Wieso wird Mobbing von vielen Menschen Ignoriert/Geduldet?

8 Antworten

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Mit einem Wort: Victimblaming

Selbst die Forschung, die das untersucht läuft in die komplett falsche Richtung. Da werden die Persönlichkeiten des Opfers herangezogen. Man stellt fest, Mobbingopfer sind oftmals unsicher und haben Probleme mit ihrem Selbstbewusstsein. Viele ziehen daraus die Schlussfolgerung, dass das Opfer selbst schuld ist. Wäre es selbstbewusster gewesen, wäre das dem Mobbingopfer nicht passiert.

Dabei unterlaufen all diesen Personen zwei gravierende Fehler:

  1. Jede Studie kann nur untersuchen wie das Opfer nach dem Mobbing ist. Bei Mobbing wird darauf abgezielt eine andere Person schlecht zu machen. Das setzt sich fest und nimmt den Opfern das Selbstbewusstsein. Faktisch ist es möglich, dass hier nur die Wirkung von Mobbing beschrieben wird und das Opfer vorher selbstbewusst war. Wenn man oft genug etwas hört, glaubt man das auch irgendwann. Das geht übrigens in die andere Richtung (einen lieben Gruß an die Narzissten).
  2. Echt jetzt? Denkt man wirklich, dass man einfach so - mir nichts- dir nichts die Persönlichkeit ändern kann? Selbstbewusstsein muss man aufbauen und das ist in einer Umgebung, die einem feindselig gestimmt ist, nicht möglich.

Immer wieder fallen dann so Bemerkungen, wie:

"Steh doch einfach drüber" oder "Hör doch einfach weg" "Wenn du so reagierst, dann..."

Es wird komplett ausgeblendet, dass der Mensch ein soziales Wesen, das auf ein positives Umfeld angewiesen ist.

Ganz toll sind immer auch die Ratschläge, man solle sich dann halt so anpassen, damit die anderen einen nicht mobben.

Das funktioniert auch immer so toll, weil die "Begründung" fürs Mobben teilweise auch wirklich an den Haaren herbei gezogen ist. Das kann von Sexualität/Hautfarbe (kann man ja sooo leicht ändern) bis hin zur falschen Musik alles sein.

Und das Zuschauen von Lehrern hat zudem auch noch andere Gründe.

  1. Pädagogik ist zu wenig im Studium für Lehramt vorhanden. Viele wissen nicht, wie sie handeln sollen.
  2. Angst vor den Eltern des Mobbers und dass diese die Schule verklagen, wenn Schritte gegen Mobber unternehmen werden
  3. Das Verkennen von Mobbing und es einschätzen als Streit unter Schülern.
  4. Das Leugnen von Mobbing. In einem japanischen Film habe ich gesehen wie eine Schülerin von ihren Mitschülern wirklich nieder gemacht worden ist (nicht nur verbal). Sie ruft einen vorbei gehenden Lehrer um Hilfe an. Der geht vorbei mit den Worten: Mobbing gibt es nicht an unserer Schule.
  5. Und zum Schluss: Auch Lehrer fallen den oben beschriebenen Victimblaming zu Opfer

Generell ist die Gesellschaft sehr schnell bereit die Folgen von Mobbing zu übersehen.

Winnenden -> Videospiele

München -> Videospiele (und ein Ausländer)

Der Jugendliche, der in Herne den Nachbarsjungen getötet hat, war ein Mobbingopfer, wie Stern herausgefunden hat, ein Mobbingopfer. Stern hat sich dann allerdings doch lieber auf die Tatsache konzentriert, dass er Animes mochte. Videospiele hat er offenbar nicht gespielt.

Vermutlich ließe sich die Liste weiter fortführen. Die Opfer, die "nur" Selbstmord begehen, sind häufiger, aber weniger medial vertreten.

Jedes Mal nach einer dieser schrecklichen Taten brandet die Diskussion auf. Bei München habe ich gedacht, das hätte ich so leicht verhindern lassen können, wenn man das Mobbing unterbunden hätte. Aber immer wieder kommt man dann auf so Sachen wie Videospiele zu sprechen. In der Regel endet jede Diskussion in Betroffenheit und der Frage nach dem warum.

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt. Die Nichtakzeptanz von psychischen Krankheiten sowie von psychischen Attacken unserer Gesellschaft. Hier wird frei nach dem Motto gehandelt: Was ich nicht sehen kann, kann nicht existieren. Die Wunden, die durch Mobbing geschlagen werden, sind innerlich und nicht sichtbar. Prügelt jemand auf jemand anderen ein, so sind die Folgen des Opfers für alle sichtbar. Bei Mobbing jedoch nicht.

Vor dem wahren Problem verschießt man die Augen. Nie kommt es so weit, dass man wirklich eine Lösung sucht. Die Opfer werden im Regen stehen gelassen nicht begreifend, dass eine Duldung der Taten so wirkt, als würde man diese absegnen. Solange es nach außen wirkt, als wäre alles in Ordnung. Nur der äußere Schein zählt, egal wie sehr die Wirklichkeit jemanden verletzt.


catchan  29.12.2017, 23:49

Danke für den Stern.

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Computersohn 
Beitragsersteller
 29.12.2017, 23:32

In meiner Klasse ist ein Mädchen, welches gemobbt wird, weil sie viel Intelligenter ist als alle anderen und deswegen bessere Noten bekommt. Da ich vor den zweien Sitze kann ich auch ihre anfälligen Kommentare hören wie ,,Wie kann diese Ausländerin so gut sein? Die hat doch kein Leben“ oder ,,Scheiß Streber“. Auch im Unterricht wenn sie ein Wort falsch sagt oder die falsche Antwort gibt sagen die anderen Schüler ganz gemeine Sachen zu ihr um ihren Verstand oder ihre Herkunft zu Beleidigen. Jedes mal wenn ich versucht habe einzuschreiten bekam ich von der Klasse nur die Antwort, dass es mich doch gar nichts anginge, es doch ,,nur“ spaß seie oder sie ein Recht auch eine Meinung haben. Den Lehrern ist es auch egal. Ab und zu muss ich Ähnliche Kommentare über mich ergehen lassen. Ich versuche so viel zu helfen wie es geht, jedoch hat sich nichts geändert. Somit bestätigt sich wohl für mich das was du sagst.

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catchan  29.12.2017, 23:48
@Computersohn

Erst einmal Hut ab, dass du helfen willst. Das ist leider nicht selbstverständlich.

Für ein paar der geschilderten Kommentare hätte ich ein paar Erwiderungen.

Wenn man dir sagt, es ginge dich nichts an, erwidere ruhig, dass du nicht tatenlos daneben stehen kannst, wenn jemand grundlos fertig gemacht wird.

Wenn jemand dir sagt, das sei nur Spaß, erwidere ruhig, dass du nicht auf Kosten anderer Menschen nicht lachen kannst.

Wenn sie dir mit ihrer Meinung kommen, teile ihnen mit, dass eine Beleidigung keine Meinung ist. Eine Beleidigung ist auch strafrechtlich relevant und kann zur Anzeige gebracht werden.

Du kannst auch sie offen darauf ansprechen, dass das Mobbing ist.

So, nun zu den Lehrern: frag sie mal unter einem 4-Augen-Gespräch, warum sie bei Mobbing nichts unternehmen. Lass sie sich nicht daraus hinausfinden, dass das Opfer vielleicht nichts gesagt hat. Lehrer sind eine Autoritätsperson und ihr Schweigen wirkt wie eine Zustimmung.

Zudem kannst du den Lehrer auch das Rassismus-Stöckchen hinhalten. Sie ist vermutlich Tochter von Migranten und manche abfällige Kommentare sind darauf gemünzt. Somit hat das Ganze auch einen rassistischen Hauch. Würde mich stark wundern, wenn deine Lehrer nicht darauf reagieren würden.

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Hallo!

Manche schämen sich dafür gemobbt zu werden & geben es nicht zu, weil sie nicht als schwach oder angreifbar gelten möchten bzw. Angst davor haben dass sie nur nach dem Motto "hab' dich nciht so und schlag' zurück" angefertigt werden ... oder weil sie es noch nicht einmal wissen,d ass das was sie erdulden wirklich als Mobbing läuft ------> Mobbing ist ein breiter Begriff, der unendlich viele Definitionen hat.

So zumindest meine Erklärungen und auch Erfahrungen. Ich habe in der Berufsschulzeit einen schweren (Cyber-)Mobbingfall miterlebt, der erst dann aufgerollt wurde, als eine Mitschülerin der gemobbten Person sich an die SMV wandte & selbst dann hat die gemobbte Person zunächst noch abgewiegelt, ehe sie dann doch rausrückte.


Computersohn 
Beitragsersteller
 28.12.2017, 22:57

Aber ich kann aus Erfahrung sprechen, das jedesmal wenn ich versucht habe mich zu wären habe ICH ärger bekommen und ich habe auch jedes mal gesagt das ich unfair behandelt wurde, jedoch interessierte dies keinen. Es geht oder ging auch vielen anderen Menschen so.

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Die Menschen sind einfach von Natur gemein. Zumindest seit dem sie von Garten Eden verbannt wurden.In den letzten Jahren hat diese Bosheit meiner Meinung nach mehr zu genommen... Die Ungerechtigkeit überwiegt auf der Welt, nicht umsonst heißt in der Bibel das Satan Fürst dieser Welt ist.

Viele reden und reden, aber machen tun sie dann noch nichts, weil sie Angst vor Veränderungen haben.

Früher gab es für Kameradenschweine Schläge aber das ist absolut nicht mehr angebracht.^^


Computersohn 
Beitragsersteller
 28.12.2017, 23:07

Dann ist es wohl unsere Aufgabe wieder etwas Licht in die Welt zu bringen.

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Nik7778  28.12.2017, 23:09
@Computersohn

Meiner Meinung nach kann man nur Zusammenhalt und Solidarität erhalten, wenn man für etwas zusammen kämpft sei es der Schulabschluss oder die beste Klasse auf dem Sportfest zusein. Das wird aber den Schülern nicht mehr vermittelt sondern jeder kämpft für sich alleine... 

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Mobbing passiert doch überall egal ob im kleinen Stil nämlich in der Schule oder im großen Stil in der Politik siehe Afd. Ich denke es ist etwas menschliches. Ich wurde auch stark gemobbt in einer Klasse (Htl) obwohl ich keinem etwas getan habe aber ich habe auch schon ein bisschen gemobbt in einer anderen Schule wo ich maturiert habe muss ich zugeben.

Da gab es einen Mitschüler mit einem sehr witzigen Nachnamen der hieß nach einem Körperteil des Menschen (ich sage jetzt nicht was) und ich musste immer lachen wenn das Wort wo vorkam und ich und meine Klassenkameraden machten immer Späße daraus. Natürlich haben wir ihm nicht gehasst bzw. wir hatten das nicht aus böser Absicht gemacht dennoch war der Mitschüler beleidigt davon aber er hatte nie etwas dagegen getan. Ich fand es halt trotzdem immer witzig. Also das Mobbing ist halt leider in uns drinnen würde ich behaupten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – eBook -> Der Bildungswahnsinn und Ich

catchan  29.12.2017, 19:20

Solche Verhaltensweisen sprechen nicht gerade für deinen Charakter.

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Wir haben eine falsche Denkweise. Mobbing wird in Deutschland nicht als Straftat geahndet. Das ist in anderen Ländern anders.

In der Schule heisst es: Ach, das sind Jugendliche, die müssen das untereinander ausmachen, ein bißchen Raufen hat noch keinem geschadet ...

Im Berufsleben, also am Arbeitsplatz wird das Ganze verharmlost.

Solange die Gesellschaft Mobbing "deckt" und der Gesetzgeber hier nicht entscheidend eingreift, wird sich nichts ändern.

Das ist traurige Wahrheit. Ich kann davon ein Lied singen. Als Behinderter von Geburt habe ich in der Schule, Ausbildung und im Berufsleben gelitten, bis ich mir die Erwerbsminderungsrente erkämpft habe.