Wieso war es früher ganz normal, dass man seine Kinder verprügelt hat und auch in der Schule das Verprügeln durch die Lehrer? Warum waren die Menschen so?

7 Antworten

Ja, das war echt so ... so war zum einen als Schwarze Pädagogik weit verbreitet und wurde in besonders katholischen Gegenden auch als Sinnbild einer Bestrafung durch Gott dargestellt, analog dazu, dass im Religionsunterricht oder in den Kommunionstunden der Herrgott als leicht reizbarer, drakonisch bestrafender Herrscher über Leben und Tod präsentiert wurde, der die "Guten" ins Paradies und die "Bösen" in die Hölle schickt und dafür sorgt, dass die Welt untergeht, wenn die Kinder nicht "brav" sind. So war es bei uns auch noch.

Wieso hatte man früher kein Mitgefühl mit den Kindern? Hat es den Eltern und Lehrern denn nicht leid getan, wenn sie den Kindern Schmerzen zufügen?

Kinder, die geschlagen wurden, wurden oft zu Erwachsenen, die schlugen. Oft wurden darüber auch Machtansprüche oder Machtgefühle demonstriert (Kinder wehren sich meist nicht) und Mitleid hatte mit Kindern oder auch mit Tieren oder Alten und Kranken in der Regel niemand. Im Gegenteil: Wenn ein Kind vor Schmerz weinte und sich krümmte, bekam es noch einen Extra-Hieb und wurde dann ausgelacht oder einfach sich selbst überlassen. Durchaus auch von den Eltern! Eine Art Milde war selten.

Genau so lief das in meiner Heimat noch in den 90ern und frühen 2000ern ab, ich war einer der Wenigen, der nicht aus so einer Arbeiterfamilie stammte und bin mir heute erst als Erwachsener im Klaren darüber, was es mir erspart hat und wie gut es mir ging.

Es haben alle weggeschaut, es war allen egal und das Problem war bekannt - zumal es Väter gab, die am Elternabend im Brustton der Überzeugung sagten, sie schlagen ihre Kinder "selbstverständlich" und der Lehrer solle ruhig auch drauf hauen, wenn der Bub "aufmuckt" oder das Mädchen "rumzickt", daheim gebe es dann erst richtig "Haue", bis das Blut spritzt. In den Augen dieser Arbeiterväter war Gewalt "immer eine Lösung", der Vater eines Mitschülers hat auch nach außen hin so was gesagt; ein bulliger Typ, vor dem ich mich auch mit 15/16 noch fürchtete, weil er auch andere Kinder schlug und trat, wenn er meinte, sei seien "frech" gewesen oder "zu schnell mit dem Fahrrad gefahren".

Das war ja sogar noch denke ich bis WEIT in die Nachkriegszeit verbreitet, dass man seine Kinder verprügelt hat und Schüler vom Lehrer verprügelt wurden.

Natürlich, ich hatte sogar Anfang der 2000er noch ein paar Lehrer, die älter waren (um die 60 und drüber, kurz vor der Rente) und entweder noch Kinder schlugen in einer Zeit, wo es verboten war (man hat so was daheim nicht gesagt, weil man sich so geschämt hat und/oder weil man wusste, es wird einem sowieso nicht geglaubt, weil Erwachsene nur anderen Erwachsenen glaubten ... so war das noch lange Jahre) oder die zwar nicht mehr schlugen, es aber immer und immer wieder offen bedauerten, dass sie es gesetzlich nicht mehr erlaubt bekamen und keine Strafe riskieren wollten.

Kinder standen in der Hackordnung wie auch Tiere, Alte, Kranke oder Behinderte ganz unten und waren mehr oder weniger Freiwild. Man fand es sogar noch richtig und wichtig, Kinder zu schlagen. Wenn Kinder mit Striemen und blauen Augen in die Schule kamen, war es allen egal und auch der netteste und humanste Lehrer hat sich nix dabei gedacht, wenn er so was sah, weil klar war, woher das kommt und weil es normal war bzw. weil das System resigniert hatte. Bevor am Abend der Papa ausrastete, hatte es am Nachmittag die Mama sowieso schon mit dem Kochlöffel oder dem Teppichklopfer getan oder Kopfnüsse verteilt - ich hatte auch einen Mitschüler, der als er acht Jahre alt war, "weil er nicht brav" war, von seiner Oma die Steintreppe runtergeschubst wurde und sich dabei böse am Bauch verletzt hat. Natürlich will so was hinterher keiner gewesen sein oder ist man so selbstherrlich dass man sagt, geschieht ihm recht, weil er "nicht brav" war. Ein Mitschüler, der damals in der Schulband Schlagzeug spielte, wurde mal von seiner Mutter mit den Schlagzeugstöcken grün und blau geschlagen, weil er angeblich "nicht brav" war und hat das auch noch herumerzählt. Es wurde halt zur Kenntnis genommen, es war halt so, wie es ist.

Man muss aber auch eines sagen: Auf dem Land und im Arbeitermilieu, wo die Leute rauer und schroffer sind, aber gleichzeitig frommer und bigotter, war das durchaus noch weiter verbreitet als in eher intellektuellen Kreisen, wo man liberaler und offener gewesen ist und gemerkt hatte, dass es nichts bringt, ein Kind zu schlagen oder dem alten pflegebedürftigen Opa mit barschen schnippischen Worten einen Schlag auf den Hinterkopf zu geben, wenn er die Suppe verschüttet.

Es war auch beliebt, dass Lehrer vor allem die Kinder schlugen, mit deren Eltern sie "eine Rechnung offen hatten".

Ich hab gehört, dass damals in den 1960er Jahren sogar so stark in der Schule durch Lehrer verprügelt wurde, dass Kinder Zähne verloren haben.

Mag hier und da passiert sein, ich habe so was nicht erzählt bekommen, aber dafür die Anekdote, dass manche Kinder sich gern in der Schule (wenn man so was hatte) die bayrische Lederhose angezogen haben, weil man dann die Schläge des Lehrers oder des Pfarrers - auch katholische Priester waren oft bigotte Schläger - nicht ganz so stark gespürt und weniger Schmerzen gehabt hat.

Und wie gesagt, wenn der Lehrer oder der Pfarrer oder beide nacheinander nicht am Morgen zuschlugen, tat es mittags daheim die Mama und abends nochmal der Papa, der in der Fabrik als kleiner Arbeiter oder ungelernter Hilfsarbeiter in der Hackordnung unten steht und nix sagen darf, dafür aber daheim die Kinder verprügelt, an denen er seinen Frust auslässt, weil sie sich nicht wehren können.

Ja- das war so! Es ist bestimmt nicht richtig, ein Kind zu schlagen- heute ja auch strafrechtlich relevant! Jetzt haben wir ja gerade die Diskussion um zunehmende Jugendkriminalität! In diesen Fällen sind es oft die Eltern, die geschlagen werden sollten. Der Beitrag wird bestimmt kassiert.


Granada3 
Beitragsersteller
 23.04.2025, 01:22

Was meinst du mit kasssiert?

ewigsuzu  23.04.2025, 01:23
@Granada3

gelöscht, einkassieren, ich nehms dir weg, aber dieser User wirkt hier etwas wirr.

Bernd783  23.04.2025, 01:27
@Granada3

Wenn man hier schreibt, dass jemand geschlagen werden sollte, ruft man fast zu Gewalt auf- diese ist eigentlich immer falsch!

Zu meiner Zeit, dachte man wirklich anders herum! Man dachte, dass wenn man das Kind nicht züchtigt, man dann auch Schud ist an Fehlentwicklungen! Mitleid gab es so nicht.

Bernd783  23.04.2025, 01:32
@ewigsuzu

Ich meinte meine Antwort wird kassiert- Aufruf zu Gewalt! Habe ich so natürlich auch nicht gemeint, aber ich finde es schlimm, dass man der Jugendkriminalität nicht beikommt! Das liegt oft an Familiären Strukturen!

Folter und Prügelstrafen gab es schon seit der Antike!

Geständnisse wurden durch Folter erpresst! Straftaten und Ungehorsamm wurden mit Prügelstrafen oder im Militär mit Peitschenhieben Bestraft.

Das wurde mit der Aufklärung nach und nach abgeschaft und durch Geld oder Gefängnisstrafe ersetzt.

Doch es wurde immer noch Gehorsam und Disziplin Verlangt.

Am einfachsten ging das bei den Kindern mit ein paar Stockhieben!

Das war damals Bestandteil der sogenannten "Zucht". Wenn man den Willen der Kinder nicht züchtige, würden sie misraten und im Leben nicht bestehen können. Vor allem mussten die lateinische Grammatik und Vokabeln gelernt werden. Wie sollte sonst aus den Jungen mal ein Priester werden? (Die Messen wurden ja in Latein gelesen!)

Man hatte ein anderes Verständnis davon, wie Kinder erzogen werden sollen. Es herrschte ein Konsens darüber, dass Kinder sehr streng an die Kandarre genommen werden müssen, damit die Erziehung klappt.


Granada3 
Beitragsersteller
 23.04.2025, 01:19

Hab ich mir gedacht. Kinder wurden damals, soweit ich das richtig verstehe, nicht als Individuum angesehen sondern eher als Besitz der Eltern, der geformt werden muss. Und es gab damals andere Ideale. Ideale wie Gehorsamkeit und Disziplin. Die Erziehung mit Gewalt diente wohl dazu, dass die Kinder den damaligen Idealen entsprachen.

Wechselfreund  23.04.2025, 13:02
@Granada3

Ich denke, dass (nicht alle aber viele) Eltern und Lehrer der Meinung waren, die Kinder so am besten auf das Leben vorzubereiten.