Frage an Christen, Muslime, Juden, Atheisten, Buddhisten: wie findet ihr diese Stelle in der Bibel?

Wilhelm251  22.06.2024, 05:30

Hast du ein Messer bei dir, wenn du durch Deutschland spazierst?

Erdbeermuesli 
Beitragsersteller
 22.06.2024, 05:31

Nein. Es könnte gegen mich verwendet werden. Danke der Nachfrage

10 Antworten

Es ist wichtig im Hinterkopf zu haben, dass dieses Gesetz nur für das Volk Israel galt in Verbindung mit den gesellschaftlichen, kulturellen Gegebenheiten der damligen Zeit.

Damals ging es in der Ehe lediglich um: Nachkommenschaft, Versorgung, Fürsorge. Die Liebe war zweitrangig. Eine Frau konnte damals nicht eigenständig leben und war abhängig von einem Mann, dass er sich um sie kümmert. 
So jetzt war das Problem: Wenn die Gesellschaft/das Volk mitbekommen würde, dass eine Frau vergewaltigt wurde, dann wurde sie abgestoßen/ausgegrenzt. Sie konnte wegen dieser Schande keinen Mann mehr bekommen. Das Gesetz diente zum einen als Abschreckung und zum anderen als Lebensabsicherung für die Frau, dass sich ein Mann um sie sorgt. 

Aus heutiger Sicht kann man sich das als Frau nicht vorstellen seinen Vergewaltiger zu heiraten, aber in der damaligen Zeit war es für eine Frau schlimmer unverheiratet zu bleiben - und das belegt auch die Geschichte mit Tamar und ihrem Halbbruder Amnon in 2. Samuel 13:11 - 16: 

Als sie ihm aber etwas zu essen hinreichte, packte er sie und sagte zu ihr: Komm, liege bei mir, meine Schwester!
Sie aber sagte zu ihm: Nicht doch, mein Bruder! Tu mir keine Gewalt an, denn so handelt man nicht in Israel! Tu doch diese Schandtat nicht!... Er aber wollte nicht auf ihre Stimme hören. Und er überwältigte sie... und lag bei ihr. Dann aber hasste Amnon sie mit sehr großem Hass... Und Amnon sagte zu ihr: Steh auf, geh weg! Sie aber sagte zu ihm: Nicht doch, mein Bruder!
Denn dieses Unrecht ist größer als das andere, das du mir angetan hast, wenn du mich jetzt wegjagst
Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ex-Atheist & belege Theologie-Kurse

Erdbeermuesli 
Beitragsersteller
 23.06.2024, 05:27

Ok. Danke dir

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Bei 5. Mose 22,29 erhält der Vater Schadensersatz (bzw den Brautpreis), wenn seine Tochter vergewaltigt wird:

29 so soll der, der bei ihr geschlafen hat, ihrem Vater fünfzig Silberstücke geben und soll sie zur Frau haben, weil er ihr Gewalt angetan hat; er darf sie nicht entlassen sein Leben lang.

https://www.bibleserver.com/LUT/5.Mose22,29

Die Frau erhält nichts und der Täter geht straflos aus: die "Strafe" ist die Zahlung vom Brautpreis und die Zwangsheirat.

Es handelt sich somit um einen Schadenersatz für den Vater. Ein Geschlechtsverkehr und eine Vergewaltigung vor der Ehe stellen eine Wertminderung dar, für die der Vater entschädigt wird:

Geschlechtsverkehr und Vergewaltigung vor der Ehe stellten rechtlich eine Beeinträchtigung der Tochter dar und damit einen Schaden für den väterlichen Vormund, der angemessen auszugleichen war (Dtn 22,20-21.28-29;

https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/frau-at/ch/bb7f2695e38479e0340f9a7e69c02673/#h10

Die eigentliche Tat wird nicht verurteilt und der Vergewaltiger erhält auch keine Strafe. Und die Frau muss ihren Vergewaltiger heiraten.

Die vergewaltigte Frau war auch nicht unverheiratbar:

Für den normalen Israeliten stellte es kein Ehehindernis dar, wenn die Braut keine Jungfrau mehr war. Er konnte auch eine Witwe oder eine Prostituierte heiraten ( Ri 11,1).

https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/ehe-at/ch/5b80cbbe808bd8443559f83e85f92986/

Manche christliche Apologeten versuchen 22,29 schön zu reden, indem sie behaupten, dass ū·ṯə·p̄ā·śāh keine Gewalt bzw Freiwilligkeit bedeutet:

ū·ṯə·p̄ā·śāh

https://biblehub.com/hebrew/utefasah_8610.htm

Das ist Blödsinn.

תָּפַשׂ
  • to catch, handle, lay hold, take hold of, seize, wield
  • to lay hold of, seize, arrest, catch
  • to grasp (in order to) wield, wield, use skilfully
  • to be seized, be arrested, be caught, be taken, captured
  • to catch, grasp (with the hands)

https://biblehub.com/hebrew/utefasah_8610.htm


Erdbeermuesli 
Beitragsersteller
 22.06.2024, 06:30

Danke dir

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Die Stelle wird oft missverstanden, garantiert aber quasi das Überleben der Frau.

In den Versen davor wird davon gesprochen, dass der Vergewaltiger umgebracht werden soll, der eine verlobte Frau überfallen hat. In diesem Vers 29 hier geht nur dieser Vergewaltiger einer unverlobten Frau Zwänge ein. Er muss Schadenersatz zahlen (auch wenn man das nicht erstatten kann) und er muss die Frau zu sich nehmen.

Um das ein wenig verständlicher zu erklären. Wenn du damals nicht verheiratet warst und aber schon Sex gehabt hast, dann warst du gesellschaftlich ... na ja, dich wollte niemand mehr und das war als Frau echt problematisch. Sogar als Verlobte. In der Elberfelder-Übersetzung steht, dass er sie geschwächt hat. Das trifft such ziemlich zu. Der Mann hat die Frau entehrt und sie hat eigentlich kaum noch eine Change aufs Überleben.

Außer eben durch diese Bestimmung.

Hier muss der Vergewaltiger sie ehelichen und sie versorgen. Das impliziert ja nicht, dass sie mit ihm schlafen oder sogar mit ihm zusammen wohnen muss bzw. allein mit ihm wohnen muss. Aber so wurde eben garantiert, dass die Frau versorgt wurde.

Der Mann hat hier gegen den Willen Gottes und gegen die grundlegendste Moral verstoßen und er musste nun die Verantwortung für seine Taten und die Frau tragen. Als dieser Mann wöllte ich auch nicht dem Vater des Mädchens gehen.

Aber, um das noch hinzuzufügen, er ist der Einzige, der Verpflichtungen eingeht. Er darf sich nicht von ihr scheiden lassen, er muss für sie sorgen usw.

Sie könnte das auch ablehnen (auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass sie das tut), sie muss nicht mit ihm leben.

Aber er darf sie nicht einfach so missbrauchen und dann wegschicken.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Königskind ❤🔥✝️

Mayahuel  22.06.2024, 07:18
Sie könnte das auch ablehnen

Das steht nicht im Text. Das hast du dazu erfunden.

Aber er darf sie nicht einfach so missbrauchen

Vergewaltigung in der Ehe ist ein Konzept der Gegenwart.

sie muss nicht mit ihm leben.

war bei einer Ehe aber üblich.

sie hat eigentlich kaum noch eine Change aufs Überleben.

sie war nicht unverheiratbar.

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Erdbeermuesli 
Beitragsersteller
 22.06.2024, 08:45

Ok. Danke dir

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Epilz  22.06.2024, 08:59
@Erdbeermuesli

Gar kein Problem. Wenn man das alles liest, nicht nur die zwei Verse, und auch Kontexte usw. betrachtet, dann erkennt man das auch🙋🏻‍♀️

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Erdbeermuesli 
Beitragsersteller
 22.06.2024, 15:02
@Epilz

Du warst im falschen Religionsunterricht und daher ist das deine Meinung

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Epilz  22.06.2024, 15:09
@Erdbeermuesli

Haben wir im Religionsunterricht gar nicht als Thema gehabt🙋🏻‍♀️

Gott kann das sowieso viel besser erklären. Wenn man den Heiligen Geist hat, versteht man die Bibel. Das tut man nicht, wenn man sich einzelne Dinge herauspickt und sie sich so uminterpretiert, dass man ein Gegenargument oder was auch immer hat. Das funktioniert so nicht, man muss schon ein bisschen mehr beachten und nicht nur zwei Verse lesen und sich davon dann das Gesamtbild erschließen. Unschöner Fehler

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Erdbeermuesli 
Beitragsersteller
 22.06.2024, 15:13
@Epilz

Man merkt, dass ihr das nicht im Religionsunterricht hattet, denn du drehst dir das völlig falsch zurecht. Unschöner Fehler.

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Epilz  22.06.2024, 15:14
@Erdbeermuesli

Ich drehe mir nichts zurecht, ich lese nur die Bibel. Und das nicht so, wie ich es gerne hätte, dass es dasteht.

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Natürlich muss man bedenken, dass das in einer Zeit verfasst wurde, welche anders über Mann, Frau, Ehe und Sex dachte als wir es heute tun.

Wenn wir das mal beiseite lassen, bleibt übrig, dass die Stelle in der Bibel einem Vergewaltiger die Verantwortung für seine Tat gibt. Er ist verpflichtet, die Frau, die er vergewaltigt hat, zu heiraten und ihren Vater finanziell zu entschädigen.

Ich weiss nicht, ob 50 Silberlinge viel sind, aber für mich klingt das nach einem stattlichen Preis.

Natürlich kann man das heute nicht mehr so machen, weil wir ein anderes Verständnis haben, insbesondere auch zur Rechte der Frau, der man niemals zumuten würde, ihren Vergewaltiger heiraten zu müssen.

Aber damals ersparte man der Frau damit die Schande, als gedemütigte Frau einen anderen heiraten zu müssen, quasi als "Secondhand-Ware". Sie wurde an den "Erstbenutzer" gegeben und blieb damit eine anständige und respektierte Frau.

Die Bibelstelle entlastet damit die Frau von jeder Schuld und schützt sie vor den (damals herrschenden) Folgen des Unglücks, das ihr widerfahren war.


Erdbeermuesli 
Beitragsersteller
 22.06.2024, 06:24

Danke dir

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Mayahuel  22.06.2024, 06:37
Die Bibelstelle entlastet damit die Frau von jeder Schuld und schützt sie vor den (damals herrschenden) Folgen des Unglücks, das ihr widerfahren war.

sie muss ihren Vergewaltiger heiraten

Und in der Ehe kann es dann problemlos weitergehen. Denn Vergewaltigung in der Ehe gibt es erst seit kurzem.

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LastDayofEden  22.06.2024, 06:47
@Mayahuel

Das kann ihr auch mit jedem anderen Mann widerfahren.

Lies einmal "Die weisse Massai", da berichtet eine (heutige) Schweizerin von ihrer Ehe mit einem traditionell lebenden Massai. Er kam nur alle 2-3 Wochen nach Hause, vergewaltigte sie, schlug sie und bezichtigte der Untreue (obwohl es ja nur Frauen im Dorf gab).

Als sie den anderen Frauen von ihren Elend berichtete, zuckten diese nur mit den Schultern und sagten: "Männer halt".

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Mayahuel  22.06.2024, 06:53
@LastDayofEden
Das kann ihr auch mit jedem anderen Mann widerfahren.

Hier wird die Frau vorsätzlich mit ihrem Vergewaltiger verheiratet.

 und schützt sie vor den (damals herrschenden) Folgen des Unglücks,

Der Vater wird geschützt, in dem er einen finanziellen Ausgleich bekommt.

Und unverheiratbar war sie auch nicht.

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Erdbeermuesli 
Beitragsersteller
 22.06.2024, 08:59
@LastDayofEden

Sicherlich ist das, was der Frau passierte, sehr schlimm, aber deswegen wird der Vers aus der Bibel nicht besser

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LastDayofEden  22.06.2024, 09:42
@Erdbeermuesli

Das Gesetz aus der Bibel ist veraltet, und darüber muss man auch nicht diskutieren. Aber was hat denn die Menschheit seither getan, um das Gesetz zu modernisieren?

Die Scharia zum Beispiel entstand etwa 1500 Jahre nach dem Tanach. Und unter der Scharia wird eine Frau, die vergewaltigt wird und dies nicht zweifelsfrei nachweisen kann (was gar nicht möglich ist), selber wegen ausserehelichem Sex ins Gefängnis geworfen.

Und selbst wenn ein Täter verurteilt wird, kann es sein, dass er innerhalb eines Jahres amnestiert wird: https://taz.de/Scharia-und-sexuelle-Gewalt/!5062688/

Und seit wann wird denn Vergewaltigung bei uns als Straftat aufgefasst? Ich glaube, diesen Strafbestand gibt es noch nicht lange - weil auch wir seit dem Tanach keine Fortschritte gemacht haben sondern nur Rückschritte.

Es ist einigermassen beschämend, wenn man 3000 Jahre benötigt, um ein altes Gesetz zu modernisieren und dazwischen alles nur schlimmer gemacht hat anstatt besser...

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LastDayofEden  22.06.2024, 15:22
@Erdbeermuesli

Was hat das damit zu tun? Ich bin weder in jüdischer noch in islamischer Religion unterrichtet worden, das habe ich alles nachgelesen.

Und der Rest hat nichts mit Religion zu tun, sondern mit Rechtsgeschichte.

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Von Experte annie80 bestätigt

Das mag sinnvoll gewesen sein in einer Gesellschaft, in der vergewaltigte Frauen als grosse familiäre Schande galten und Töchter so oder so Eigentum des Vaters waren, der bezahlt werden musste für die "Beschädigung". Gut möglich, dass sich deshalb auch die Frau dem Schicksal fügte. Wenn man bedenkt, dass mancherorts auch heute vergewaltigte Frauen wegen Unzucht verurteilt und schwer bestraft werden, war das vielleicht sogar ein Fortschritt...

Aber selbstverstäbdlich ist aus heutiger und hiesiger Sicht so ziemlich alles falsch daran.


Erdbeermuesli 
Beitragsersteller
 22.06.2024, 05:36

Ok. Danke dir. Die Stelle müßte eventuell in den Büchern geschwärzt werden

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SamaMoldo  22.06.2024, 05:52
@Erdbeermuesli

Nein, wozu?

Ausserdem: Es gibt keine "oberste Bibelagentur", die das durchsetzen könnte, sondern ungezählte Konfessionen, ein Streichen von Passagen ist nicht möglich.

Ansonsten ist die Gruppe der Fundamentalisten, die sowas wörtlich nehmen verschwindend gering. Sowohl Juden wie Christen legen die Texte aus und nehmen sie eben nicht wörtlich als Gottes unumstössliches Wort, was die Bibel ja auch nicht ist - anders als zb Muslime, die den Koran ja eher wörtlich nehmen, weil das ganze Buch ja von Gott direkt kommen soll.

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