Wozu muss man in der Schule Gedichte lernen?

14 Antworten

Du kannst im Prinzip bei ALLEM Lehr- und Lernstoff diese Frage stellen.
Für den Einzelnen wird das auch nie zutreffen, dass ALLES, was er lernen musste, auch tatsächlich von Bedeutung für ihn persönlich sein wird im späteren Leben.
Von daher wird ein Lehrplan immer einen Kompromiss darstellen und darstellen müssen.
Man wird wohl auch keinen Schüler groß durch Argumente beeindrucken, wenn er speziell etwas ablehnt.
Ein solches Argument wäre in Bezug auf das Gedichtelernen etwa:
- eine wirklich intensive Beschäftigung mit Literatur, hier eben dem Gedicht (nicht nur 'mal-schnell-drüberlesen'. 'Okay, Handlung verstanden, interessiert mich nicht').
- Fortführung und aktive Teilhabe an einer kulturellen Tradition.

Aber okay. Mich hat es damals auch nur bedingt interessiert.
Aber gerade jetzt bin ich wieder mal in einer Phase, wo ich das sehr ansprechend finde und tatsächlich - mit vielen Jahren Abstand zum Schülersein - in letzter Zeit einige Gedichte auswendig gelernt habe und feststellen muss/darf, dass die Samen von damals am Aufgehen sind. Wer hätte das gedacht...




Lostdeepboy  10.05.2020, 17:37
Ein solches Argument wäre in Bezug auf das Gedichtelernen etwa:
- eine wirklich intensive Beschäftigung mit Literatur, hier eben dem Gedicht (nicht nur 'mal-schnell-drüberlesen'. 'Okay, Handlung verstanden, interessiert mich nicht').
- Fortführung und aktive Teilhabe an einer kulturellen Tradition.

Wenn ich ein Gedicht lernen muss, dann lerne ich es stumm auswendig und vergesse es sofort, nachdem ich es aufgesagt habe...

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Jay2020  18.05.2021, 09:19
@Lostdeepboy

Also witzigerweise kann ich heute noch Goethes Zauberlehrling teilweise auswendig, obwohl ich's auswendig lernen musste. Das ist jetzt bestimmt schon / oder mehr Jahre her, wahrscheinlich sogar noch länger...

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Hallo franzalf,

also zum Einen gehört es zum Allgemeinwissen und zu unserer Kultur manche Gedichte eben zu kennen.. zum Anderen steht nicht einfach das Können eines Gedichts im Vordergrund. 

Es gehört immer noch viel mehr dazu, als einfach nur zu lernen, wo nun der Schnittpunkt ist. 

Wenn du etwas auswendig lernst, machst du vieles... durchhalten, dich nach dem Sinn fragen.. fragen ob das wirklich nötig ist, du arbeitest an deiner Frusttrationstoleranz.. das ist gerade bei dir sehr aktiv :D

Das kennen auch viele, was du fühlst. Sowas denkt man bei vielen Sachen. 

Man muss halt manchmal echt lange rumbohren, um nen Sinn zu finden.. aber es gibt niee nur eine Möglichkeit.. es gibt immer mehrere.. man muss sie nur finden. 
Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten, um die Dinge zu lernen.. aber so ist das halt.. ^^ 

Lostdeepboy  10.05.2020, 17:31

Gedichte sind pure Folter...

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In der deutschen Schule werden wahrscheinlich so wenige Gedichte auswendig gelernt wie in kaum einem anderen Land. Ein Monteur aus Serbien erzählte mir mal bei seiner Arbeit im Bad, wie viele Gedichte er in Serbien gelernt hatte und wie schlecht die deutsche Schule sei, weil seine Kinder da kaum Gedichte lernten. Dann trug er begeistert serbische Gedichte vor! Seine Begeisterung war ansteckend, obwohl ich kein Wort verstand. 

Eine Reihe von Gedichten sollte man auswendig lernen

- weil Gedichte schön, spannend, lustig, traurig, provokativ oder schräg sind, so wie das Leben.

- weil es eine schöne Sache ist, ein Gedicht gut betont und lebendig vorzutragen. Kein Vergleich mit dem Ablesen!

- weil es eine gute Gedächtnisübung ist. 

Lostdeepboy  10.05.2020, 17:41
- weil Gedichte schön, spannend, lustig, traurig, provokativ oder schräg sind, so wie das Leben.
- weil es eine schöne Sache ist, ein Gedicht gut betont und lebendig vorzutragen. Kein Vergleich mit dem Ablesen!
- weil es eine gute Gedächtnisübung ist.

Wenn man aber 3000 Jahre alte Gedichte von Goethe oder Schiller lernen muss, die dazu in einem bescheuerten Deutsch geschrieben sind, ist das überhaupt nicht mehr schön. Das ist dann nur noch pure Folter! Ich hasse Gedichte mittlerweile deswegen.

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Gedichte geben der Sprache Struktur. Gedichte lesen und auch auswendig lernen verhindern, dass die eigene Sprachfähigkeiten und deren innerer Rhythmus sich verlieren. Sie ist sonst nicht mehr bildhaft, aus ihrer Ironie verabschiedet sich der Witz, ihr Sarkasmus verliert an Biss, ihre Sprachlogik wird löcherig und ihre Rechtschreibung ist eine Versündigung an jedem zweiten Wort.

Will man später mal Musik machen können, ein Gefühl für Rhythmus entwickeln, vielleicht sogar rappen, eine annehmbare Performance in Poetry Slam abliefern oder auch nur ein paar gelungene Reime zur Abiturzeitung beisteuern, sollte man immer wieder an Gedichten üben, sonst wird man sein Leben lang in peinlichster Weise durch die Sprache stolpern wie durch ein Minenfeld.

Dichter1Denker  03.06.2020, 18:42

Gedichte lesen und auch auswendig lernen verhindern

Es sollte Leuten wie Dich (die nur auf Grundlage von Behauptungen und nie auf Grundlage von Empirik argumentieren) mal zu denken geben, warum die Lyrik international betrachtet ausgerechnet in Deutschland so einen schweren Stand hat.

In anderen Ländern bilden sich freiwillig in den Schulen Workshops zum Thema Lyrik, aber in Deutschland ist davon nichts zu erkennen.

Komischerweise gerade weil die Schüler dort nicht gezwungen werden, Gedichte mit denen sie nichts anfangen können auswendig lernen zu müssen. Selbst die eigen verfassten Gedichte dürfen dort abgelesen vorgetragen werden.

Stattdessen hat man dort erkannt, dass das Auswendiglernen nur eine Methode darstellt um mangenlndes Verständnis zu kaschieren. Das Auswendiglernen macht den Geist unflexible und verhindert so eigene kreative Gedanken.

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mychrissie  04.06.2020, 00:28
@Dichter1Denker

Na ja, wenn man 81 geworden ist, und sich das ganze Leben lang mit Lyrik auch schöpferisch beschäftigt hat, bleiben empirische Momente nicht aus. Aber ich habe immer wieder erlebt, dass Menschen, die Gedichte auswendig können ein besseres Rhythmusgefühl haben.

Übung schärft nun mal jede Form von Performance. Deswegen übeja auch Sportler, Musiker und Meisterköche.

Aber glücklicherweiae gibt es noch Länder die lyrikaffin sind, bei uns vermisse ich es jedenfalls. Vielleicht liegt es an unserem Bildungssystem.

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Hallo!

Das Auswendiglernen von Gedichten trägt dazu bei, dass man sich mit "Klassikern" befasst, lernt den Sinn von Gedichten zu verstehen & auch lernt, etwas auswendig zu lernen.. ist vorallem in den unteren Stufen bis etwa zur siebten Klasse weit verbreitet.

Allerdings steht & fällt vieles mit dem Material und es fehlt an zeitgemäßer Literatur ------> ein 300 Jahre altes Werk, wo die Kinder jedes zweite Wort nicht kennen, ist mMn auch zweckentfremdend: Es wird seltenst Stoff präsentiert, mit dem die jungen Leute was anfangen können. In der Regel sind das Werke in schwer verständlicher, alter Sprache und das dazu von Leuten, die schon viele Jahre tot sind und die vllt. Literaturexperten bekannt sind, aber eben nicht der Jugend. Es ist also nichts Greifbares, nichts, was einen Jugendlichen ansprechen würde.

Ich kann mich demzufolge nur an ein einziges Gedicht erinnern, das ich in meinen 13 Jahren Schule gelernt habe und noch immer auswendig kann --------> "Uno, due, tre" von Josef Reding, gelernt in der 6. Klasse im Januar 2003. Warum? Es ist leicht verständlich geschrieben, hat eine für Kinder nachvollziehbare Handlung (spielt im Schulbereich), ist speziell für Kinder/Jugendliche geschrieben. Und Josef Reding lebt immer noch, also war das kein "Literaturpapst", der schon hunderte von Jahren tot ist.

Lostdeepboy  10.05.2020, 17:34
Allerdings steht & fällt vieles mit dem Material und es fehlt an zeitgemäßer Literatur ------> ein 300 Jahre altes Werk, wo die Kinder jedes zweite Wort nicht kennen, ist mMn auch zweckentfremdend: Es wird seltenst Stoff präsentiert, mit dem die jungen Leute was anfangen können. In der Regel sind das Werke in schwer verständlicher, alter Sprache und das dazu von Leuten, die schon viele Jahre tot sind und die vllt. Literaturexperten bekannt sind, aber eben nicht der Jugend. Es ist also nichts Greifbares, nichts, was einen Jugendlichen ansprechen würde.

Genau deswegen HASSE ich mittlerweile Gedichte...

Das Auswendiglernen von Gedichten trägt dazu bei, dass man sich mit "Klassikern" befasst, lernt den Sinn von Gedichten zu verstehen

Dafür muss ich diese Klassiker aber nicht auswendig lernen. Das führt nur dazu, dass ich mich erstrecht nicht damit befasse.

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rotesand  10.05.2020, 17:40
@Lostdeepboy

Ich weiß was du meinst, mir ging es damals genauso.

Ein Gedicht, dessen Sprache ich noch nicht mal verstehe, interessierte mich nicht. Es war einfach zu weit weg für einen Jugendlichen und sein Leben.

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Lostdeepboy  10.05.2020, 17:48
@rotesand

Das Problem dabei ist auch, dass ich es mir nicht merken kann, weil ich keinen logischen Zusammenhang dazu finde. Ich muss gerade Prometheus von Goethe lernen und ich habe jetzt 6 Stunden versucht das in meinen Kopf zu bekommen. Ich bin normalerweise ein sehr guter Auswendiglerner, aber das geht zu weit. Das letzte Gedicht war schon eine Folter für mich und ich war froh, dass ich mir das alles merken konnte und eine 2 darauf bekommen habe, aber dieses Gedicht tue ich mir nicht mehr an. Das wird jetzt das erste Mal in meinem Leben sein, dass ich mich freiwillig mit einer 5 in Deutsch zufriedengeben werde (normalerweise bekomme ich nur Noten im Bereich 1-3).

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mychrissie  10.05.2020, 20:29
@Lostdeepboy
ein 300 Jahre altes Werk,

Du hast recht, für manche ist das völlig überflüssig. Es gibt aber auch Menschen, die gerne einmal in die Vergangenheit vor 300 Jahren zurückblicken, um zu erfahren, wie man damals gemalt, komponiert und gedichtet hat. So wie Du das Recht hast, Gedichte zu hassen, haben andere das Recht, Gedichte zu lieben. Ich z.B. habe ein ganzes Regal nur mit Gedichtbänden – ca. 800 Stück.

So sind eben alle Menschen verschieden, wenn manche das auch ätzend finden – ich meine natürlich jetzt nicht Dich persönlich – und sich offensichtlich eine Welt voller Clone wünschen. Lauter Ichs. Schrecklich! Ich möchte noch nicht mal mit mir verheiratet sein , geschweige denn 7 Milliarden Zeitgenossen um mich haben, die von morgens bis abends Gedichte vor sich hinsabbeln. :-)))

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Lostdeepboy  10.05.2020, 21:26
@mychrissie

Und genau deswegen sollte man nicht jedes Gedicht von Goethe oder Schiller lernen müssen. Ich mag zum Beispiel Madonna, sie ist die Queen of Pop und ich würde mich im Musikunterricht gerne mit ihren Liedern befassen, trotzdem wird sie nicht behandelt.

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mychrissie  11.05.2020, 00:07
@Lostdeepboy

Weil Madonna in absurder Weise überschätzt ist. Wenn Du von Queen und Freddy Mercury gesprochen hättest, könnte ich das noch nachvollziehen.

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Lostdeepboy  11.05.2020, 15:20
@mychrissie

Wieso sollte Madonna überschätzt sein? Ich wüsste jetzt nicht, warum Queen besser als Madonna sein sollte.

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mychrissie  11.05.2020, 19:07
@Lostdeepboy

Weil Madonna durchschnittliche Songs mit durchschnittlicher Stimme trällert. Ich bin kein Gegner von Pop, Jazz oder Rap, ich habe sogar ca. 500 Platten dieser Genres ab 1975. Aber ich bin entschiedener Gegner von musikalischem Durchschnitt.

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Lostdeepboy  11.05.2020, 20:15
@mychrissie

Ich persönlich finde ihre Songs einzigartig, sie hat nie auf Dauer dasselbe gemacht. Sie hat sich immer wieder verändert.

Ich habe aber auch nichts gegen deine Meinung. Jeder hat schließlich einen anderen Musikgeschmack. ^^

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mychrissie  11.05.2020, 20:58
@Lostdeepboy
Sie hat sich immer wieder verändert

da hast Du recht. Als Typ hat sie sich äußerlich immer wieder auf interessante Weise verändert, aber die Durchschnittlichkeit ihrer Songs ist immer gleich geblieben. Mein Schwiegersohn ist aktiver Rockmusiker. Wenn ich mit der Band zusammensitze und rede und das Thema "Madonna" wird angeschnitten, dann wird nur allgemein verächtlich abgewinkt.

Bei manchen ist ein sogenannter Promi noch die erste Wahl, wenn er für die Insider längst zum alten Eisen gehört. Das ist wie bei der Mode, die kommt im Dorf auch immer erst groß raus, wenn die Trendsetter das Zeug schon zwei Jahre vorher in den Altkleidercontainer gebracht haben.

Madonna ist von gestern. Da greife ich lieber zu einem Gedicht von Vorgestern. Es gibt Dinge, die haben nämlich kein Verfallsdatum aufgedruckt, wie die kurzlebige Prominenz von heute.

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mychrissie  12.05.2020, 13:27
@mychrissie

Inzwischen habe ich mich weiter informiert und erfahren, dass das Erlernen rhythmisch strukturierter Informationen nicht nur leichter fällt, sondern die mentalen Fähigkeiten generell stärkt.

Du kannst Dich sicher nicht daran erinnern, was Du als Kind mit Deinen Freunden alles geredet hast, aber das "Eeene meene muh - und raus bist du!" ist dir für immer im Gedächtnis geblieben. Deshalb kannst man sich an rhythmische Musik auch eher erinnern als an arhythmische, also z.B. Free Jazz.

Das ist auch der Grund, warum Du Pop Musik magst und ich Gedichte – wir bedienen uns also beide unterschiedlicher rhythmischer Strukturen, um unsere mentalen Fähigkeiten zu steigern.

Die Frage ist nur an welches der beiden Mittel sich die Welt in hundert Jahren noch erinnern wird, an die Songs von Madonna oder an Rilkes, Hofmannsthals oder Benns Gedichte.

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