Erfahrung / Deprivationssyndrom bei Hund?

2 Antworten

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Hi,

Ich kenne das nur vom Tierheim, hatten da Hunde mal reingekriegt aus einer Massenzucht, das hat Monate gedauert bis man es geschafft hat die Hunde aus den Zwinger überhaupt zu holen. Haben am Anfang uns nur davor gesetzt und Bücher vorgelesen das erstmal menschliche Stimmen kennenlernen und das Vorhandensein von Menschen. Nach ein paar Wochen konnte man sich in den Zwinger setzen und weiter lesen in Verbindung mit füttern. Danach konnte man langsam anfangen das anfassen zu üben und nachfolgend das Anleinen. Bei Hunden mit derartigen Problemen braucht man unheimlich lange um selbstverständlichkeiten aufzubauen da auch das lernen an sich dadurch stark behindert wird. Je nach Fall kann die Gabe von Medikamenten in Abstimmung mit den behandelnden Tierarzt sinnig sein, hatten ein der hätte sich sonst selber zerstückelt, der hat seine eigene Rute abgekaut so hoch war der Stress für den Hund . Ach so gearbeitet haben wir mit Tellington TTouch 😊

Thema Entwicklung bis auf einen konnten wir alle in sachkundige Hände vermitteln, der andere war leider bis zuletzt nicht einschätzbar was zu einigen Unfällen im Tierheim führten, so hat er seine Bezugsperson nach 6 Monaten aus dem nix angefallen und direkt den Unterarm gebrochen. Da er immer wieder auf unbekannte Reize so reagierte blieb er leider bis zum Ende. Die anderen hatten auch noch Defizite weswegen die an Rassekenner (es waren cane corso und fila brasiliero) abgegeben wurden die ein gefestigten Ersthund hatten mit der Auflage das die Hunde Maulkorb tragen mussten da man einfach nicht alles aufholen kann und die Gefahr immer gegeben war das den Hund was gruselig ist und die Situation eskaliert. Ansonsten haben die körperlichen Wehwehchen wie liegeschwielen, fehlende Feinmotorik etc sich weitgehend gebessert. War bei einer Nachkontrolle dabei und hatte mich unendlich gefreut den Hund den ich betreut habe im Garten mit Artgenossen rennen zu sehen 🥰 rennen war vorher undenkbar sie lief stets geduckt wenn sie sich überhaupt getraut hatte und auch fiel sie im Tierheim immer in Schockstarre wenn andere Hunde kamen, da kam dann gar nix mehr es sei denn der andere hat sie bedrängt dann hat immer sofort geschnappt da sie halt sie Kommunikation gar nicht verstanden hatte. Sie war knifflig da sie leider gar nicht nach vorne ging, bei ihren Kumpels hatte man zumindest ein nach vorne gehen was etwas einfacher zu lösen ist als das tot stellen.


Silanor 
Beitragsersteller
 13.04.2022, 13:17

Vielen Dank für die Antwort!

Tellington TTouch kenne ich tatsächlich nur von hören her, werde ich sofort mal recherchieren!!

Meiner reagiert bis jetzt seltenst mit Aggression - zum Glück! Bei Dingen wie seinem Geschirr anlegen und auch Maulkorbtraining, was halt doch notwendig ist in machen Situation, geht er sofort in Schockstarre. Generell, wenn man ihn nicht sofort aus einer Angstsituation raus holt ist der Hund sofort in Schockstarre und absolut unansprechbar. Das ist als würde man den aus-Knopf drücken. Angst hat er vor sehr vielen Alltagsgegenständen und auch Geräuschen, da arbeiten wir weiterhin drann und ich muss sagen es hat sich einiges gebessert dadurch dass wir nun gezielter an einzelnen Dingen arbeiten können!

Was mir immer wieder auffällt ist dass er motorisch Probleme hat. Er läuft echt lustig, manchmal noch wie ein Welpe - vorallem wenn er Trabt. Er scheint ebenfalls mit dem sehen Probleme zu haben - wenn er dann etwas nicht genau erkennt wird er schon recht "böse" teilweise. Außerdem reagiert er extrem auf andere Hunde - ebenfalls nicht böse (in 90% der Fälle) aber er kommt dann mit der Situation absolut nicht mehr klar und ist am jammern, ziehen, total am spinnen.

Er spielt gerne und tobt mit anderen Hunden aber kommt mit Konflikten dann wiederum null klar und zieht sich zurück und wirkt dann total fertig mit der Welt.

Ich denke er leidet nicht so stark wie manch andere Hunde darunter da er doch Fortschritte macht und vieles auch gut meistert. Aber ich als Halter sehe halt ganz klar das einiges nicht stimmt und man kommt mit den "normalen" Trainingsmethoden einfach kein Stück weiter.

Bin wirklich sehr dankbar für die Antwort!

Ich arbeite mit solchen Hunden. Ein Deprivationssyndrom entsteht durch reizarmes Aufwachsen.

Eine Ferndiagnose zu stellen ist nicht professionell. Du solltest dir auch keinen Hundetrainer suchen sondern den Fokus auf Tierpsychologie setzen.

Sollte es tatsächlich so sein, ist das ein steiniger Weg . Eine Deprivationsstörung ist nicht heilbar. Auch dein Verhalten im Umgang damit ist sehr wichtig.

Diese Hunde sind dankbar auch wenn es schwierig ist. Ich wünsche euch alles Liebe


Silanor 
Beitragsersteller
 14.04.2022, 17:30

Danke für die Antwort!

Wir sind mit diversen Verhaltensberatern bis jetzt im Kontakt. Die Trainer hatten mich auch an diese geleitet da die selbst leider nicht viel Erfahrung mit solchen Hunden haben.

Ja - er ist sehr Reizarm in einem kleinen Zwinger in Griechenland aufgewachsen (Tierschutz) seine Geschwister haben alle so ihre Probleme. Ihn scheint es jedoch am meisten zu belasten. Ob er nun das Deprivationssyndrom hat oder nicht kann ich natürlich nicht sagen da ich nicht auf diesem Gebiet spezialisiert bin. Die Symptome stimmen jedoch miteinander überein. Daher gebe ich nur weiter was mir die Verhaltensberater so sagen...

Wenn du mir evtl ein paar Tierpsychologen in Baden-Württemberg/Bayern nennen könntest wäre das natürlich auch toll. All zu weit fahren sollten wir jedoch nicht - das ist für ihn Stress pur.

Danke nochmals! LG