Wieso sagen viele Menschen "wo" statt "als"?

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schlimmer finde ich ja diese "wie" und "als" vergleiche die mind 75% falsch machen.. zB. "Ich bin älter wie du" - richtig wäre natürlich "Ich bin älter als du".. das kann ich mir auch den lieben langen tag anhören.. ich versteh einfach nicht, wie soviele menschen ein und denselben fehler machen können.. da würde ich auch am liebsten die ganze zeit verbessern, aber das gilt ja als "unhöflich" -__-..


TzudemG  27.06.2020, 11:15

Vlt wollen die Leute aber nicht verbessert werden? Mich macht sowas aggressiv z.b.

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Die Verwendung der Komparativpartikel wie und als wie statt als sind typische Merkmale für eine Umgangssprache, d.h. diese Form sollte - wenn überhaupt - nur in der gesprochenen Sprache ihre Anwendung finden. Aber etwas, was man spricht, kann auch schnell in Schrift übergehen.

Hier noch ein interessanter Artikel über die Sprache, die die deutsche Grammatik bis heute entscheidend geprägt hat:

Quelle und copyright: FAZ vom 8. April 2001

Aufstieg, Abstieg und Pflege einer Mundart / Von Sara Hakerni

Die besondere Tragik der sächsischen Mundart liegt darin, daß alle Welt glaubt, Sächsisch sei schludrig ausgesprochenes Hochdeutsch, wo es sich in Wahrheit doch genau umgekehrt verhält: Hochdeutsch ist schlampig artikuliertes Sächsisch. Schuld daran sind die Preußen. Bis zum Siebenjährigen Krieg, den Friedrich der Große im Jahr 1756 vom Zaun brach, galten die Sachsen als hervorragende Kulturnation – noch heute würde ein wahrer Dresdner lieber erstikken, als während einer Opernvorstellung zu husten – und das Sächsische folglich als vorbildliches Deutsch. Vornehme Leute ließen ihre Kinder Deutsch mit sächsischer Aussprache lernen, und wer es sich, wie Goethes Eltern, leisten konnte, schickte seinen Sprößling zum Studium nach Leipzig.

Den Aufstieg von einer Mundart zum standardsprachlichen Deutsch verdankt der Dialekt Luther. Denn in Sachsen schaute der Reformator in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts dem Volk aufs Maul, um sodann das Sächsische seiner Bibelübersetzung zugrunde zu legen. Nicht weil er dem Kurfürstentum sonderlich zugetan gewesen wäre, sondern aus pragmatischen Erwägungen: Als Siedlersprache der einstigen Mark Meißen wurde Sächsisch fast überall im Heiligen Römischen Reich verstanden.

Zwischen dem neunten und dem elften Jahrhundert kamen Siedler aus den drei großen Sprachlandschaften des Deutschen – dem Oberdeutschen, dem Mitteldeutschen und dem Niederdeutsehen – nach Sachsen. Sie gründeten dort eigene Dörfer, später auch Städte mit deutschen Ortsnamen, die auf -burg, -berg, -bach, -grün, -stein, -hain, -walde und -rode endeten, oder ließen sich in schon bestehenden sorbischen Siedlungen nieder. Im Hoch- und Spätmittelalter entwickelte sich aus den Sprachen der deutschen Siedler mit Einflüssen aus dem Thüringischen, Flämischen und Sorbischen eine einheitliche Verkehrssprache: die Meißnische Kanzleisprache.

Durch Luthers Bibelübersetzung wurde die Grammatik des Meißnischen im ganzen deutschen Sprachraum verbreitet, so daß die Sprecher dieses Dialekts heute noch mit Fug und Recht behaupten können, die hochdeutsche Grammatik sei im wesentlichen sächsisch. Deshalb würde ein Sachse, dem die korrekte Grammatik gewissermaßen in die Wiege gelegt ist, auch niemals einen Satz wie "Das ist die Frau, der wo ihr Mann im Krankenhaus liegt" über die Lippen bringen. Zum Unglück der sächsischen Mundart starb im sechsten Jahr des Siebenjährigen Krieges die Zarin Elisabeth. Ihr folgte Peter 111., ein Bewunderer Friedrichs des Großen, auf den Thron, und Preußen verlor einen seiner erbittertsten Gegner.

Die sprachliche Folge des Friedens von Hubertusburg im Jahr 1763 und der zunehmenden Vorrangstellung Preußens war eine ebenfalls zunehmende Hochschätzung der niederdeutschen Aussprache, wie sie in Norddeutschland üblich geworden war. Mit dem ersten deutschen Aussprachewörterbuch, der "Deutschen Bühnenaussprache", die Theodor Siebs 1898 veröffentlichte, wurde die niederdeutsche Aussprache schließlich als die standartsprachliche Artikulation des Schriftdeutschen aktzeptiert. Daneben wirkt das Sächsische mit seiner zwar korrekten Grammatik, jedoch vollkmmen anderen Aussprache des Schriftdeutschen nun wie verzerrtes Hochdeutsch – wobei als echtes Sächsisch nur dijenigen Dialekte gelten, die in dem Dreieck, das die Städte Leipzig, Dresden und Chenmitz bilden, gesprochen werden. Grob vereinfacht sind im Osten dieses Dreiecks die osterländischen Dialekte angesiedelt und im Westen die meißnischen. In den übrigen Gebieten Sachsens sprechen die Menschen stolz die Prestigemundarten Erzgebirgisch, Vogtländisch und Lausitzisch.

(Fortsetzung hänge ich gleich noch an.)


Soniye  25.03.2012, 09:56

Fortsetzung von "Aufstieg, Abstieg und Pflege einer Mundart / Von Sara Hakerni" aus der FAZ vom 8. April 2001:

Von der hochdeutschen Lautung unterscheidet sich das echte Sächsisch deutlich in der Aussprache der stimmlosen Plosive "p, t, k". Plosive heißen diese Konsonanten, weil der Luftstrom bei der Artikulation in der Mundhöhle zunächst vollständig blockiert und dann plötzlich, wie bei einer Explosion, hinausgelassen wird. Im Sächsischen werden die Plosive stimmhaft artikuliert und sind deshalb akustisch nicht von den Konsonanten "b, d, g" zu unterscheiden. Zudem fallen im Sächsischen der "ich"- und der "ach"-Laut zusammen, was dazu führen kann, daß sächsische Schulkinder erstaunt fragen, weshalb "Disch" einmal mit den Buchstaben t, i, s, c und h geschrieben werde und ein anderes mal mit d, i, c und h. Auch die Aussprache der Vokale weicht von der Standardsprache ab. Die hochdeutschen Diphthonge zweifach tönende Laute wie "ei" oder "eu" – werden monophthongiert, und so bittet die Sächsin, wenn sie eine Tasse Kaffee bestellt, nicht um "Ein Schälchen Heißen", sondern um "Een Scheelsch'n Heeßen".

Wegen dieser artikulatorischen Eigenheiten und des fortgesetzten Prestigeverfalls im 20. Jahrhundert wurde das Sächsische zu einem Instrument sprachlicher Komik. Das geringe Ansehen der Mundart wurde auf ihre Sprecher übertragen: Schon im DDR-Fernsehen war es immer der Dumme oder "Dämel", der sächselte, während der Gewiefte berlinerte und der Fremde bairisch sprach oder schwäbelte. Dieses Schema hat auch nach der Wiedervereinigung Bestand und führt bei vielen Sachsen bis heute zu einem gespaltenen Verhältnis zu ihrem Dialekt: Sie schämen sich für ihr Sächsisch, das sie, anders als die Sprecher des Bairisehen etwa, nicht als eine eigene Sprache wahrnehmen, was an der grammatischen Nähe zum Hochdeutschen liegt. Andererseits führt gerade dieses Schamgefühl zu einer Trotzhaltung, die oft, wenn auch meist auf der Ebene der Selbstpersiflage, in einem Lied kulminiert. So gibt in zwei Wochen die D.C. School eine CD mit dem Titel "Sächsisch für Wessis" heraus: Sie besteht aus einer Art Sprachkurs und dem Lied "Ich will immer nur Kartoffelsubbe", die der echte Sachse allerdings "Gardoff'Isubbe" ausspricht.

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Ich habe da leider keine Ahnung. Ich korrigiere da auch schon immer alle.

Beispiel: Wo wir zu Opa und Oma gefahren sind, war tolles Wetter. Richtig : Als wir zu Opa und Oma gefahren sind ....

Aber irgendwie vertauschen die meisten Leute die Wörter .. oder sie wissen einfach nicht mehr, wo man "als" und wann man "wo" verwendet.

Ich finde, dass man das mal untersuchen sollte, warum das so ist.

Gruß

YuhiSama

Das ist Dialekt, und so angelernt. In der Schweiz beispielsweise gibt es kein "als", dort sagt man auschliesslich wo. zB. "Woni gebore wore bin, isch min vater im Usland gsii.."

Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Besonderheit bis weit ins hochdeutsche Sprachgebiet hineinreicht.

Ich hasse das auch total es heißt in diesen Sätzen nun mal als und nicht wo das macht mich total kirre 😂