Wahrheit lässt sich nicht definieren, laut dem "Münchhausen Trilemma". Einwände?
Was ist Wahrheit?
Laut dem "Münchausen Trilemma" lässt sich Wahrheit erst gar nicht definieren, jede Begründung der Wahrheit führt entweder zu einem unendlichen Regress, zu einer dogmatischen Voraussetzung oder zu einer zirkulären Argumentation.
Beispiel unendlicher Regress:
- „Warum ist diese Aussage wahr?“
- „Weil sie aus einer wahren Prämisse folgt.“
- „Warum ist die Prämisse wahr?“
- „Weil sie aus einer anderen wahren Prämisse folgt.“
- … (endlos weiter)
Irgendwann wird die Begründung einfach als gegeben angenommen, also dogmatisch vorausgesetzt, ohne weitere Rechtfertigung.
Beispiel dogmatische Voraussetzung:
- „Warum ist diese Aussage wahr?“
- „Weil sie in einem anerkannten Lehrbuch steht.“
- „Warum ist das Lehrbuch zuverlässig?“
- „Weil es von Experten geschrieben wurde.“
- „Warum sollte ich den Experten glauben?“
- „Weil sie Experten sind!“
Beispiel zirkuläre Argumentation:
- „Warum ist die Bibel wahr?“
- „Weil sie das Wort Gottes ist.“
- „Woher wissen wir, dass sie das Wort Gottes ist?“
- „Weil es in der Bibel steht.“
Eine „letzte Begründung“ für Wahrheit ist gar nicht zu finden.
Weiterführende Infos:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wahrheit#Einw%C3%A4nde_gegen_den_Begriff_der_Wahrheit
(zweiter Absatz)
7 Antworten
Warum ist die Bibel wahr
Dein Beispiel mit der Bibel ist komplett absurd, weil diese Behauptung noch nie der Wahrheit entsprach. (Da gibt es bestenfalls ein paar Trottel die glauben, das Eva von einer Schlange verführt wurde)
Wenn ich dir aber erzähle, im Schliessfach Nr 37 beim Bahnhof Steinberg ist meine Sporttasche, dann entspricht das der Wahrheit weil es überprüfbar ist. Deine verführte Eva hingegen kann nicht überprüft werden, und weil das Märchen so dämlich ist, muss sie auch nicht überprüft werden.
Dem widersprechen ich.
Wie lang ist dieses Brett ?
80 cm. Das ist eine messbare Wahrheit.
Ob etwas wahr ist, bemisst sich danach, ob es der Realität entspricht. Da kann die Wissenschaft weiter helfen. Und meine eigene Anschauung. Wenn ich wissen will, ob es Bielefeld gibt, kann ich hinfahren und so diese Wahrheit herausfinden.
Es gibt aber viele Fragen, die sich so nicht beantworten lassen. Das sind gerade besonders spannende Fragen, wie: Gibt es einen Gott? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Was macht die Realität letztendlich aus? Wer bin ich in meiner Essenz?
Da kommt Glauben mit ins Spiel. Und wenn mich ein Glauben, den ich nicht nachprüfen kann, nicht zufrieden stellt, dann habe ich nur noch die Möglichkeit, selbst auf die Suche zu gehen und Erfahrungen zu sammeln. Dabei kann eine Praxis wie die Meditation weiter helfen.
Das Münchhausen-Trilemma hat nichts mit der Definition von Wahrheit zu tun, sondern - wie Du ja auch völlig richtig darlegst - mit Begründungszusammenhängen.
Mit der Definition von Wahrheit hat sich unter anderem Alfred Tarski in seiner Schrift "Der Wahrheitsbegriff in den formalen Sprachen" beschäftigt. Er kommt dort zu dem Schluß, daß sich der Wahrheitsbegriff in gewissen formalen Sprachen, aber nicht in allen, allgemein definieren lässt, nicht aber in den natürlichen Sprachen. Er formuliert das Wahrheitsschema "p ist wahr gdw p", also z.B. "Der Satz 'Schnee ist weiß' ist wahr gdw Schnee weiß ist", aber damit wird nur die Wahrheit jeweils eines Satzes definiert, es ist keine allgemeine Definition der Wahrheit.
Karl Otto Apels transzendentalpragmatische Widerlegung des Münchhausen-Trilemmas finde ich in ihrer Argumentation sehr überzeugend. Seine transzendentalpragmatische Letztbegründung überwindet das Münchhausen-Trilemma, indem sie zeigt, dass jeder ernsthafte Diskurs bereits unvermeidliche Voraussetzungen anerkennen muss. Wer argumentiert, hat immer schon die Gültigkeit von Vernunftprinzipien und die Möglichkeit rationaler Verständigung vorausgesetzt. Das Trilemma behauptet, jede Begründung müsse entweder in einem infiniten Regress, einem Zirkelschluss oder einem dogmatischen Abbruch enden. Apel dagegen demonstriert, dass bestimmte normative Grundlagen des Argumentierens nicht widerlegt werden können, ohne sie performativ bereits zu beanspruchen. Die Forderung nach Letztbegründung wird nicht durch willkürliche Setzung erfüllt, sondern durch den Nachweis, dass selbst ihre Bestreitung diese implizit bestätigt. Wer etwa die Gültigkeit logischer Gesetze bestreitet, muss sie im Akt der Infragestellung bereits anwenden. Diese unumgehbare Voraussetzungen des vernünftigen Diskurses bildet den archimedischen Punkt einer Letztbegründung, der den drohenden Regress stoppt. Dies geschieht nicht als dogmatische Behauptung, sondern als Einsicht in die Bedingungen der Möglichkeit rationaler Argumentation. Die Bestreitung von Wahrheit wird so zum performativen Selbstwiderspruch, weil der Argumentierende immer schon in einem rationalen Diskurs Wahrheit als prinzipiellen Geltungsanspruch erhebt, während er sie im Inhalt seiner Aussage bestreitet. Denn ohne die Voraussetzung von Wahrheit kann es keine vernünftige Rede geben, da den Sprechern dann das entscheidende Kriterium fehlt, um die Wahrheit oder Falschheit ihrer Aussagen zu prüfen.