte da noch nie von gehört. Glaube aber nicht, dass das 'meins' wird.
Sommerbild
Ich sah des Sommers letzte Rose stehen,
Sie war, als ob sie bluten könnte, rot
Da sprach ich schaudernd im Vorübergehen:
So weit im Leben, ist zu nah dem Tod!
Es regte sich kein Hauch am heißen Tag,
Nur leise strich ein weißer Schmetterling;
Doch, ob auch kaum die Luft sein Flügelschlag
bewegte, sie empfand es und verging.
Hier sind mal zwei eigene:
Herbst
Die letzten Blätter taumeln von den Bäume
und suchen auf dem Moos den nassen Tod,
Die Blumen, gestern noch blau, gelb und rot,
beginnt die Fäulnis braun und schwarz zu säumen.
Der Himmel ist schraffiert vom steten Regen,
hält seine Tränen nicht und weint enthemmt.
Und diese Flut, die gurgelnd fließt, sie schwemmt
die toten Blüten von den nassen Wegen.
Die grauen Wolken sind so schwer wie Blei,
und wer davongeht ist nur fort – nicht frei.
Er bleibt gefangen in den Friedhofsmauern.
Mich fröstelt. Und ich frage mich dabei,
ob Welken Abschied oder Heimkehr sei,
und Blumen auch um ihre Farben trauern.
Und jetzt noch eines, dass mit der gleichen Zeile beginnt wie eines von Nietzsche und eines von Morgenstern
Dies ist der Herbst
Dies ist der Herbst, der bricht dir noch das Herz...
Die Blätter braun und schwarz gesäumt
Sie stürzen bodenwärts.
Und an den kalten, nassen Mauern
Steh’n welke Blumen,
Die dort um ihre Sommerfarben trauern.
Bald ist das müde Jahr an seinem Ende
Und fällt ins Bodenlose der Vergangenheit.
Mancher legt jetzt in seinen Schoß die Hände
Und senkt den Blick und denkt: Es ist soweit!
Glücklich, wer jetzt das Lebensbuch nicht schließt!
Bald ist das Jahr herum, und bald beginnt
Ein neuer Frühling, der dann schüchtern grüßt
Und zu mir herfliegt mit dem lauen Wind.
Er hüllt mich tröstend in sein sanftes Wehen
So wie in einen bunten Mantel ein.
Ich werde schon von fern ihn kommen sehen
Und wieder lachen und voll Sonne sein.
Das erste Selbstgeschriebene hat mich am meisten angesprochen, weil es die Stimmung eines trüben, von nassen Blättern gesäumten Herbsttag, perfekt widerspiegelt. Herzlichen Dank für Deine Antwort!
Dieses Gedicht ist eins der schönsten für mich und bleibt immer im Kopf:
HerbsttagHERR: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
Gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
Rainer Maria Rilke
(Herbst 1902)
Mein Lieblingsgedicht über den Herst, danach kommen Jahreszeitengedichte von Erich Kästner (DAs ist ein Abschiede mit Standarten....und mir fehlt noch das ein : Das ist der Mai, der Mozart des Kalenders...Übrigens eine sehr scghöne Frage!
Ich mag James Krüss noch besonders gerne, die Gedichte sind so leicht und unbeschwert.
ich wußte gar nicht, das Krüss (den ich schätze) auch Gedichte schrieb. Danke für den Tipp!
Einige sind als Pixi Bücher erschienen. Z.B. Wenn der Tag zu Ende geht...Wenn der Tag zu Ende geht, müssen Kinder schlafen. Wo im Haus ihr Bettchen steht, ist ein sich'rer Hafen. Doch hier kommen, wenn sie ruh'n Träume angeschwommen; und die Kinder werden nun sanft mit fortgenommen usw. Oder hier die Schildkröte Pia Maria: https://tinyurl.com/y69dwovz
Ich finde sowas wunderschön :-)
Dankesehr!
Hiervon habe ich vor einigen Jahren mal eine ausgezeichnete Rezitation von Oskar Werner gehört, vllt gefällt sie Dir ja auch..https://www.youtube.com/watch?v=KNglGOYg5OA
Danke auch, aber die Stimme ist so gar nicht 'meins'...ich mag eher sowas:
Guten Morgen, die mag ich auch sehr. Danke und liebe Grüsse