Einzigartige Wörter?
Hey, kennt ihr ein paar einzigartige Wörter die etwas schönes oder besonderes beschreiben? Ein Beispiel dafür wäre im deutschen Fernweh. Gerne würde ich aber auch Wörter aus anderen sprachen wissen.
Liebe Grüße
3 Antworten
Das Schweizerdeutsche besteht praktisch nur aus besonderen, oft unübersetzbaren Wörtern, die besonders oft auch lautmalerisch sind.
Ein paar spontane Beispiele:
- "verchruglet" (zerknittert oder zerknüllt, je nach Zusammenhang; man kann "verchruglet" am Morgen aufwachen oder ein Stück Papier "verchrugle")
- "Siech": ein extrem "gäbiges" (Berndeutsch für "praktisches, vielseitig verwendbares") Wort, das alles oder nichts heissen kann; ist es eine Person, heisst es ungefähr "Kerl", und dann ergänzt man es mit einem Adjektiv, um zu erklären, was für ein Kerl es ist: "en geile Siech" (ein toller Hecht), "en dumme Siech" (ein Idiot), "en Sibesiech" (ein Typ, der einfach alles kann); ist es kein Mensch, kennen wir den Fluch "Hueresiech!", was vermutlich "H*rensohn" heissen müsste, aber eigentlich mit "verdammter Mist!" übersetzt wird; "Tammisiech!" bedeutet dasselbe, und beides ist so richtig geeignet, um es auszuspucken, wenn man "hässig" (wütend, genervt) ist
- "Cheib" ist quasi der kleine Bruder vom "Siech" und wird ebenfalls mit weiteren Wörtern ergänzt, um zu spezifizieren, was für ein "Kerl" der Typ ist: "en arme Cheib" (ein armes Schwein), "en liebe Cheib" (ein lieber Kerl), "en choge Cheib" (eine mysteriöse und chamäleonhafte Formulierung, die nur durch den Tonfall erkennen lässt, was man von dem Typen hält; am ehesten übersetzt man es mit "Schlitzohr", aber eben offen, ob man das jetzt gut - im Sinne von raffiniert - oder schlecht - im Sinne eines moralisch nicht ganz gefestigten Menschen - findet)
- Wir haben ewig lange Listen von Schimpfwörtern, die wir unseren Mitmenschen anhängen können, die aber oft so milde oder niedlich sind, dass der Angesprochene es schwer hat, sich beleidigt zu fühlen - und manchmal ist es auch tatsächlich eher scherzhaft gemeint; darunter fällt der "Glöggliböög" (unübersetzbar), der "Gaggalööri" (unübersetzbar) oder "Bisch en Chueche!" ("Du bist doch ein Kuchen!", meist wenn jemand sich ungeschickt anstellt); Frauen kann man als "Zwätschge" bezeichnen (das Obst - das ist, wenn eine Frau sich dumm verhält anderen gegenüber und es nicht einmal merkt) oder als "Baabe" (ungefähr "Puppe", heisst dasselbe wie "Zwätschge", auch in der Form "e dummi Baabe")
Hoffe, das waren genug eigenartige Wörter. 😆😆
Haha! Ich habe auch mal schnell gegoogelt, und ganz offenbar gibt es viele Spekulationen, aber kaum wirklich handfest nachweisbare Zusammenhänge.
Die Luzerner Zeitung hat nachgeforscht und ist auf Hinweise gestossen, wonach der "gaggele"-Teil sich auf schlenkerende Arme (evt. eines behinderten Menschen?) oder auch auf einen Menschen, der die Zeit vertrödelt, beziehen könnte.
Der "Lööri"-Teil könnte sich auch auf "lallen" beziehen, also womöglich ein Mensch mit Sprechbehinderung.
Wir kennen auch den Schimpfnamen "Löli", das ist ein Typ, der Dinge nicht so richtig ernst nimmt. "Tuen nöd umelööle", sagt man den Kindern, wenn sie rumzappeln, anstatt sich zu konzentrieren.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/lozaerner-usdroeck-gaggalaari-ld.1141567
Auf jeden Fall sind die Schweizer Bezeichnungen sehr lustig, und mit dem passenden Tonfall klingen sie gleich nochmal so lustig. - Zu mir sagte einmal ein Schweizer - es sollte wohl Hochdeutsch sein: „Wenn Sie mir noch eimol denn Voorrtritt nehme, dann v'rrzeig iach Sie.“ Das klang so niedlich, dass ich einfach lachen musste. Das machte ihn dann so richtig wütend, und ich konnte mich zum Weiterlachen nur wegdrehen. Ich wollte ja nicht, dass er vollends ausrastete. Diese Situation vergesse ich in meinem ganzen Leben nicht.
Oh, Mann! 😅😅😅
Ich sehe ihn richtig vor mir, der Schweizer Rumpelstilz, der ausrastet und dabei nur niedlich wirkt. Schweizer verstehen auf der Strasse sowieso keinen Spass. 😅
Der Satz wirkt auf mich nach lupenreinem Schweizerdeutsch. Für Deutsche ist der Unterschied manchmal schwer zu erkennen, weil wir unser Hochdeutsch mit einem sehr heftigen Schweizer Akzent sprechen.
Das liegt daran, dass das keine gesprochene, sondern eine hauptsächlich geschriebene Sprache ist. Wir lernen daher auch nicht die deutsche Aussprache, so wie wir die französische oder englische Aussprache lernen, weil wir nicht deutsches Hochdeutsch lernen, sondern Schweizer Schriftsprache.
Geschrieben ist der Unterschied minim (obwohl es manchmal Missverständnisse gibt - kein Deutscher versteht mich zum Beispiel, wenn ich "Estrich" schreibe und damit "Dachboden" meine...), aber gesprochen klingt das übelst verschieden. 😅
Rumpelstilz, ja, das passte. Der stand an der nächsten roten Ampel (zu Fuß) neben mir und wedelte mit den Armen, so dass ich die Scheibe runterkurbelte, und dann ging sein Gezeter los. Er muss, da ich ihm anscheinend wirklich die Vorfahrt genommen hatte, dann wohl hinter mir gewesen und extra deswegen ausgestiegen sein. Das war irgendwo in Basel, ist bestimmt 40 oder 50 Jahre her, haha.
Einfach geil, oder? Meine Mutter hat das oft gesagt.
Ein Auswärtiger würde sich wunder und sich fragen, was der Schweizer meint. Will er mir sagen, dass er mich zum Fressen gern hat? Will er mir sagen, dass ich süss wie ein Kuchen bin? Will er mir sagen, dass ich der Dessert, der krönende Abschluss im Festmahl des Lebens sei?
Nein, der Schweizer will sagen: "Du stellst dich aber schon ein bisschen ungeschickt an, oder?".
Kann man sich nicht ausdenken. 🤣
Die saganatt im Norwegischen mag ich recht gerne.
Eine saga ist eine nordische Geschichte, die zwar halb erfunden aber auch halb wahr sein kann. Und die natt ist natürlich die Nacht. Die saganatt ist die Nacht, die sich über Norwegen senkt, mit Geschichten über alte Könige, Helden und Märchenfiguren wie Trollen und Elfen.
Die Sonne scheint im Sommer lange. Und wenn sie untergeht (das nennt man skymningen im Schwedischen), sieht man in den Wäldern - wenn man Glück hat - die Elche herumspazieren. Und dann wenn es dunkel ist, heißt es saganatt, die Elche mögen die Dunkelheit. Sie sind zwar auch tagaktiv, jedoch auch nachaktiv.
Und wenn es dunkel ist und klar, scheint der Mond über die Seen in Finnland und Schweden und Norwegen. Die Schweden nennen dies eine mångata, eine Mondstraße.
Bjørnafjorden in moonlight - mångata - Wiktionary, the free dictionary
(Die Band Måneskin - Mondschein - kennst du wahrscheinlich.)
Mit "Fernweh" hast du den Nagel wirklich auf den Kopf getroffen. Dieses Wort ist vom Inhalt her tatsächlich einzigartig, ich finde es aber auch vom Wortlaut her ganz besonders.
Zu den einzigartigen Wörtern im Deutschen gehört ja auch "gemütlich". Ich habe in den gängigen anderen Sprachen kein vergleichbares Wort gefunden - beispielsweise "cozy" im Englischen und "confortable" auf Französisch treffen einfach nicht all das, was in "gemütlich" noch mitschwingt.
Im Deutschen sind es viele Begriffe, die etwas mit der Seele zu tun haben, z. B. auch "Wanderlust".
Im Portugiesischen ist "saudade" wohl ein Begriff, der zutiefst die Seele anrührt.
Jetzt habe ich keine Zeit mehr, aber ich werde später darauf zurückkommen.
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Andere Begriffe, die mich im Deutschen immer wieder in ihrer Bildhaftigkeit faszinieren, die ich aber jetzt nicht einzeln erörtern will, sind "mutterseelenallein, Horizonterweiterung, sich mit einem Thema (oder auch mit jdm.) auseinandersetzen.
Im Französischen mag ich die Redewendung "Il/Elle a un œil qui dit merde à l'autre". Mir gefallen auch "enquiquiner qn." und "l'estrambòrd" (occit.).
Und damit kommen wir zu meinem Lieblingswort auf Spanisch: "estrambótico".
"Gemütlich" heisst im Dänischen "hygge". 😃
Im Schweizerdeutschen sagen wir "Gmüetli uf der Uetli!" (der Uetliberg ist der Hausberg von Zürich - da hätten wir auch gleich die Wanderlust noch dabei 😆), und das heisst "nume nöd gsprängt!" (Übersetzung unsicher) oder wie es beim Lion King heisst: "Probiers doch mit Gemütlichkeit!". 😄
"Bisch en Chueche!" Des isch 🤣 luschtig.
Gib mal bei Google "Gaggalari" (= Gaggalööri) ein. Dann kommen x² Artikel zu diesem Begriff. Lt. Schweizer Idiotikon und alemannischer Wikipedia soll das von "gagge/gaggele" (= gackern) und "laari ← laare" (= dumm schwätzen) kommen.