Wo und wie entspannten Zeitgeist früherer Jahre leben?

7 Antworten

Also ich empfinde die Digitalisierung eher als "Segen" , die uns massiv mehr Freizeit schenkt und gerade deshalb ermöglicht, das wir "gelassener" Leben können bzw. eine höhere Lebensqualität dadurch haben.

Das sind jetzt nur ein paar Beispiele :

  • man muss nicht mehr mehrmals wöchentlich zu Bank latschen um sich Kontoauszüge zu holen, Überweisungen zu tätigen oder zu schauen, wie viel Geld man noch auf dem Konto hat, sondern macht das bequem in einer Minute von zu Hause aus.
  • Du kannst von zu Hause in irgendeinen Onlineshop etwas kaufen, was ggf. sogar am folgenden Tag schon geliefert wird . Man spart sich Zeit "Einkaufen" zu gehen
  • Du kannst Mediatheken oder Video on Demand Dienste nutzen und auf Knopfdruck einen Film leihen oder kaufen und ihn sofort schauen. Auch hier sparst Du Dir den Weg in eine Videothek oder zum Einkaufen
  • Du kannst mit wenig Knopfdrücken Deine Steuererklärung dank Elster oder Programmen in max. 1-2 Stunden selber erstellen . Vorher hat das jedenfalls bei mir 2-3 Tage gedauert.

Ich könnte nun noch eine Weile so weitermachen.

Leider gibt es keine genaue Definition von "Lebensqualität" , die interpretiert immer jeder für sich anders. Für mich gehört jedoch der Faktor "Zeit" in einem ganzen hohen Rahmen mit zur Lebensqualität.

Das in dem Sinne "je mehr Zeit ich für mich und meine Familie haben" - je besser.

Alles was das nun einschränken würde, weil ich mich "händisch" um irgendetwas kümmern oder verrichten müsste, wäre nicht so toll.

Es mag sein, das es Ungerechtigkeiten auf dieser Welt gibt und z.B. Ressourcen nicht gerecht verteilt sind. Allerdings liegt es immer stückweit an jedem selber, aus seinem Leben etwas zu machen, so das man zufrieden ist.

Von daher,... versuche Dich zu entschleunigen, falls Dir alles zu schnell oder hektisch von statten geht. Das könnte helfen. Ebenso auf "Technik" , wie z.B. Tabletts oder Smartphones zu verzichten ( wenn es Dir hilft - für mich wäre es eher eine zeitliche Mehrbelastung )

Ich hatte mir vor einigen Jahren so einen "Urlaub" verordnet. Ü/F in einer bewirtschafteten Waldunterkunft gebucht, Funkloch (es gab nur ein Draht-Telefon, aber das wäre nur im Notfall wichtig gewesen), kein Internet, kein TV. Kleines Radio hatte ich dabei (Musik, Nachrichten). Zum Abendessen wahlweise halbe Stunde wandern (einfach) oder in den nächsten Ort fahren (wo theoretisch Handy-Empfang möglich gewesen wäre). Neun herrliche Tage, Entspannung pur. Wäre auch länger gegangen. Gut, es war Urlaub. Während des Arbeitslebens schwieriger.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, das auszuleben. Beispielsweise kannst du dich einer mittelalterlichen Lagertruppe anschließen. Das sind Leute, die Mittelaltermärkte bereichern, indem sie dort unter anderem das mittelalterliche Leben zur Schau stellen. Und wenn sie nicht gerade auf Märkten herumhängen, haben sie oft eigene Höfe, wo sie ihr Leben entsprechend gestalten.

Du kannst dich auch Genossenschaften oder Wohngemeinschaften anschließen. Das sind Hofgemeinschaften, die Lebensqualität über den Lebensstress stellen. Oft wohnen da 3, 4 Generationen zusammen auf einem Hof und machen alles gemeinsam.

Oder du schließt dich verschiedensten Aussteigergruppen an. Da gibt es eine extreme Vielfalt; von weltreisenden bis zu ortsfesten; von "bodenständigen" bis zu stramm esoterischen Gruppen. Wirklich ALLES. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie dem Konsum-Leben so weit es geht entsagen wollen.

Oder du gehst auf einen Hof, auf dem solidarische Landwirtschaft betrieben wird. Dort haben sich Leute zusammengetan, die nach vollbiologischen Maßgaben und zumeist mit einfachen Mitteln kleinere Landwirtschaft betreiben. Dabei produzieren sie nur nach Bedarf. Man meldet also vorher an, dass man Teile der Ernte kaufen will. Und dann bekommt man von diesem Hof eben einen Anteil.

Wenn du es erst einmal ausprobieren willst, kannst du auch "Woofen". Das ist eine lose Gemeinschaft, bei der du im Voluntariat - also gegen Unterkunft und Verpflegung, aber zumeist ohne Bezahlung - auf dem Hof mithelfen kannst. Im Gegenzug bist du nicht gebunden, kannst also nach der vereinbarten Zeit (1 Woche, 2 Wochen, 1 Monat, 3 Monate, oder jede andere Zahl) zum nächsten Hof weiterziehen.

... es gibt wirklich wahnsinnig viele Möglichkeiten. So viele, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. :)


Unsinkable2  19.01.2021, 11:46

NACHTRAG:

Und gibt es vielleicht andere Länder wo der Zeitgeist still steht bzw. sich nicht so schnell verändert?

Naja, praktisch alle Länder jenseits des "Westens" entwickeln sich deutlich langsamer. Und wenn du da in entlegenere Orte ziehst, findest du auch noch Gegenden, wo ein Auto oder sogar elektrischer Strom eher die Ausnahme als die Regel ist.

Aber generell gilt: "Zeit anhalten" geht nicht. ALLE und alles entwickeln sich weiter. Und nicht zwingend immer zum Guten.

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Dann mach es doch. Schmeiß Handy, Laptop, Fernseher und Co. raus und leb dein Leben.


Moncherrie 
Beitragsersteller
 18.01.2021, 10:26

Kein Problem. Nur gibt es zu wenige die das auch machen. Es ist dann schwierig in einer Gesellschaft zu leben die völlig anders tickt. Und Gleichgesinnte zu finden. 1970 war es leicht Freunde zu finden die weder Internet noch Smartphone hatten. 😁 Heute hat fast jeder so ein Ding. Und ich kann diese Menschen ja auch nicht über Internet suchen, weil diese Menschen es eben nicht nutzen. 😅

Und Internet wird mehr und mehr zur Notwendigkeit. Sonst kannst du bald nix mehr machen. Einkäufe, Behörden, Jobaufträge etc.

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Mein Schwiegervater lebt noch genau so. Wie er das macht?

Er zog aus der Großstadt in eine ländliche Gemeinde mit ca. 5.000 Einwohnern. Lebt dort zur extrem günstigen Miete in einem restaurierten alten Bauernhof mit Eigengarten. Er fährt einen Toyota Yaris mit dem er einmal pro Woche Lebensmittel vom örtlichen Supermarkt holt. Zum Arbeiten fährt er in den Nachbarort, wo er in einem Warenlager als Verkaufsleiter tätig ist. Seine Frau hütet den Haushalt und arbeitet gerne im Garten. Teilweise erntet sie auch eigenes Gemüse und Obst.

Er wählt CDU/CSU, wie die meisten anderen Leute im Ort. 90% der Einwohner sind Christen. Im ganzen Ortsgebiet gibt es ca. 20 Ausländer, die perfekt integriert sind, sich bestens benehmen und ehrenamtlich in Vereinen arbeiten.

In seiner Freizeit tut er gern Handwerken, Spazieren gehen und Fernsehen. Aber keine Nachrichten, die deprimieren ihn nur.

Seine Freunde trifft er normalerweise beim Stammtisch im Wirtshaus, aber jetzt zu Covid eben nach der Arbeit auf ein Bierchen bei ihm zuhause. Die ticken genauso wie er.

Er ist nicht auf Facebook, Insta, Twitter oder sonst was. Er nutzt WhatsApp nur, um sich die Babyfotos seiner Enkelkinder anzugucken.