Wieso sind Übergangsformen wichtige Belege für die Evolution?

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Wieso sind Übergangsformen wichtige Belege für die Evolution? 

Die Evolutionstheorie macht die Vorhersage, dass wir in unserer gesamten biologischen Vielfalt, die je existierte, einen allmählichen Übergang sehen müssten. Wenn wir uns die Fossilien der ältesten Sedimentgesteine ansehen und sie in ihrer Abfolge bis zu den jüngsten Schichten verfolgen, können wir diese Entwicklung klar erkennen:

Die ältesten Sedimente zeigen nur Mikroorganismen und sind mehrere Milliarden Jahre alt. Sedimente vor ca. 500 Millionen Jahre zeigen nur wirbellose und wenige, sehr einfache Wirbeltiere. Etwas später, im Ordovizium (ca. 400 Millionen Jahre), finden wir komplexere Wirbeltiere, die nun viel besser als Fische erkennbar sind. Etwas später, im Devon (ca. 370 Millionen Jahre), sehen wir erste mit Gliedmaßen bestückten Fische. Etwas später im Devon sehen wir die ersten Amphibien. Kurz darauf die ersten Reptilien. Im Perm (300-250 Millionen Jahre) finden wir viele säugetierähnliche Reptilien. Dann finden wir in der Trias (230 Millionen Jahre) die ersten Säugetiere sowie die ersten Dinosaurier.

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Es sollte betont werden, dass jedes Fossil eine Übergangsform ist, da die Evolution über Generationen hinweg stattfindet. Im Grunde genommen sind alle Fossilien und alles biologische Leben vorübergehend.

Wie zu sehen, ist alles über Generation-Abfolgen miteinander verbunden. Wir sehen zum Beispiel den Übergang von aquatischen Lebewesen zu Landgängern. Eine Vorhersage war darin, dass wir, wenn die Evolution der Landwirbeltiere von Wassertieren wahr wäre, ein Übergangsfossil eines Fisches finden würden, das bereits deutliche Tatrapod-Eigenschaften aufweist. Genau das hat man auch in der vorhergesagten Getseinsschicht gefunden, beispielsweise das berühmteste Fossil, der Tiktaalik.

Und wieso ist der Archaeopteryx so bedeutsam?

Wir sehen natürlich auch den Übergang bei Dinosauriern, welche begannen, die Lüfte zu besiedeln. Hier kommt der Archaeopteryx ins Spiel:

Archaeopteryx wird von der modernen Evolutionsbiologie als Vogel klassifiziert. Der interessante Teil hier ist, dass Archaeopteryx unterschiedliche Reptilienmerkmale hatte, die bei vorhandenen Vögeln nicht gefunden wurden. Dazu gehören:

  • langer, knochiger Schwanz, aber keine Pygostyle wie Vögel
  • Zähne, ähnlich denen von kleinen, fleischfressenden Dinosauriern
  • Kreuzbein, das sechs Wirbel besitzt
  • Metacarpals frei, Handgelenk flexibel
  • Krallen an drei nicht verschmolzenen Ziffern
  • Beckengürtel und Oberschenkelgelenk in vielen Details wie Archosaurier geformt
  • Beckenknochen nicht verschmolzen
  • ...
  • ...
  • (es gibt insgesamt ca. 100 Unterschiede zu Vögeln, aber ähnlich wie bei Reptilien.)

Bei Archaeopteryx zeigt sich deutlich ein allmählicher Verlust dieser Reptilienmerkmale. Er ist hierbei nur eine Art von vielen die gefunden wurde. Einige zeigen noch mehr Merkmale von Reptilien, einige wiederum weniger. Archaeopteryx ist das berühmteste Fossil. Wenn die Evolution der Vögel von Dinosauriern wahr wäre, müssten wir Übergangsfossilen finden. Genau das hat man in Anzahl gefunden (Anchiornis, Wellnhoferia, Rahonavis usw.)

Archaeopteryx ist aufgrund der heutigen Genetik eigentlich nicht mehr wirklich wichtig für die Evolution, aber immerhin die Kirsche auf der Torte. Moderne DNA-Analysen zeigen, dass Vögel am meisten mit Reptilien verwandt sind. Hühner haben den vollständigen genetischen Bauplan für das Wachsen von Zähnen. Bei Hühnern ruhen diese Gene, ihre Expression wird durch vergangene Mutationen abgeschaltet. Man kann auch ganz verückt sein und die Reste von Kollagen vergleichen, die in einem Tyrannosaurier-Exemplar gefunden wurden: Die Spur führt uns unabhängig voneinander immer zu den Dinosauriern. Vögel erfüllen alle Kriterien, um als Dinosaurier zu gelten.

 - (Schule, Politik, Religion)

Übergangsformen sind nur ein "verständnisproblem" und weil wir Menschen Dinge in Schubladen stecken. Als die jeweiligen Tiere am Leben waren, waren das ganz normale Arten, man ordnet die nur irgend wo "dazwischen" ein, weil man Tiere davor und danach schon benannt hat. Aber Tierarten ändern sich durch Evolution ständig, mit jeder Generation.

Übergangsformen oder Brückenorganismen sind für die Evolutionstheorie interessant, weil sie die graduelle, d. h. schrittweise Veränderung der Arten sehr anschaulich illustrieren und weil sie zeigen, dass die heute lebenden (rezenten) Arten über diese Brückenformen mit ausgestorbenen Arten in eine verwandtschaftliche Beziehung gebracht werden können. Mit anderen Worten: Brückenorganismen zeigen ganz klar, dass alle rezenten Lebensformen von heute ausgestorbenen Vorfahren abstammen und sich über einen schrittweisen Prozess aus ihnen entwickelt haben.
Dabei ergibt sich der Beleg für die Abstammung daraus, dass Brückenorganismen sowohl ursprüngliche Merkmale (Plesiomorphien) ihres Vorfahren wie auch abgeleitete (Apomorphien) Merkmale ihrer Nachfahren in sich vereinen und gewissermaßen wie ein "Mischwesen" aussehen.

Anhänger der unwissenschaftlichen kreationistischen Ideologie werfen den Evolutionsforschenden sehr oft vor, um die Evolutionstheorie zu beweisen, würden die Übergangsformen fehlen. Damit haben sie insofern recht, dass für die meisten Evolutionslinien fossile Zwischenformen fehlen. Das ist aber kein Beleg dafür, dass es diese Zwischenformen nicht gegeben hätte. Es hat sie nämlich sehr wohl gegeben, nur sind sie leider nicht als Fossilien erhalten geblieben. Damit ein Lebewesen als Fossil erhalten bleibt, müssen die äußeren Umstände perfekt sein, sodass nur ein Bruchteil der Lebewesen überhaupt nur eine winzige Spur seiner Existenz hinterlässt. Von den gegenwärtig 7.8 Mrd. Menschen, die auf der Erde leben, wird statistisch gesehen nicht ein einziger auch nur teilweise (also z. B. ein Finger) zu einem Fossil werden. Es ist daher dem Umstand des komplizierten Fossilisationsprozesses geschuldet, dass der Fossilienbericht lückenhaft ist.
Das Klima hat auf die Bildung von Fossilien z. B. einen großen Einfluss. In feucht-warmem Klima zersetzen sich die sterblichen Überreste eines Lebewesens sehr schnell, denn das sind ideale Bedingungen für die zersetzenden Mikroorganismen. Im trockenen Klima hingegen wird ein Kadaver viel eher konserviert und kann dann eher als Fossil erhalten bleiben. Das ist auch der Grund, warum wir über unsere eigene Evolutionsgeschichte vergleichsweise viel wissen und über die Evolution unserer nächsten Verwandten, der Schimpansen, fast gar nichts. Die Evolution des Menschen spielte sich weitgehend in der trockenen Savanne ab, wohingegen die Schimpansen den tropischen Regenwald in Afrika nie verlassen haben. Auf diese Weise konnten recht viele Fossilien von Menschen im vergleichweise trockenen Ostafrika überdauern, während von den Schimpansen kaum fossile Reste erhalten geblieben sind.

Zudem sind inzwischen sehr wohl einige solcher fossilen Brückenformen bekannt. Die bekannteste und bis heute anschaulichste ist der Wissenschaft sogar fast so lange bekannt wie die Evolutionstheorie alt ist. 1859 veröffentlichte Charles Darwin erstmals seine Theorie von der Evolution durch natürliche Selektion in seinem bis heute bahnbrechenden Hauptwerk On the Origin of Species (Über die Entstehung der Arten). Und bereits ein Jahr später, 1860, wurde im fränkischen Solnhofen in über 150 Mio. Jahre alten Kalksteinschichten das erste Fossil der Urvogels Archaeopteryx lithographica gefunden. Bereits 1868 vermutete Thomas Henry Huxley, ein Anhänger Darwins und ein großer Verfechter der Evolutionstheorie, auf Grundlage dieses Fundes, dass die Vögel aus den Dinosauriern hervorgegangen seien. Später gerieten Huxleys Überlegungen leider in Vergessenheit. Erst in den 1970er Jahren wurde seine Theorien durch die Beschreibung einer bis dato unbekannten vogelartigen Dinosaurierart, Deinonychus antirrhopus, durch den Paläontologen John Ostrom, wiederbelebt. Heute wissen wir: sowohl Huxley als auch Ostrom hatten mit ihrer Vermutung recht, mehr noch, vom systematischen Standpunkt aus betrachtet sind Vögel nicht nur direkte Nachfahren der Dinosaurier, sie sind sogar echte Dinosaurier (die damit genau genommen auch nicht ausgestorben sind).
Archaeopteryx vereint sowohl ursprüngliche "reptilienartige" Merkmale wie auch Merkmale der modernen Vögel (Aves) in sich. Auch wenn heute klar ist, dass Archaeopteryx kein direkter Vorfahr der modernen Vögel war, sondern nur ein Seitenzweig der Vogelevolution, also sozusagen ein "Cousin" der heutigen Vögel, liefert uns die Gattung eine Vorstellung darüber, wie der Weg der Evolution von kleinen, zweibeinigen Raubdinosauriern hin zu den flugfähigen Vögeln ausgesehen haben muss.

Zu den ursprünglichen (plesiomorphen) "Reptilien"merkmalen von Archaeopteryx gehören u. a.:

  • das Vorhandensein von drei Fingern mit Krallen an den Vordergliedmaßen. Die Fingerknochen sind nicht miteinander verschmolzen
  • Zähne anstelle eines Hornschnabels
  • das Brustbein (Sternum) war nicht verknöchert, sondern bestand aus Knorpel und hatte keinen Brustbeinkamm (Crista sterni). Ob Archaeopteryx überhaupt kein verknöchertes Brustbein besaß, ist aber fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass alle bisherigen Funde von Jungtieren stammen, deren Brustbeine noch nicht vollständig verknöchert waren. Auf diese Hypothese deuten auch weitere juvenile Merkmale hin.
  • der Schwanz war aus einzelnen Schwanzwirbeln zusammengesetzt
  • Archaeopteryx besaß Bauchrippen (Gastralia)

Zu den abgeleiteten Vogelmerkmalen gehören:

  • Archaeopteryx besaß asymmetrische Schwungfedern und beherrschte deshalb sehr wahrscheinlich den Ruderflug
  • die Armknochen sind relativ zum Körper länger als bei Nichtvogel-Theropoden (Raubdinosauriern)
  • die Mittelfußknochen (Tarsalia) und die Fußknochen (Metatarsalia) zeigen Ansätze einer Verschmelzung zum Tarsometatarsus. Es wird vermutet, dass der Verwachsungsprozess bei allen gefundenen Typusexemplaren noch nicht abgeschlossen war, weil es sich um Jungtiere handelte
  • die erste Zehe ist teilweise nach hinten abspreizbar
  • die Schlüsselbeine (Claviculae) sind zu einem einzigen Knochen, der Furcula (Gabelbein) verschmolzen

Oft wird auch übersehen, dass im Grunde genommen jedes einzelne Lebewesen ein Brückenorganismus ist. Denn jedes Individuum vermittelt ja zwischen seiner Elterngeneration als seinen Ahnen und seiner eigenen Nachkommensgeneration. Die einzelnen Generationen unterscheiden sich dabei kaum voneinander, Evolution ist eben ein sehr kleinschrittiger Prozess. Um sie zu dokumentieren, muss man schon sehr genau hinschauen oder über größere Zeiträume hinweg. Fossile Brückenorganismen können solche Transformationsprozesse hier einfach sehr viel einfacher veranschaulichen als der Vergleich einer Generation mit der nächsten usw.

Viele Gegner der Evolutionstheorie verstehen den Begriff Brückenorganismus auch falsch. Sie argumentieren, wenn beispielsweise Mensch und Elefant miteinander verwandt sind, dann müsste es als Brückenorganismus einen gemeinsamen Vorfahren gegeben haben, der wie ein Mosaik aus Mensch und Elefant aussieht. Tatsächlich sind Elefanten und Menschen miteinander verwandt, beides sind Säugetiere. Und beide haben einen gemeinsamen Urahn - nur übersehen die Kreationisten, dass dieser Vorfahr nicht notwendigerweise wie ein Mensch-Elefanten-Mischling ausgesehen haben muss, denn dieser Vorfahr ist gleichzeitig auch der Urahn aller anderen heute lebenden plazentalen Säugetiere. Sehr wahrscheinlich hatte dieser letzte gemeinsame Vorfahr von Mensch und Elefant weder mit einem Menschen noch mit einem Elefanten besonders viel Ähnlichkeit. Er sah sehr wahrscheinlich eher wie ein kleiner Insektenfresser aus, z. B. wie eine Spitzmaus. Der älteste bislang gefundene Vertreter der Placentalia war Juramaia sinensis , das vor 160 Mio. Jahren im heutigen China lebte und in der Tat ein bisschen wie eine Spitzmaus aussah, vermutlich aber ein Baumbewohner war. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle erwähnt, dass die Insektenfresser (Eulipotyphla) allerdings nicht die basale Gruppe der Placentalia sind, aus denen sich die anderen Taxa entwickelt haben, wie man früher annahm. Sie sind viel mehr ein Taxon innerhalb einer Gruppe von Säugetieren, das Laurasiatheria heißt und neben den Insektenfressern auch die Fledertiere (Chiroptera), Raubtiere (Carnivora), Schuppentiere (Pholidota) sowie die Unpaarhufer (Perissodactyla oder Mesaxonia) und die Paarhufer inklusive der Wale (Cetartiodactyla) enthält. Die Insektenfresser sind demnach also eher eine Säugetiergruppe, die sich in ihrer Evolutionsgeschichte viele ursprüngliche Merkmale der placentalen Säuger (z. B. die ursprüngliche Zahnformel) erhalten hat.

Nicht immer müssen Brückenorganismen ausgestorben sein. Auch heute lebende Formen können zwischen einem plesiomorphen und einem abgeleiteten Bauplan vermitteln. Ein Beispiel dafür sind die Eierlegenden Säugetiere (Monotremata), die als Schnabeltier und Schnabeligel heute nur noch in Australien und Neuguinea leben. Sie sind zwar echte Säugetiere (Mammalia) und haben die typischen Säugetier-Merkmale wie drei Gehörknochen, ein sekundäres Kiefergelenk, ein Fell und Milchdrüsen, die aber nicht in Zitzen münden, sondern als Milchfelder direkt an der Hautoberfläche. Gleichzeitig haben sie aber auch noch sehr ursprüngliche Merkmale der Säugetiervorfahren, die als "säugerähnliche Reptilien" bekannt geworden sind: wie "Reptilien" legen sie Eier und ihr Schultergrürtel besitzt ein Rabenbein (Coracoid). Dementsprechend ist der Gang der Kloakentiere auch noch eher reptilienartig durch "Seitwärtsschlängeln" gekennzeichnet. Sie sind aber trotzdem keine "primitiven" Säugetiere, sondern haben natürlich auch seitdem ihre eigene Evolutionsgeschichte erfahren und eigene Merkmale angehäuft. So verfügen sie beispielsweise über einen elektrischen Sinn, mit dem sie Beutetiere orten können und (zumindest die Männchen) besitzen Giftdrüsen. Wie alle Arten sind die Eierlegenden Säugetiere also nicht "primitiv", sondern an ihre Lebensweise hochspezialisiert angepasst.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig