Gefährdet der Zeit- und Kostendruck auf Baustellen (in Deutschland) die Sicherheit der Arbeiter?

Das Ergebnis basiert auf 19 Abstimmungen

Ja, der Zeit- und Kostendruck stellt ein Sicherheitsproblem dar 63%
Nein, (Groß-) Baustellen sind heute viel sicherer. 21%
sowohl als auch 16%

11 Antworten

Nein, (Groß-) Baustellen sind heute viel sicherer.

Die Sicherheit auf deutschen Baustellen ist weltweit verglichen wohl mit die Höchste. Jeder Bauherr ist froh wenn er eine Überprüfung durch die Berufsgenossenschaft einigermaßen glimpflich überstanden hat. Das die BG mal ohne die Feststellung von Mängeln von der Baustelle geht kommt eigentlich quasi nicht vor.

Bei größeren Baustellen hast du eigentlich auch immer eine Fachkraft für Arbeitssicherheit vor Ort. Hab davon eine menge Leute kennengelernt. Die haben Nie unter Mangel an Arbeit gelitten.

Fakt ist aber das es eine 100%-Sicherheit nicht gibt. Nirgends.

Nach meiner Erfahrung ist der Zeit- und Kostendruck eher untergeordnet. Das große Problem sind eher die Nutzer welche schlicht die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) ignorieren. Unterhalte dich dazu mal mit Menschen die in der Arbeitssicherheit zu Hause sind. Da kann dir Jeder Geschichten erzählen, das dir die Haare zu Berge stehen, selbst wenn du Glatze hast.

Putzig das hier jetzt Politiker mehr Sicherheit fordern, sie gleichzeitig aber auch Abstriche bei den Brandschutzvorschriften anmahnen. Dabei vergessen sie aber, das die Vorschriften entstanden sind, weil schon mal was passiert ist.

Sorry aber nach solchen Unglücken reißen immer Leute die Klappe auf welche sie lieber halten sollten. Da ist so wenig Fachkompetenz dabei das mich das nur mit dem Kopf schütteln lässt. Es ist ja noch nicht mal klar was wirklich die Unfallursache war.


SashaMu66  14.11.2023, 23:16

Ich glaube, Unfälle passieren gerade bei Routine nach dem Motto "ist doch immer gutgegangen".

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wmsieger 
Beitragsersteller
 15.11.2023, 08:13
@SashaMu66

Und machen wir ja nicht zum ersten mal.

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5432112345  15.11.2023, 09:35
@wmsieger

Und "haben wir schon immer so gemacht"
Und "was soll schon passieren"

Aber in vielen Fällen ist es eben auch, die Angst vor Benachteiligung oder der Konfrontation.

Kenne den Fall, dass sich jemand ernsthaft an einer bekannt defekten Maschine verletzt hat und es dann lapidar hieß: Ja, warum benutzt er die auch? Tja, er hat sie benutzt, weil er sonst seine Arbeit nicht hätte machen können und er eben nicht den Mut hatte zu sagen, dass die Arbeit jetzt mitten in der Hauptsaison liegen bleibt bis die Maschine repariert ist.

Was hat der Mitarbeiter auch von Vorgesetzten zu erwarten, die vom defekt Wissen und das Problem einfach ignorieren. Sicherlich kein Verständnis und Zustimmung. Das Umdenken hat dann erst eingesetzt als die Berufsgenossenschaft im Betrieb aufgeschlagen ist und gezeigt hat, dass sie nicht bloß ein Dienstleister ist.

Leider kommen viele Vorgesetzte selbst nur aus der Position des Mitarbeiters ohne jemals groß in irgendwas geschult zu werden. Viele Wissen gar nicht für was sie alles verantwortlich und haftbar sind.

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SashaMu66  15.11.2023, 19:33
@5432112345

Bei uns kommt das Problem eher von der Ignoranz einzelner Kollegen. Eigentlich sollen Defekte an Maschinen und Geräten unverzüglich dem Betriebshof gemeldet werden. Wir haben sogar einen eigenen markierten Bereich, wo sie abgestellt werden sollen, damit diese nicht am nächsten Tag von anderen Kolonnen mitgenommen werden. Leider halten sich manche nicht daran, und diejenigen, die die mangelhaften Teile mit zur Baustelle nehmen, beschweren sich berechtigterweise.

Wir haben Gott sei Dank einen Chef, der Wert auf Sicherheit legt. Kann daran liegen, dass er der einzige in seiner Familie ist, de kein Arzt geworden ist 😉

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Nein, (Groß-) Baustellen sind heute viel sicherer.

Hallo wmsieger,

bei der Beurteilung und auch Behandlung von Gefahrensituationen versucht man das Risiko einer Gefährdung insofern zu reduzieren, dass es in eine allgemeine Größenordnung kommt, wo auch ein Mensch ohne den betrachteten Gefährdungseinfluss zum Tode kommen könnte - so komisch sich das anhören mag.

Es ist generell zu beobachten, dass Gefährdungslagen und auch Sicherheitsmechanismen bekannt und angewendet werden, aber auch, dass in Einzelfällen ein Risiko z.B. aus Kostengründen oder unter Zeitdruck in Kauf genommen werden könnte.

Das Risko wäre im erstgenannten Fall auf einer Tolerierbarkeit reduziert - im letztgenannten Fall aber nicht. Entsteht dann das Problem aus dem Risiko, d.h. kommt es zu dem gefährdenden Unfall, befasst sich dann die Unfallforschung mit den ganzen Umständen, den möglichen und letztlich vorhandenen Sicherheitsmechanismen sowie den Risikobetrachtungen sowie ggf. gesetzlichen Vorgaben selbst.

Dabei ist nicht von Bedeutung, dass an anderen Stellen ein Risiko in ähnlicher Weise in Kauf genommen würde, denn da reduziert eine mehrheitlich beobachtete Abwesenheit von Unfällen das Risiko in keinster Weise.

Nichtsdestoweniger lernt man auch aus solchen Situationen, dass Risiken umso mehr betrachtet werden müssen, Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt werden, ggf. auch eine vorherige Risikobetrachtung noch genauer gemacht oder die Sicherheitsmaßnahmen noch erhöht werden müssen.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
sowohl als auch

Ich bin als Sicherheitskoordinator auf Baustellen tätig. Der Unfall in Hamburg lässt viele Fragen offen, was die Sicherheit auf dieser Baustelle angeht. Da ich die Örtlichkeiten nicht kenne, kann ich dazu nichts sagen und möchte das auch nicht.

Ich stelle immer wieder fest, dass Aushänge auf Baustellen keine Beachtung finden, teilweise abgerissen werden. An Gerüsten werden Teile ausgebaut , weil diese im Wege sind und nicht wieder eingebaut , wenn die Arbeit erledigt ist.

Da entstehen Absturzgefahren an die keiner denkt.Es werden von unzulässigen Leitern aus Arbeiten ausgeführt, anstatt Fahrgerüste zu verwenden, wo es möglich ist.

Ich unterweise alle auf der Baustelle Tätigen, bevor die ihre Arbeit aufnehmen. Die Unterweisung muss jeder unterschriftlich bestätigen.

Nicht immer wird der Helmpflicht nachgekommen. Es stehen auch nicht immer die persönlichen Schutzausrüstungen zur Verfügung. Wenn da Arbeiter von Zeitarbeitsfirmen angefordert werden, haben die meist keinerlei Schutzausrüstungen, kommen mitunter mit Turnschuhen auf die Baustelle.

Die beauftragten Firmen sind verpflichtet eine Gefährdungsanalyse für die Baustelle vorzulegen. Darin wird auf mögliche Gefahren hingewiesen. Doc h nicht jeder beachtet die Gefahrenhinweise. Alles muss schnell gehen.

Mangelhafte Beleuchtung auf Baustellen. Es gäbe da eine lange Liste aufzustellen, was man alles auf Baustellen erlebt.

Die BG, als auch die Gewerbeämter besuchen die Baustellen.Dass es dennoch zu Unfällen kommt ist nicht auszuschliessen.

Habe auf einer Baustelle erlebt, dass eine Fertigteilbetonwand umstürzte weil ein Arbeiter die Sicherheitsspriessen zu früh entfernt hat. Die Wand kippte um und schlug mit der Oberkante auf eine Gitterbox, was dem Arbeiter das Leben rettete der unter dieser Wand dann lag und sich lediglich den Arm brach.

Da muss man sich fragen, warum das ein Arbeiter macht der schon 20 oder mehr Jahre auf dem Bau tätig ist und wissen müsste, dass der Beton noch nicht abgebunden hat.

Hinzu kommt ein weiteres Problem auf Baustellen Es sind Sprachschwierigkeiten die eine Verständigung erschweren, wenn keiner da ist, der Anordnungen übersetzen kann.

Nein, (Groß-) Baustellen sind heute viel sicherer.

Das Gerüst wurde überladen und ist deshalb eingestürzt


wmsieger 
Beitragsersteller
 14.11.2023, 21:47

woher weißt du das?

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Nein, (Groß-) Baustellen sind heute viel sicherer.

Nein, nicht der Zeit- und Kostendruck stellt das Sicherheitsproblem dar, sondern Unternehmer und Vorgesetzte, denen Umsatz und Gewinn wichtiger sind als die Gesundheit der Mitarbeiter. Hier wird das unternehmerische Risiko - in schlechten Zeiten auch mal wenig bis keinen Gewinn zu machen - auf die Arbeitnehmer abgewälzt.


Ontario  04.02.2024, 11:36

Dass kann ich bestätigen. Oftmals sagen mir Arbeiter dass sie froh sind, dass jemand kommt der die Baustelle hinsichtlich der Sicherheit überprüft.

Wenn es Gefahrenstellen gibt die auch Arbeiter erkennen und nicht da arbeiten wollen, aber nicht die Courage haben, ihren Arbeitgebern die Verweigerung mitzuteilen.Die haben dann Angst ihren Job zu verlieren, wenn sie sich weigern an Gefahrenstellen zu arbeiten.

Das Einrichten von Sicherheitsmassnahmen kostet Zeit und Geld. Nicht jeder Arbeitgeber ist bereit diese Kosten zu tragen , weil im Angebot nicht berücksichtigt.

Heute erfolgt meist die Vergabe von Aufträgen an den billigsten Anbieter .. Da kommt es vor, dass eine Zimmererfirma aus Dresden nach Frankfurt/Main fährt und da Dachstühle aufstellt, weil es der billigste Anbieter war.

Es werden Pflastersteine aus China bestellt, weil eben billiger. Oder Spezialschrauben für Photovoltaikanlagen aus China, weil im Preis unschlagbar.

Im Baugewerbe werden gute Löhne bezahlt Da ist es auch für den Unternehmer wichtig ,sein Material so günstig wie möglich einzukaufen Mitunter werden da auch Materialien verbaut, die nicht den Vorgaben wie im Leistungsverzeichnis verlangt, entsprechen, weil die billiger sind.

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5432112345  05.02.2024, 09:15
@Ontario

Stimmt. Aber es wird nicht nur am Material, sondern auch gerne mal an den Mitarbeitern gespart. Hatte auch schon den Fall, dass gefliest wurde und beim Gespräch mit dem Handwerker kam raus, der ist gar kein gelernter Fliesenleger - er macht das nur immer mal nebenbei mit, weil der Chef (für seine Gehaltsvorstellungen) keinen Fliesenleger findet.

Mag ja sein, dass die Fliesen am Ende gerade sind, aber wurde auch alles beachtet was sich darunter verbirgt? Man weiß es nicht genau... Auf der Rechnung wird natürlich trotzdem abgerechnet als wäre da der Fachmann vor Ort gewesen.

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