Frage an eher politisch linke Menschen (Vorurteile abbauen)?
Die meisten links denkenden Menschen kommen mit unsympathisch vor, allerdings habe ich kaum linke Menschen in meinem Umfeld, sodass ich dachte, ich versuche mal meine eventuellen "Vorurteile" aufzuzählen und ihr könnt mich überzeugen, dass es nicht in der Form zutrifft.
1. Ich habe das Gefühl, dass Linke Menschen Gerechtigkeit nur am Punkt Geld festmachen.
Ich bin Autist und werde von der Gesellschaft ausgeschlossen, da ich anders bin, obwohl ich meistens nett bin. Ich habe von Geburt an Nachteile Freunde zu finden bzw eine Freundin. Warum interessiert diese Ungerechtigkeit euch nicht? Ich meine wenn z.b jemand jahrelang einsam ist, dafür viel Geld hat, ist es doch genauso schlimm wie wenn man wenig Geld hat dafür im sozialen Bereich sehr viel hat.
2. Mir kommt es vor als würdet ihr nur Sachen fordern, solange es euch nicht betrifft (also z.b höhere Steuern für Reiche), aber wenn ihr selbst betroffen wärt, fändet ihr es plötzlich blöd. Bzw ihr könntet Leuten die es noch schlechter geht als euch (z.b Obdachlosen) helfen, aber die meisten von euch machen es höchstens halbherzig.
3. Mir kommt es vor als würdet ihr immer denken, ihr wärt moralisch im Recht und andere Ansichten sind automatisch falsch.
Z.b als ich zum Thema Abtreibung mal geschrieben habe, dass ich Abtreibung prinzipiell in Ordnung finde, aber es moralische Fragen gibt (z.b bis welche Woche, ob man aufgrund Behinderung abtreiben soll), wurde ich gleich hart angegangen (von mutmaßlich links denkenden Menschen), dass ich als Mann da kein Mitspracherecht hätte, usw.
Ich hätte noch mehr Punkte z.b bei Außenpolitik, aber ich denke 3 Punkte reichen erstmal.
Danke für die Antworten und noch einen schönen Dienstag.
7 Antworten
Toll dass du so eine Frage stellst! Austausch und Kommunikation sind wichtig! So wird die politische Mitte gestärkt und Diktatur, Spaltung, Faschismus verhindert! Ich bin kein Linker mehr, sondern eher so mittig, aber war es mal und große Teile meiner Familie sind es auch nach wie vor. Also werde ich versuchen dir deine Fragen bestmöglich zu beantworten.
1. Ich habe das Gefühl, dass Linke Menschen Gerechtigkeit nur am Punkt Geld festmachen.
Ich denke du verstehst hier etwas falsch. Hier geht es nicht um Einzelfälle wie dich oder Person XY, sondern um systematischen Machtmissbrauch, wo Reiche durch Lobbyismus die Politik und das Leben, das Wohnen etc. kontrollieren. Die Linken sind zudem eig. sehr wohl dafür bekannt, sich für die Rechte eingeschränkter Menschen einzusetzen. Es sind die Rechten, speziell die Ultrarechten gewesen, die im 2. Weltkrieg kranke Menschen vergast haben. Linke setzen sich zudem auch für Bildung für alle ein, also nein es geht nicht nur um Geld. Dass du keine Freundin als Autist findest, muss mit dem Autismus überhaupt nichts zu tun haben, es finden 6 von 10 jungen Männern keine Freundin mehr, das liegt am Feminismus. Der Feminismus ist durchaus links-politisch, hier kann ich deine Sorge verstehen. Es macht aber auch keinen Sinn alles in links vs. rechts einzuteilen. Ein Linkswähler supportet nicht automatisch ALLES was die Linken tun.
2. Mir kommt es vor als würdet ihr nur Sachen fordern, solange es euch nicht betrifft (also z.b höhere Steuern für Reiche), aber wenn ihr selbst betroffen wärt, fändet ihr es plötzlich blöd. Bzw ihr könntet Leuten die es noch schlechter geht als euch (z.b Obdachlosen) helfen, aber die meisten von euch machen es höchstens halbherzig.
Das ist unwahr. Es gibt z.B. eine Reiche Erbin, die ihr Geld aus politischer Überzeugung gespendet hat. Das heißt sie hat Millionen Euro geerbt und es abgegeben, weil sie diese Macht ablehnt. Auch unwahr ist es, dass jemand wie ich, der für die Reichensteuer ist, nicht auch selbst ärmeren Menschen hilft. Vor einigen Wochen habe ich 70€ für zwei bulgarische Obdachlose ausgegeben, habe ihnen Essen für eine Woche samt Verpflegung und alles gekauft. Ich spende auch jedes Monat an Greenpeace für den Bienenschutz und setze mich selbst für Dinge ein. Auch von anderen Linken kenne ich das. Mir scheint du erliegst rechter Propaganda.
3. Mir kommt es vor als würdet ihr immer denken, ihr wärt moralisch im Recht und andere Ansichten sind automatisch falsch.
Das ist wahr, das ist mir bei Linken auch schon aufgefallen. Allerdings vermischt du wieder mal in deinem Beispiel LINKS-Politik mit MODERNEM FEMINISMUS. Man kann auch eher links sein, weil man für Umweltschutz und eine gewisse Energiepolitik einsteht, aber das ganze Feminismus, LGBTQ Zeug trotzdem nicht gut finden. Man muss aber dazu sagen, dass Linke sehr oft ihr Wissen aus wissenschaftlichen Quellen beziehen. Dass sie so selbstüberzeugt liegt nun mal daran, dass sie meistens auch damit Recht haben, was sie sagen. Eine gewisse Überheblichkeit ist aber vorhanden, das stimmt.
Ich hätte noch mehr Punkte z.b bei Außenpolitik, aber ich denke 3 Punkte reichen erstmal.
Wann immer du willst, frag gerne.
Danke für die Antworten und noch einen schönen Dienstag.
Dir auch einen schönen Dienstag!
Ich bin dafür, dass die Gesundheit und das Leben von gutmütigen Menschen und Tieren geschützt werden. Außerdem bin ich Internationalist. Das gilt als links.
Erst einmal finde ich es sehr gut von dir, dass du bereit bist, auch die Sichtweise von Linken zu hören und ihnen die Gelegenheit gibst, dir auch evtl. eine andere Sicht zu bieten. Ich möchte es ebenfalls mal versuchen.
1. Selbstverständlich behandeln "wir Linke" in erster Linie Ungerechtigkeiten, die infolge der kapitalistischen Produktionsweise entstehen. Das ist einfach der Ursprung der Linken. Doch rückte schon seit jeher Gerechtigkeit für sämtliche Bevölkerungsgruppen, auch unabhängig vom Geld, in den Vordergrund. Deshalb verwundert es mich auch etwas, dass du bisher nicht von ausgingst, dass uns die Probleme von Menschen mit zum Beispiel Autismus interessieren würden. Das Gegenteil ist der Fall.
2. Natürlich betreffen uns Forderungen nach - wie du hier z.B. anführst - höhere Steuern für Reiche nicht, da wir genau dieser Bevölkerungsgruppe antagonistisch gegenüberstehen. Btw nicht nur wir, sondern alle Arbeiter. Die Forderungen von Arbeitern nach z.B. mehr Lohn laufen immer antagonistisch zu jenen der Kapitalisten, da sie eben auf Profitmaximierung angewiesen sind & die Arbeiter eben auf mehr Lohn, um überleben zu können.
3. Ich verstehe was du meinst. Es gibt sicherlich einige, genauso wie es sie in jeder politischen Richtung gibt, welche sich moralisch überlegen fühlen. Doch ist das nicht der Normalfall - erneut: genauso wie in jeder politischen Bewegung.
Ich hoffe ich konnte dir einen etwas anderen Blick darauf bieten, gerne nachfragen bei weiteren Fragen o.ä.
Vom Temperament her bin ich eher konservativ. Ich würde gern möglichst viel von dem bewahren, was mir im Leben gefallen hat. Der Kontakt mit Freunden und Bekannten, die Möglichkeit, in die Natur hinauszugehen.
Da mir im Laufe meines Lebens aufgefallen ist, dass viele diese Möglichkeit nicht haben, wünschte ich mir, dass sie die auch hätten. Aber inzwischen haben weder die Eskimos am Rande des Eismeers noch die indigenen Völker im tropischen Urwald im Amazonasgebiet einen Zugang zu Natur, die nicht durch Plastik und Gifte Tiere und Menschen schädigt. Und gegen diese Entwicklung habe ich etwas.
Insofern bin ich für viele Veränderungen, damit möglichst viel menschenfreundliche Natur erhalten bleibt. Und deshalb gelte ich in meinem Umfeld als links, und das (aus meiner Sicht) nur, weil die SPD und die Grünen sich gegenwärtig weniger für Benachteiligte einsetzen, als das früher der Fall war. Selbst in der FDP gab es früher führende Politiker, die eine ausgesprochen soziale Einstellung hatten wie Gerhart Baum und Burkhard Hirsch.
Mit dir bin ich der Meinung, dass Menschen aus unserem Umgang uns wichtiger sein sollten, als Tiere und auch Pflanzen und unbelebte Natur. Deshalb habe ich auch die Gelegenheit genutzt, mit einem Autisten einen Briefwechsel anzufangen. Das wurde ihm freilich bald zu langweilig. Wenn du uns fragst, bekommst du hoffentlich möglichst viele unterschiedliche Antworten, das könnte für dich interessanter sein.
Gut, dass du auf uns zugegangen bist, das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass du mit manche Aussagen etwas anfangen kannst.
Gutefrage.net hat mich auf eine Frage von vor 9 Monaten hingewiesen, wo auch jemand klagte, dass er schlecht Kontakt fände. Ich denke, du hast es mit deiner Frage geschickter angestellt, aber irgendwie finde ich, dass auch er sich zu Recht ungerecht behandelt fühlt:
"Ich bin armutsbetroffen und habe keine Freunde. Ich gebe mir viel Mühe Anschluss zu finden, aber die anderen drehen mir nur den Rücken zu. Versuche ich eine Person einzeln anzusprechen, wurde ich später von der gesamten Gruppe ausgelacht. Das war auch schon in der Grundschule so.
Als wir in der Schule über das Thema "Markenkleidung" gesprochen haben, meinte eine Mitschülerin, dass niemand Gucci tragen müsse, aber Polo RL müsse es schon sein. Meine Lehrerin hat es abgenickt. Eine andere Klassenkameradin sagte, dass sie nichts gegen ärmere Menschen hätte, die aber in ihren Augen einfach mehr arbeiten müssten, damit sie so erfolgreich wie sie bzw. ihre Eltern werden. Dann könnten sich alle teure Sachen leisten. Weitere stimmten zu, dass es nur an der angeblichen Faulheit läge. Meine Lehrerin hat nichts dazu gesagt, sondern alles nur abgenickt und zugestimmt.
Meine Vertrauenslehrerin meinte, dass ich halt endlich mal weniger arm sein müsse..."
Aber er hat das natürlich nur aus seiner Sicht geschildert.
Ich würde mich selbst als linkskonservativ (Richtung BSW) bezeichnen und ich finde du wirfst viele Dinge in einen Topf bzw. beziehst du dich größtenteils auf die heutigen linksliberalen (SPD, GRÜNE, LINKE).
1. Naja das ist die Grundidee, aber da gibt es verschiedene Ansichten. Aber wir leben nun mal in einer Gesellschaft, in der das Vermögen entscheidend ist über viele Vorteile bzw. Nachteile gegenüber anderen Menschen. Klar muss man da ansetzen, wo denn sonst?
Gibt total linksliberale Autisten und auch eine autistische Community, vor allem bei den US Liberals. Wenn es nach denen gehen würde, würde dein Autismus deine ganze Identität ausmachen und du wärst längst als ein Opfer der Gesellschaft angenommen mit Millionen Subventionen für unsinnige Projekte. Möchtest du das? Nun ja, andererseits verstehe ich deinen Punkt mit der moralischen Doppelmoral bezüglich der linksliberalen...
2. Wie sollen denn ohnehin schon sehr arme Menschen denn noch Obdachlose durchfüttern können? Viele sind drogenabhängig, da liegt entweder dennoch Eigenverantwortung im Spiel ODER der Staat muss die Aufgabe übernehmen, was aber vielen Liberalen zu weit gehen würde.
Andererseits gibt es natürlich das Großstadtklientel der Grünen, naja sie könnten helfen da diese Wählerschaft oftmals besser aufgestellt ist. Meine Ansicht ist, dass diese Wähler so ticken, um selbst ein gutes Gewissen zu bekommen. Hier muss also wieder differenziert werden.
3. Bezogen auf die Gesellschaftspolitik sind das genau die Linksliberalen, die ich hier schon erwähnt hatte. Ich bin persönlich auch für eine Verschärfung des Abtreibungsrechts. Diese woke Denkweise stammt ebenso aus den USA, lehne ich aber konsequent ab. Denn so wird Spaltung geschaffen, durch diese Moralisierung und die Aufteilung in "privilegierte" und "opfer" -Gruppen bei solchen Debatten.
Bezüglich der Außenpolitik kannst du mich gerne auch privat anschreiben, das ist mein Spezialgebiet.
Ich hoffe, ich konnte dir eine andere Perspektive zeigen. Es ist komplizierter als "Links" und "Rechts".