Gericht aussichtslos oder nicht?
Ich möchte eure Meinung zu einem rechtlichen Sachverhalt hören. Es wurde eine Anzeige wegen Fahrerflucht erstattet, und nun stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, vor Gericht zu gehen. Der Hintergrund ist folgender: Die Angeklagte hat nicht bemerkt, dass ein Sachschaden entstanden ist, als sie mit einem extra langen Sprinter rückwärts ausparkte. Dabei soll der Kotflügel eines parkenden Autos angeditscht worden sein, während sie sich mit einer anderen Person unterhielt. Ein Zeuge hat ausgesagt, dass er die Fahrerin nicht beschreiben kann, behauptet jedoch, sie angesprochen zu haben. Ebenso hat er den Beifahrer nicht gesehen. Der Partner der Fahrerin, der ebenfalls im Fahrzeug saß, gibt an, ebenfalls nichts bemerkt zu haben.
Wie schätzt ihr die Chancen vor Gericht ein? Einerseits könnte man objektiv denken, warum sollte der Zeuge lügen. Andererseits gibt es zwei Personen, die glaubhaft machen, dass sie nichts mitbekommen haben. Denkt ihr, es macht Sinn, die Sache vor Gericht auszutragen, oder wäre das eher aussichtslos?"
1 Antwort
Was für ein Gericht? Strafgericht oder Zivilgericht zur Einbringung des Schadenersatzes?
Es stellt durchaus eine starke Präjustiz, wenn zumindest durch die Polizei die Berührung nachgewiesen wird. Eine Gegenüberstellung der Schadenspuren weißt das zumeist sicher nach.
Wer der Fahrer war ist zunächst zweitrangig, der Halter und seine Versicherung haften. Bei einem Fahrzeug über 2,8t (muss hier der Fall sein) und einer gewerblichen Nutzung dürfte die Kenntnis des Fahrers bereits aus den einschlägigen Dokumentationsvorschriften bekannt sein.
Der Beifahrer ist unwichtig, da als Zeuge durch die Eigenschaft als Insasse grundsätzlich die Aussagekraft gemindert wird.
Andererseits gibt es zwei Personen, die glaubhaft machen, dass sie nichts mitbekommen haben.
Dies wird regelmäßig behauptet, da sonst der Führerschein direkt gefährdet ist. Wenn die Berührung nicht bemerkt werden konnte, je größer das Fahrzeug ist wird diese Situation durchaus möglich, bleibt der Fahrer straffrei oder wird nur recht milde herangezogen.
Der Schaden ist zu dokumentieren und der Versicherung des Sprinters zu melden. Eine Akteneinsicht ist vor jeder weiteren Aktion dringend anzuraten.
Aus unserer Perspektive lohnt es sich, da der Anwalt günstiger ist als die Strafe plus den Schaden zu zahlen.
Das Ganze ist losgelöst zu sehen, die eine Zahlung macht die anderen nicht abhängig. Auch die Versicherung des Fahrzeuges muss zunächst regulieren. Auch den Schaden gering halten. Ob Regress genommen wird, steht in den Sternen. Geschieht nicht grundsätzlich.
Der Brief kommt vom Amtsgericht, dort wurde eine Geldstrafe und der Entzug des Führerscheins gefordert. Der Führerschein wurde auch schon, im Juni einkassiert.
Da muss noch anderes vorliegen, Aktenseinsicht wäre schon längst dringend zu nehmen gewesen. Vielleicht wurde vom Zeugen berichtet, dass der Fahrer ausgestiegen ist und hinten nachgesehen hat. Oder es ist noch ein anderes Delikt dabei. Bezüglich der Geldstrafe stellt sich die Frage ob die höhe der Tagesätze überhaupt noch zutreffend ist!
hat meine Partnerin sich einen Anwalt geholt.
Ein Anwalt alleine ist hier nicht ausreichend. Es muss sich um einen Spezialisten für dieses Rechtsgebiet mit Erfahrung in Fahrerflucht handeln.
Hey, vielen danke für deine Antwort.
Der Brief kommt vom Amtsgericht, dort wurde eine Geldstrafe und der Entzug des Führerscheins gefordert. Der Führerschein wurde auch schon, im Juni einkassiert.
Da es ein Mietauto ist, läuft die Versicherung über die Firma des Mietwagens.
Die Staatsanwaltschaft hat sich ja schon entschieden die Fahrerin als schuldig zu sprechen.
Das ganze läuft schon über einen Anwalt. Da bei einem Schuldspruch der Schaden selber gezahlt werden muss (4100€).
Ich erzähle nochmal die Geschichte aus unserer Perspektive.
Wir sind zu dem Auto gegangen und meine Partnerin war die Fahrerin. Wir sind aus dem Parkplatz weggefahren. Wenige Tage später, kam die Polizei und hat etwas am Autovermessen und nach einem Schaden geguckt. Es war kein Schaden am Mietauto zu sehen.
Anschließend kamen Briefe von der Polizei und die Fahrerin hat die Aussage verweigert und ich habe geschrieben, dass ich zu keinem Zeitpunkt einen Umfall mitbekommen habe.
Als dann die Polizei kam mit einem Zettel , das der Führerschein einkassiert werden muss und dies auch geschah, hat meine Partnerin sich einen Anwalt geholt.
Der ist natürlich da gegen angegangen.
Jetzt ist allerdings der Brief vom Amtsgericht gekommen, in dem sie trotzdem als schuldig angesehen wird, da ein Zeuge gesagt hat, er hätte sie angesprochen.
Nun hat der Anwalt gesagt, wir sollen uns überlegen, ob wir vor Gericht ziehen wollen.
Aus unserer Perspektive lohnt es sich, da der Anwalt günstiger ist als die Strafe plus den Schaden zu zahlen.
Allerdings ist es schlecht wenn man verliert, weil die Strafe von weiteren 7 Monaten ohne Führerschein dann erst ab dem Gerichtsurteil zählt. Außerdem entstehen natürlich mehr kosten.
Objektiv gesehen, würde man sich fragen, warum soll der Zeuge lügen (deswegen wurde sie Wahrscheinlich auch schuldig gesprochen). Allerdings wissen wir wie die Situation von unserer Perspektive war.