An die autistischen Menschen?

Support

Liebe Community,


da solche Fragen oft auch von Nutzern gelesen werden, die unter Selbstmordgedanken leiden, möchten wir den Betroffenen ans Herz legen, sich Hilfe zu suchen. Falls Ihr daran denken solltet, Euch etwas anzutun: Sprecht bitte unbedingt mit einem Menschen darüber, dem Ihr vertraut! Das kann ein guter Freund, ein Verwandter oder eine andere Vertrauensperson aus Eurem persönlichen Umfeld sein.


Ihr könnt Euch zudem jederzeit an die Telefonseelsorge wenden. Dort ist rund um die Uhr jemand erreichbar und Ihr habt die Möglichkeit, ein anonymes und vertrauliches Gespräch zu führen: 0800/1110111 oder 0800/1110222 (gebührenfrei aus dem deutschen Fest- und Mobilfunknetz).

Auf der Webseite der Seelsorge könnt Ihr auch chatten oder mailen, falls Ihr das lieber möchtet: http://www.telefonseelsorge.de/


Das Wichtigste ist: Überstürzt nichts! Tut nichts, was Euch in Gefahr bringt und was Ihr nicht rückgängig machen könnt!


An den Beiträgen anderer beobachten wir, dass es vielen Menschen sehr ähnlich geht. Ihr seid nicht alleine; es gibt immer einen Weg in eine bessere Situation. Oft braucht man nur jemanden, der einem hilft, ihn zu finden. Redet deshalb schnell mit jemandem über Eure Gedanken und gebt niemals auf!

 

Auf dieser Seite https://www.gutefrage.net/aktion/suizid-hilfe-bei-selbstmordgedanken/ haben wir für Euch weitere wichtige Hotlines, Links und Tipps zusammengestellt.


Zögert im Notfall bitte auch nicht, den Notruf 112 zu wählen!


Viele GrüßeLeonardo, Support82 von gutefrage

6 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Nein, das wünsche ich mir nicht. Ich finde es okay, dass ich Autistin bin. Und das sage ich, obwohl mich mein Autismus definitiv auch behindert. In dem Sinne, dass ich niemals alleine (über)lebensfähig sein werde, ich nicht arbeiten kann, nichts Bürokratisches übernehmen kann, ich mich mit extrem viel mentalem Kraftaufwand gerade noch so selber reinigen (aka. duschen etc.) und nach jeweils stunden- bis tagelanger mentaler Vorbereitung mal staubsaugen/aufräumen etc. kann, ... Das erwähne ich, weil oft Leute sowas sagen wie "Du hast es ja leicht, du kannst doch alles tun". Also viele Leute gehen davon aus, nur weil man das Internet benutzen und sich halbwegs verständlich artikulieren kann, hat man direkt keine Probleme mehr, die einen behindern können. Joa.

Aber ich bin nicht dafür, mir zu wünschen, ich wäre tot oder nicht autistisch, nur damit es die größtenteils ableistische Gesellschaft leichter hat. Anstatt zu wünschen, man selber wäre tot bzw. hätte eine komplett andere Neurologie - was in dem Fall auf ein und das selbe hinauskommt - wünsche ich persönlich mir, dass die Gesellschaft uns Autisten zuhört und wirklich akzeptiert. Doch ... leider erlebe ich viel zu oft, dass wir davon noch Lichtjahre entfernt sind.

Es ist nicht meine Aufgabe, mich dem Wunsch vieler, dass man Autismus heilen oder es wegtherapieren könnte etc., zu beugen. Ich bin nicht dafür da, um es anderen einfach zu machen. Ich bin nicht dafür da, das Narrativ zu unterstützen, dass das neurotypische Gehirn das bessere wäre (beide sind gleich gut, nur eben sehr unterschiedlich), dass nur die neurotypische Experience die Beste und die Korrekte wäre. Ich will nicht, dass sich die Gesellschaft auf meinen Todeswunsch ausruhen kann, nach dem Motto: "well, die sterben eh bald alle, also brauchen wir nicht unser Mindset über sie zu ändern und wir brauchen uns auch nicht um mehr Akzeptanz und Unterstützung und Verständnis uvm. zu sorgen".

Denn das ist der easy way out für Ableisten. Denn dadurch lernen sie nichts.

Ich könnte dazu noch ganz viel mehr schreiben, viele Punkte genauer beleuchten, sehr vieles erklären und, und, und, aber ... Neee, hab ich gerade keine Lust darauf. Das habe ich hier schon häufig getan. (Spoiler: ich schreib doch noch ganz viel, lol)

Kein Autist sollte einen Sterbewunsch haben, wenn dieser aufgrund von Komorbiditäten (z.B. Depression) kommt. Was sehr häufig der Fall ist. Fast alle Autisten, von denen ich bisher im Internet gelesen habe, die sagen, sie wollen aufgrund ihres Autismus sterben, haben mindestens noch Depression dazu, wenn nicht sehr oft sogar noch mehr und sind nicht selten Opfer von Ableismus.

Was mir ebenfalls auffällt: Sehr oft geben sich diese Leute selbst die Schuld für ihr Versagen. Sie sagen z.B, dass es sie schmerzt und sie leiden, weil sie non-verbale Signale nicht deuten können. Sie hassen es, dass sie ihre Freunde ungewollt und unbewusst verletzen. So, hier ist der Knackpunkt: All diese Dinge sind Probleme, die sehr viele Autisten haben. Die Lösung ist es, seine eigenen, autistischen Grenzen, Stärken und auch Schwächen wahrzunehmen. Wenn man keine non-verbalen Signale deuten kann z.B, kommuniziert man dies direkt und sagt "Hey, Leute, bitte sagt mir einfach direkt, was ihr wollt" und wenn Leute das nicht tun wollen, dann sorry, aber Hasi, es ist nicht dein Problem wenn sie das nicht gebacken kriegen. Du musst nicht nach deren Belieben tanzen, sozusagen.

Und wenn du sie unwissendlich verletzt? Dann sollen sie es dir sagen. Wenn du sie dann noch weiter verletzt, obwohl du weißt, dass es ihnen wehtut, dann bist du ein schlechter Mensch, aber das hat nichts mit deinem Autismus zu tun. Autismus wird von sehr vielen mit negativem Verhalten assoziiert, was auch schon sehr bezeichnend ist. (Ich muss mich zusammenreißen, jetzt nicht in das Thema abzuschweifen, weil dazu könnte ich auch so einiges sagen.)

Sie müssen klar und deutlich mit dir kommunizieren.

99% der Probleme könnten mit Dingen wie besserer Aufklärung, weniger Ableismus, mehr Akzeptanz, mehr Unterstützungen (auch amtliche, finanzielle usw.), Entstigmatisierung, besseren Hilfsmitteln usw. gelöst oder zumindest zu einem weitaus erträglicheren Maße reduziert werden.

Aber die Gesellschaft findet es verpöhnt, zu sagen "Ich bin nicht das Problem, sondern die Gesellschaft". Denn das hört sich so ... narzisstisch an. Doch wenn 9 von 10 Leuten eine autistische Person anmeckern, weil sie sich autistisch verhält und autistische Schwierigkeiten hat (wie ein Blinder, der nicht sehen kann), dann verhalten sich die 9 Leute falsch.

Die allermeisten Autisten brauchen andere Autisten, brauchen die Community - Alleine schon wegen sowas.

Schau, stell' dir Folgendes vor: Eine Person ist von Geburt an blind. Sie benutzt jedoch keine Blindenschriften (Braille), keinen Blindenstock, keinen Blindenhund, sie warten an der Ampel nicht auf das Klackersignal (ich weiß nicht, wie das heißt), usw. usf. Nein, stattdessen wünscht sie sich, sie wäre nie geboren worden, weil sie blind ist. Sie tut jeden Tag alles, um zu sehen, sie versucht jeden Tag, mit aller Kraft, so zu tun, als könne sie alles sehen, genau so, wie es die nicht-blinden (sehenden?) Menschen können.

Aber sie wird es niemals können.

Weil sie blind ist.

Hört sich das für dich, der das hier liest, dämlich an? Ja? Sehr schön. Nun ersetze "blind" durch "autistisch" und Dinge wie z.B. "Blindenstock" durch z.B. "Stim-Toys". Das ist das selbe nur in Grün. Aber hast du jemals eine blinde Person getroffen, die Hilfe für ihre Behinderung durch alltägliche Hilfsmittel kontinuierlich ablehnt, obwohl sie diese dringend bräuchte, die alles daran setzt, sich nicht blind zu "verhalten", nicht blind "auszusehen", weil ... "es könnte andere ja stören"? Also ich habe davon bislang noch nichts gehört. Und wie viele Autisten betreiben täglich Masking? ... Ja ... Da sieht man's mal.

Die allermeisten Menschen mit unsichtbaren Behinderungen werden darauf konditioniert, sich "normal" zu verhalten, ihre eigenen Grenzen zu ignorieren, nicht aufzufallen etc. Das wird nicht ernst genommen. Denn man sieht die Behinderung nicht (direkt). Sie hat kein Aussehen. Sie ist kein Mensch ohne Beine. Also ist es doch nicht so wild, gell? (Doch, ist es.)

Okay, jetzt bin ich wirklich fertig. Na ja, eigentlich noch lange nicht, aber du verstehst schon.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin diagnostizierte Autistin (Keine Selbstdiagnose)👽

Ich bin Asperger-Autist und liebe das Leben. Tatsächlich bin ich in gewisser Weise froh, diese Neurodiversität zu haben.

Ich bin ständig dabei, irgend etwas Wissenschaftliches zu lernen und erfreue mich meines Wissensdurstes. Durch meine Arbeit habe ich gelernt, mit meinen Defiziten in Sachen Kommunikation klar zu kommen und habe sogar gelernt, Smalltalk zu betreiben. Die meisten Leute, mit denen ich zu tun habe, merken nicht mal etwas von meinem Autismus.

Wenn ich alleine bin, lebe ich meinen Autismus bewusst aus und widme mich meinen (zugegebenermaßen etwas seltsamen) Spezialinteressen. Ich möchte besonders über Naturwissenschaften (Hauptsächlich Physik mit ihren einzelnen Disziplinen) alles wissen und begreifen.

Um an Selbstmord zu denken, bin ich viel zu neugierig.


kiniro  25.11.2024, 18:26

Ich bezeichne mich als Autistin und bin sehr daran interessiert, viel über Autismus zu erfahren.

Da es auf deutschsprachigen Seiten - bis auf wenige Ausnahmen - ziemlich bescheiden aussieht, suche ich auf englischsprachigen Seiten.

Deinen letzten Satz unterstreiche ich dick und fett.

Gegsoft  25.11.2024, 19:09
@kiniro
Ich bezeichne mich als Autistin und bin sehr daran interessiert, viel über Autismus zu erfahren.

Da haben wir etwas Gemeinsames.

Wenn Du mehr über Autismus erfahren willst, empfehle ich Dir diese Playliste von Tom Harrendorf auf Youtube. Da gibt es weit über 200 Videos, in denen (fast) alles erklärt wird, was es mit Autismus auf sich hat. Der redet zwar viel, aber er bringt auch viele Informationen rüber.

kiniro  25.11.2024, 19:25
@Gegsoft

Okay - werde ich bei Gelegenheit mal reinhören.
Ich habe schon einiges Interessantes bei Mark Benecke gefunden.

KitKat12345765 
Beitragsersteller
 21.11.2024, 00:42

Und was arbeitest du ?

Gegsoft  21.11.2024, 00:45
@KitKat12345765

Ich lebe im Norden von München und arbeite als Prüfer für Geräte der Unterhaltungselektronik in einem Betrieb für Elektroschrott. Das ist genau mein Ding, weil das auch eins meiner Hobbys ist. Wegen meines umfangreichen Wissens bin ich in allen technischen Fragen der erste Ansprechpartner.

KitKat12345765 
Beitragsersteller
 21.11.2024, 00:42

Super:) lebst du in einer Großstadt oder am Land?

Ich glaube selbst mit dieser Krankheit kann man ein gutes Leben haben. Jedes Leben ist wertvoll! Natürlich erschwert eine Krankheit oder Beeinträchtigungen das Leben, aber man sollte sich NIE aufgeben! Man sollte sich Hilfe holen /annehmen. Das Umfeld spielt auch eine große Rolle dabei, das man gut zurecht kommt und Spaß am Leben hat! Familie und Freunde sind sehr wichtig!!!! Man hat sein Leben geschenkt bekommen und sollte das Bestmögliche daraus machen. 👍😎

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Nein - aber ich wünsche mir, dass endlich richtig über Autismus informiert wird.

Es nervt mich tierisch, wenn ich Dinge wie

  • ist eine Krankheit / Erkrankung
  • Probleme mit Augenkontakt = ASS
  • sind in ihrer eigenen Welt
  • brauchen unbedingt festgelegte Routinen / Strukturen
  • sind entweder hochbegabt oder geistig retardiert
  • sind gut in Mathe
  • verstehen absolut keine Ironie
  • fuchteln ständig mit den Händen rum
  • haben starken / schwachen Autismus
  • haben eine Inselbegabung

lesen muss.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – ASS-Diagnose mit 50 / über 20 Jahren im Thema

KitKat12345765 
Beitragsersteller
 25.11.2024, 19:38

Und wo steht das hier irgendwo? Irgendwas von dem, was du geschrieben hast ?

kiniro  25.11.2024, 21:27
@KitKat12345765

Das "Nein" am Anfang meines Textes ist die Antwort auf deine Frage.

Ich habe nur darauf hingewiesen, was ich als die größeren Probleme im Zusammenhang mit Autismus sehe.

Gerne

Aber das liegt nicht am Autismus

Damit habe ich kein Problem :)

Wenigstens bin ich nicht so verdammt langweilig und normal


anakinskyflyer  19.12.2024, 18:16

Aber: Gerne sehe ich kritisch ! Gut finde ich; Du bist nicht langweilig! Und, was ist dchon normal?