Themenspecial 21. August 2024
Themenspecial: Naturschutz und planetare Gesundheit 🌍
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Wo ist die Grenze von Natur/nicht Natur?

2 Antworten

Hallo Apokalipstic605,

Vielen Dank für diese Frage(n). Es gibt nicht nur eine klare Grenze, sondern viele (wich auch die Antwort von Pomophilus zeigt). Dies hängt mit der Mehrdeutigkeit des Naturbegriffes zusammen. Daraus leiten sich dann widersprüchliche Aussagen und Ableitungen ab. Die Frage wird dann eher: Welche Natur wird auf Kosten welcher Natur geschützt? Die AfD nutzt dieses Prinzip, um gegen die Grünen zu hetzen (siehe meine Antwort zu https://www.gutefrage.net/frage/findest-du-die-haltung-der-afd-zum-klimawandel-falsch#answer-559237619). Ich verlinke einen Blogartikel, in dem ich über die verschiedenen Begriffe reflektiere: https://www.eurac.edu/de/blogs/imagining-futures/um-welche-natur-geht-es-euch-eigentlich-alex-putzer

Zur Frage des 'wir' verweiße ich auf meine Einführung zu den Rechten der Natur auf te.ma: https://te.ma/art/3ocst8/putzer-rechte-der-natur/

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – UN-Experte für "Harmonie mit der Natur"

Hallo,

leider ist diese wirklich sehr interessante Frage im Special nicht beantwortet worden!

Ich persönlich finde diese Trennung, die die meisten Menschen im Kopf vornehmen - einerseits die Natur, und andererseits, völlig getrennt davon, die Menschen, und das was sie "geschaffen" haben - ziemlich abwegig!

Leider haben meiner Meinung nach viele Menschen den Bezug zur "Natur" (nach ihrer Definition) so vollständig verloren, dass sie gar nicht mehr wissen, dass wir aus dieser Natur stammen, dass wir nur mithilfe und von dieser Natur leben können, und dass alles, was Menschen geschaffen haben und schaffen können, auch nur mit Dingen, Materialien aus der Natur möglich ist oder war.

Wir verändern unsere Umwelt, teilweise unseren Bedürfnissen entsprechend, teilweise schadet unsere Umgestaltung uns selbst. Letztendlich tut das aber jede Tier- und Pflanzenart: Pflanzen setzen sich im Kampf ums Licht gegen andere Arten durch und verhindern damit beispielsweiese, dass diese an bestimmten Standorten wachsen können. Unsere einheimische Buche ist viel schattenertragender als andere einheimische Baumarten. Gleichzeitig wirft sie einen so dichten Schatten, dass sich darin praktisch nur kleine Buchen entwickeln können, fast allen anderen ist es darin zu dunkel. So schaffte sie es, vor dem Einfluss des Menschen, unsere Wälder zu dominieren. Pflanzenfresser mögen nicht alle Pflanzen gleich gern, daher beeinflussen sie die Artenzusammensetzung in ihrem Lebensraum, ihre Lieblingsarten werden seltener. Biber können, ihren Bedürfnissen entsprechend, ganze Seenlandschaften entstehen lassen...

All diese Veränderungen sehen wir als pure Natur, aber die, die wir selbst erzeugen, sollen keine Natur sein? Für mich spricht aus dieser Sichtweise eine grenzenlose Ignoranz und Überheblichkeit! Viele Menschen sehen sich anscheinend als etwas Besseres, was sich über diese Natur erheben könnte und würde, deshalb hätten sie wohl nichts mehr damit zu tun - Quatsch!

Ich bin ein Exemplar einer Tierart, sie heißt Homo sapiens. Diese Tierart ist Teil der Natur und wird es, ob sie will oder nicht, immer bleiben!

Auch die Beantwortung deiner Frage im zweiten Absatz hätte mich interessiert!


Apokalipstic605 
Beitragsersteller
 21.08.2024, 22:18

Danke. Dennoch finde ich Umweltverschmutzung usw schlecht, aber theoretisch könnte man alles damit entwchuldigen, dass es ja immer noch alles Natur ist, wenn es keine definierte Grenze gibt

Pomophilus  21.08.2024, 22:47
@Apokalipstic605

Bitte, gern!

Das mit dem Entschuldigen funktioniert für mein Empfinden nicht so einfach: wenn du das so entschuldigst, dann implizierst du da ja so etwas wie "alles, was natürlich ist, ist gut und richtig", sonst funktioniert die Entschuldigung ja nicht. Wenn wir aber grundsätzlich alles erst einmal für natürlich erklären, dann kann das, was du implizierst, ja nicht richtig sein, oder die Begriffe gut und richtig würden sinnlos, weil es überhaupt nichts mehr gäbe, auf das sie nicht zuträfen.

Wir müssen uns als Gesellschaft selbstverständlich über Werte, richtig und falsch, einigen. Das funktioniert ja auch mehr oder weniger gut. Und auch die schärfsten Verfechter der Trennung in Natur und nicht Natur erkennen selbstverständlich an, dass in unserer Gesellschaft so manche Verhaltensweisen, die andere Tiere zeigen, die unsere Vorfahren vor langer Zeit auch noch hatten, die also, kurz gesagt, "natürlich" sind, nicht als opportun gelten und geächtet sind. Nein, es ist klar und vermittelbar, dass nicht alles, was natürlich ist auch gut sein muss.