Eltern schalten Anwalt um Ihr Kind gute Note machen?

7 Antworten

Kommt drauf an. Zu unserer Schulzeit gab's äußerst asoziale Lehrer, die Sachen von Schülern herumwerfen, Schüler ohne nennenswerten Grund anschreien, sehr klar fertigmachen oder diskriminieren also wirklich ohne pädagogischen Vorteil sehr anders behandeln als andere Schüler etc. (damit meine ich z. B. nicht, dass wenn die Klasse nicht weiß, was "Funghizid" ist, einen italienischstämmigen Schüler oder einen türkischstämmigen Schüler dessen Eltern in der Dönerbude wahrscheinlich auch Pizza machen zu fragen, an was für eine Pizzasorte ihn das Wort erinnert) Leider hat damals niemand gegen solche Lehrer geklagt.

Aber es gibt zuviele Eltern, die wg. Zeug klagen, wo man sich nur an den Kopf fassen kann. Meine z. B. nicht irgendwelche halbwegs praktikablen Handy-Ausnahmen für Diabetiker mit "Dauerpiks" (natürlich sollen auch die nicht die Dinger nutzen dürfen, um ungerechtfertigt ihre schulischen Leistungen zu verbessern).

notting

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Vorweg: ich kenne das deutsche Bildungssystem nicht besonders gut. Ich unterrichte in einem arabischen Land.

Meine Frage ist eher, was sollte ein Anwalt bewirken? Folgende Aussage ist meiner Meinung eher der Grund für schlechte Noten:

Er kritisierte, dass Schulen mit unerzogenen und teilweise talentfreien Schülern überfordert seien.

Müsste da nicht das Problem bei den Wurzeln angegangen werden, anstatt Lehrkräften, die bereits überfordert sind, mit Klagen zu drohen?

Ich kann nur von mir sprechen. Ich liebe es zu unterrichten. Aber wenn ich andauernd mit irgendwelche Klagen rechnen müsste, würde ich den Beruf an den Nagel hängen. Dann sollten die Eltern ihre Kinder selber unterrichten. Warum sollte ich etwas "ausbaden, was die Eltern vermasselt haben"? (bezogen auf die Aussage unerzogen)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Die Note einer einzelnen Klassenarbeit über die Einschaltung eines Anwaltes verändern zu wollen, ist sicher mehr oder weniger aussichtslos, da solche Arbeiten - sofern sie nicht weitgehend identisch sind mit besser bewerteten Arbeiten anderer Schüler - doch erhebliche Spielräume für Bewertungen bieten.

Ganz anders liegen die Dinge bei einer versetzungsgefährdenden Note. Hier kann der sog. Rechtsweg mit Hilfe eines Anwaltes durchaus dazu führen, dass der Schulleiter die Note korrigieren muss. Für den betreffenden Lehrer kommt es darauf an, ob er seine Note einwandfrei begründen kann. So eine Begründung kann sich z.B. auf eine sorgfältige schriftliche Dokumentation gründen. Wenn also der Lehrer nachweisen kann, dass er alle vorgeschriebenen Klassenarbeiten im rechtlich vorgeschriebenen Rahmen (rechtzeitige Ankündigung für angemessene Vorbereitung der Schüler; klare Ansagen, auf welchen Stoff sich die Klassenarbeit beziehen wird; sorgfältige Wiederholung des Stoffes vor der Arbeit) durchgeführt hat. Er muss zudem alle Noten sämtlicher Schülerinnen und Schüler gut dokumentiert haben. Er muss die Korrekturhinweise bei den Klassenarbeiten und die Notenbegründungen transparent gemacht haben. Er muss zudem laufend mündliche Noten in sein Notenbuch eingetragen haben und zudem den Schüler/die Schülerin darauf hingewiesen haben, dass eine schlechte Gesamtbilanz droht.

Wenn also der Lehrer die kritische Note in dieser Weise gut begründen und belegen kann, dann kann er eine Klage der Eltern mit ihrem Anwalt erfolgreich abwehren.

Der Anwalt muss darlegen, dass die Leistung des Schülers in Wirklichkeit besser oder gleich gut ist wie die von Klassenkameraden, die jedoch besser beurteilt wurden.

Läuft natürlich bestenfalls auf eine Feststellungsprüfung raus und damit schießt derjenige sich fast immer selbst ins Knie, weil der Lehrer seine Pappenheimer natürlich kennt und die Prüfung in aller Regel völlig problemlos so stellen kann, dass sie brutal durchrasseln.

Moin,

na ja, zunächst kannst du immer dann versuchen, eine Klage einzureichen, wenn dir ein Schaden entstanden ist. Eine schlechte Note und damit die Verminderung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt eine Arbeit finden zu können, ist ein solcher Schaden.
Gegen eine einzelne Klausurenbenotung oder eine mündliche Note ohne Außenwirkung gibt es rechtlich praktisch keinen Klagegrund. Das geht nur, wenn die Note einen Verwaltungsakt repräsentiert, wenn sie also Außenwirkung hat. Das gilt für Noten auf einem Zeugnis, die die Versetzung gefährden oder für Abschlusszeugnisnoten (Abgangs- oder Abiturzeugnisse).

Aber du hast auch recht, denn es ist (normalerweise) ziemlich schwer, gegen die Beurteilung einer Lehrkraft anzukommen.

Ich glaube, dass das Problem in derartigen Fällen woanders liegt. Im Grunde muss eine Lehrkraft ihre erteilte Note durch Leistungsnachweise belegen. Das ist bei geschriebenen Arbeiten („schriftliche Note”) ziemlich einfach. Aber für die Note aus dem allgemeinen Teil („mündliche Note”) ist das oft nicht so einfach. Klar, du kannst Tests schreiben lassen, Hausaufgabenüberprüfungen, Vokabelabfragungen, oder, oder, oder... Doch musst du dann als Lehrkraft das alles auch immer korrigieren und dokumentieren. Das ist aufwendig und kann sehr zeitfressend sein. Dazu sind die Lehrkräfte aber nicht immer bereit, diesen Aufwand zu investieren. Es ist ja auch viel leichter, ohne irgendeinen Nachweis die mündliche Note einfach grob abzuschätzen. Wie oft wurde sich gemeldet (Quantität) und wie gut waren die gegebenen Antworten (Qualität). Neulinge in dem Beruf schreiben sich solche Daten am Anfang oft noch nach jeder Stunde auf. Später erfolgt eine solche Einschätzung dann aus der Erfahrung heraus. Soweit, so gut. Das funktioniert ja auch meistens ganz ordentlich. Aber wehe, wenn dann Eltern kommen, die die Grundlagen der Beurteilungen einsehen wollen. Ohne Tests oder sonstige schriftlich fixierte Leistungsbeurteilungen kann es für eine Lehrkraft peinlich werden. Erst recht vor einem Verwaltungsgericht, wenn man dann sagen muss: „Ich habe die Note aus meiner Erfahrung heraus nach Gefühl gegeben.”

Das wird natürlich so nicht passieren. Spätestens nach dem Einreichen einer Klage gegen eine Note wird die Lehrkraft „Aufzeichnungen” über die Leistungsbewertungen haben. Aber das alles bedeutet vorher oder nachher einen großen Aufwand und eventuell Scherereien, die man sich lieber erspart. Deshalb gehen solche Lehrkräfte nach dem Motto vor: „Was interessiert es mich, ob die/der zu Beurteilende jetzt eine (verdiente) 5 oder eine (völlig unverdiente) 3 bekommt? - Nach mir die Sintflut! Ich bin mir selbst der Nächste und habe nach der Erteilung der unverdienten besseren Note meine Ruhe...”

Der Klügere gibt nach und deshalb bestimmen die Idioten den Lauf der Welt.

Um auf deine Frage zurückzukommen... der Weg ist folgender: Wenn man die Bewertung(en) einer Lehrkraft für unangemessen hält, sollte man zunächst das persönliche Gespräch suchen. Führt das zu nichts, kann man auch die Schulleitung einschalten. Ist auch das erfolglos, reicht man bei der Schulleitung einen Widerspruch gegen die Bewertung ein. Ist auch das nicht zielführend, schaltet man einen Anwalt ein (am besten einen, der sich auf Schulrecht spezialisiert hat) und reicht bei dem zuständigen Verwaltungsgericht eine Klage ein.

Doch das Recht, eine Klage einzureichen, heißt noch lange nicht, dass man damit auch Erfolg hat. Nur wenn du der Lehrkraft einen Fehler bei der Bewertung nachweisen kannst oder du aufzeigen kannst, dass die Note willkürlich (ohne Belege) erteilt wurde, könnte das klappen.
Insofern ist es von den in deinem Text erwähnten Lehrkräften weniger die Angst vor der Klage, sondern eher die Scheu, sich der ganzen Sache auszusetzen, was sie handeln lässt, wie sie handeln.

LG von der Waterkant