Warum ist studieren so kompliziert? Hochschulsystem?
Ich mache einen Zwei-Fächer-Bachelor mit 60-40-Verteilung, ähnlich wie Lehramt. 7. Semester Musik und Deutsch. Dazu kommt, dass mein Hauptfach Musik zur Hälfte an der Uni und an der Musikhochschule stattfindet, deswegen bin ich bei beiden immatrikuliert. Das macht inhaltlich Sinn, Klavier spielen lernt man an einer Hochschule nun mal besser. Heißt aber auch: Ich muss mich jedes mal durch zwei Strukturen graben, bevor ich mich zurechtfinde. Zwei Standorte, Sekretariate und Studienverlaufspläne, drei Fachbereiche und drei Websiten.
Wenn ich also meinen Stundenplan machen will, hab ich drei Fenster auf, weil es eben nicht eine Gesamt-PDF gibt, sondern ich mir das von drei Websiten zusammensammeln muss. Die Website der Hochschule ist optisch wie funktional auf dem Stand von 1999, anrufen geht aber auch nicht, weil die Büroleute alle gleichzeitig gekündigt haben. Das gleiche bei Prüfungsanmeldungen und Hausarbeiten. Die Fristen und Vorlesungszeiten sind auch immer andere. Ich habe mehrere Versäumnisse/durchgefallen auf meinem Zwischenzeugnis, weil ich damit durcheinandergekommen bin oder weil sogar der Professor himself mir falsche Angaben gemacht hat, weil er es selbst nicht blickt. Und ich soll jetzt dafür gerade stehen. Was zur Hölle ist los mit dem Hochschulsystem?
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2 Antworten
Das klingt nicht kompliziert.
Das Ganze klingt mehr nach einem von vorne rein desaströs geplant und umgesetzten System, das nun eben stückweise zusammenfällt und keiner mehr wirklich einen Überblick hat. Dass gerade offizielle Internetpräsenzen oft einfach katastrophal umgesetzt sind, ist ja auch gerade hierzulande (leider) nichts mehr Neues. Aber das solltest du alles auch nicht gefallen lassen und definitiv Beschwerde einreichen. Es ist ja nicht deine Schuld, wenn dir falsche Informationen weitergegeben werden.
Dass es kompliziert ist, ist denke ich der Preis dafür, dass es überhaupt geht.
Ich hatte in meinem Studium einen ziemlich hohen Anteil an CP, die ich durch fachfremde Lehrveranstaltungen erfüllen musste, also mindestens aus einem anderen Fachbereich. Durch den Hochschulverbund in der Region hatte ich jedoch auch die Möglichkeit, Veranstaltungen an ganz anderen Fachbereichen an anderen Hochschulen als Nebenhörer zu belegen. Und dazu kommt, dass ich auch noch ein Auslandssemester gemacht habe und mir dort belegte Kurse ebenfalls habe anrechnen lassen. Deshalb setzen sich die Noten auf meinem Abschlusszeugnis zusammen aus Modulen an drei verschiedenen Universitäten in zwei Ländern und einer Fachhochschule. Oh ja, ich musste in vielen Sekretariaten innerhalb der spärlichen Öffnungszeiten nachfragen, wie dieses oder jenes geht. Ich musste viele Professoren mehrfach anschreiben, stand vor vielen aus unerklärlichen Gründen geschlossenen Türen, musste viele Menschen darauf hinweisen, dass ihre eigene Institution diese oder jene Regelungen hat, die mir bestimmte Sachen eben doch erlauben. Ich musste mich mit einigen Dozenten gut stellen, für die ich nichts anderes war als irgendwo ein komischer Sonderfall, der noch mehr Arbeit macht. Einmal musste ich mein Anliegen mit dem AStA bis zum Präsidium vorbringen, bevor gemacht wurde, wie ich wollte. Einmal musste ich zwei Stunden mit der Regionalbahn fahren, um meine Projektarbeit beim Professor zu Hause abzugeben, weil ich in der Stunde der offiziellen Abgabe aufgrund einer Stundenplanüberschneidung nicht anwesend sein konnte.
War es anstrengend? Ja. Hätte man es mir leichter machen können? Ja. Hätte ich es mir selbst leichter machen können? Ja. Bereue ich den Weg? Nein. Ich denke, es hat sich gelohnt, und ich hatte durch diese grundsätzliche Möglichkeit ein tolles Studium.
Du spielst ein Instrument? Vergleiche es doch damit: Warum hast du dir die Mühe gemacht, es zu lernen? Wäre doch einfacher gewesen, sich die Musik mit Handy oder CD-Player einfach abzuspielen, wenn man sie hören will.