Gefahrenbremsung?

4 Antworten

Wenn du eine Gefahrenbremsung durchführen musst, um ein Unglück zu vermeiden, dann musst du eine Gefahrenbremsung durchführen. Du hast in dem Moment keine Zeit, dich drum zu kümmern was hinter dir ist. Oder ob dein Hintermann Abstand hält oder nicht.

Überlege mal, was das für eine Konsequenz hätte: Würdest du erstmal weiterfahren, bis du geschaut hast ob dein Hintermann genug Abstand hält? Und wenn nicht, willst du dann weniger stark bremsen? Was, wenn dir in der Zwischenzeit tatsächlich ein Kind vors Auto rennt?

Nö, genau für solche Situationen hat dein Hintermann den Sicherheitsabstand zu halten. Sein Fehler, wenn er das nicht tut. Punkt.

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Anders ist es, wenn du auch sanfter bremsen könntest oder gar keinen Grund zum Bremsen hast. Dann musst du durchaus schauen, dass dein Hintermann gerade arg dich auffährt und dass du lieber frühzeitig langsam bremst, statt bis zum Ortsschild mit 100 durchzuziehen und dann in die Eisen zu steigen.

Also zum Beispiel, wenn der Ball 50 m vor dir zwischen den Autos raus fliegt. Da brauchst du keine Vollbremsung zu machen, denn aus 50 km/h stehst du auch bei einer normalen Bremsung deutlich vorher.

Auch dieses "kurz anbremsen" um einen Drängler zu erschrecken ist definitiv verboten. Es gibt in der Situation keinen Grund, zu bremsen.


Asiaman 
Beitragsersteller
 13.02.2023, 21:15

Super, danke für die ausführliche Erklärung. Eine Frage hätte ich noch, wenn jetzt ein Hund plötzlich rüber gerannt kommt und ich im Spiegel sehe, dass der Abstand zum Fahrzeug hinter mir relativ groß ist, dann könnte ich auch Bremsen oder sollte man das lenkrad gerade und fest halten?

Man sagt ja auch, dass Menschen leben vor Tier leben ist.

ichbinich2000  13.02.2023, 22:54
@Asiaman
dann könnte ich auch Bremsen oder sollte man das lenkrad gerade und fest halten?

Warum das "oder"? :) In dem Fall soll man selbstverständlich bremsen und aber auch nicht ausweichen, denn sonst kollidierst du unter Umständen frontal mit dem Gegenverkehr. Und das kostet dann eben mehr Geld und Leben als "nur" den Hund zu treffen. Die Frage ist eher, ob du rechtlich eine Gefahrenbremsung machen darfst oder nur eine "normale".

Aber wie gesagt - wenn der Hund wirklich knapp rausläuft, wirst du nicht mehr lange in den Spiegel schauen. Da gehst du schon aus Reflex voll in die Bremse.

Rechtlich ist das bei Tieren etwas schwierig. Da geht das nach Größe des Tieres. Bei Kleintieren kriegst du dann eben eine Mitschuld, wenn der folgende Fahrer dir nach einer Gefahrenbremsung auffährt. Bei größeren Tieren - und das kann auch ein Hund sein, Vergleichsbeispiel ist oft die Größe eines Fuchses - ist eine Gefahrenbremsung aber durchaus zulässig.
Wenn aber, wie in deinem Beispiel gegeben, der Abstand sogar noch richtig groß ist, muss man sich schon fragen, wie stark der Auffahrende gepennt hat. Denn wenn dir dann jemand mit 150 Meter Abstand innerorts trotzdem noch auffährt, ist das nicht mehr dein Problem, wenn die Beweislage stimmt.

Grundsätzlich ist aber auch die Frage, was dir wichtiger ist. Die juristische Sicht - und damit, ob du eine Teilschuld bekommen kannst... oder ob du versuchen willst, das Tier zu retten.

RedPanther  14.02.2023, 11:06
@Asiaman
dann könnte ich auch Bremsen oder sollte man das lenkrad gerade und fest halten?

Man sollte das Lenkrad immer so fest im Griff haben, dass man damit das Auto unter Kontrolle hat!

Du kannst bei einer Gefahrenbremsung schauen, ob du irgendwie ausweichen kannst. Aber dabei solltest du niemand anderes gefährden (nicht in den Gegenverkehr oder auf den Gehweg lenken!) und es ist in der Regel auch sicherer, auf der Straße zu bleiben, als einen Graben oder Baum zu riskieren.

Wegen eines Kleintiers voll zu bremsen wenn jemand direkt hinter dir fährt, kann rechtlich tatsächlich problematisch sein. Weil für dich selbst keine Gefahr besteht, wenn du es überfährst. Du schaffst also eine Gefahr für deinen Hintermann, ohne dass du selbst dadurch sicherer lebst.

Aber eine langsame Bremsung oder wenn dein Hintermann noch weit entfernt ist, kannst du natürlich machen.

Ebenso wird niemand was sagen, wenn du wegen eines Pferds oder so eine Vollbremsung machst, denn wenn das Tier bei einer Kollision auf deiner Windschutzscheibe landet, lebst du selbst auch ganz schön gefährlich.

Im Gefahrenfall hast du dafür überhaupt keine Zeit :)

Wenn du in einer solchen Situation bist, geht es um jede Sekunde. Du trittst da ganz aus Reflex voll in die Bremse. An das Schauen in den Rückspiegel denkst du da sicher nicht mehr...
Was hätte das denn auch für einen Sinn? Du schätzt dann, dein Hintermann hat zu wenig Abstand, bremst weniger stark und ihr überfahrt das Kind dann beide? Na bravo 😅

Dieses Schauen nach dem Abstand des Fahrers hinter dir macht Sinn, wenn du zum Beispiel auf eine Ampel zufährst und entscheiden musst, ob du bei gelb noch stehen bleiben kannst oder nicht. Wenn der Hintermann nah auffährt, fährt man halt durch, wenn man mit einer starken Bremsung noch gefahrlos anhalten kann, hält man eben an. Im Gefahrenfall, wo die Gefahrenbremsung die einzige Möglichkeit ist, hat man die Entscheidung nicht.

Die Vorgaben zum Verhalten bei Gefahrensituationen sind nun mal die Theorie. In der Realität arbeiten deine Reflexe schon längst, bevor du überhaupt wirklich weißt, was passiert.
Man kann beispielsweise noch so wissen, dass man bei Wildunfällen nicht ausweichen soll... und doch tun es viele, ganz aus Reflex und gar nicht mal absichtlich. Das ist auch nur natürlich, einem Hindernis ausweichen zu wollen, allerdings ist es halt noch schlimmer, deshalb in den Gegenverkehr zu rauschen.

Ein Kind ist aber kein Reh - von daher ist da erst recht kein Spielraum, mal eben über die Stärke meiner Bremsung nachzudenken. Denn ob mir da grade jemand hinten drauf fahren könnte oder ob ich da Schuld haben könnte, spielt im lebensbedrohlichen Ernstfall keine Rolle.

Aber klar - man sollte jetzt auch nicht übervorsichtig sein. Eine grundlose Gefahrenbremsung im laufenden Verkehr ist alles andere als lustig und wird teuer. Aber wenn definitiv ein Grund da ist, dann nicht lange überlegen.

Hier kommt es auf die genaue Situation im Einzelfall an.

Wie weit ist der Ball entfernt? Wie gut ist die Fläche neben der Fahrbahn einsehbar? Wie schnell bist du? Kommt Gegenverkehr?

In der Situation schaut niemand mehr in den Rückspiegel. Da ist der Blick auf den Straßenrand gerichtet.

Ja. Aber Du kannst Alternativen abwägen, wie z.B. die Stärke der Bremsung anzupassen oder auszuweichen. Daher beobachtest Du ja auch den Gegenverkehr.