Wieso ist es verboten, vom Baum der Erkenntnis zu essen?

18 Antworten

Das war eine Gehorsamsprüfung. Denn es ging darum, ob die Menschen anerkennen, dass Gott das Recht hat, zu bestimmen, was richtig und was falsch ist. Denn er als Schöpfer kennt uns ja am besten. Doch ein stolzer Engel wollte angebetet werden und verführte Eva und sie verführte Adam. So begann die Rebellion gegen Gott und es wurde eine Streitfrage in den Raum gestellt, die beantwortet werden muss. Kann der Mensch ohne Gottes Anleitung glücklich sein? Regiert der Mensch über sich selbst besser, als Gott? Gibt es Menschen, die Gottes Souveränität uneingeschränkt anerkennen? Lies auch das Bibelbuch Hiob. Das gibt weiteren Aufschluss.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Zunächst muss mal klar sein, dass es sich nicht um eine historische Gegebenheit handelt, sondern um eine 3000 Jahre alte Glaubensaussage, die in einer Geschichte dargestellt wird. Sie behandelt die Frage: Wie kommt es zur Schuld und welche Folgen hat das.

Es heißt übrigens nicht einfach "Baum der Erkenntnis", sondern "Baum der Erkenntnis von Gut und Böse".

Mit "Erkenntnis" ist hier nicht einfach eine Art Wissensvermehrung gemeint, sondern die gottgleiche Verfügungsgewalt über Gut und Böse.

Und darauf bezieht sich dann das Verbot.

Wohin das führt, wenn jemand oder ein System bestimmen kann, was gut und böse ist, kann man plastisch an bestimmten Politikern und totalitären Systemen (Nationalsozialismus) sehen.

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Erkenntnis erhältst Du nicht durch das Essen von einem Baum (Es sei dann, der Baum hat giftige Früchte), sondern durch Erfahrung und Nachdenken. Es gibt keinen schnellen Weg zur Erkenntnis, sondern der Weg ist mühsam aber die ,,Belohnung" ist entsprechend.

Und wieso geht es in der Spiritualität, Mystik und der Selbsterforschung (wenn nicht sogar im Leben an sich) AUSSCHLIEßLICH um Erkenntnis?

Richtige Erkenntnis ist unerlässlich für Fortschritt auf dem spirituellen Weg. Erst wenn Du weißt, warum Du etwas machst und was Deine Einstellungen und Regungen sind, kannst Du Deine Spiritualität entdecken und danach leben.

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Patrickson  04.02.2021, 23:20

Der Baum der Erkenntnis ist nicht der Baum des Lebens.

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Es gibt verschiedene Arten von Erkenntnis. Adam war ja zuvor mit dem neschamah begabt worden, dem Erkenntnisgeist des Lebens (Gen. 2.7).

Das Leitmotiv der Paradiesgeschichte ist nicht Schöpfung, sondern Landwirtschaft (Ackerbau). Wie die biblischen Chronologien gemeinsam mit der Edenbeschreibung ergeben, gehören Adam und Eva nicht an den Anfang der Menschheit in Ostafrika, schon gar nicht an den Anfang der Welt. Sie lebten in der jüngeren Vergangenheit, mitten in der Jungsteinzeit, in einer seit Ende der sechsten Schöpfungsperiode bevölkerten Welt. Ihr Habitat war einer der wichtigsten Zivilisationsherde der Welt: Südmesopotamien. Dort war damals die neolithische Revolution in vollem Gange. Nicht nur wird das nomadische Wildbeutertum gegen sesshafte Landwirtschaft (Gen. 2.15) eingetauscht und lose Siedlungsplätze gegen befestigte Städte, Stadtstaaten und Länder (siehe Edenbeschreibung).

Die neolithische Revolution begann also nicht erst nach der Vertreibung aus dem Paradies, sondern schon lange davor. Die ersten dieser Zivilisationen bildeten sich um Tempelanlagen (siehe auch Göbekli Tepe), die auch als Bäume bezeichnet wurden. Auch der ,,Baum der Erkenntnis" und der ,,Baum des Lebens" dürften solche Tempel gewesen sein. Das mit ,,essen" übersetzte Wort bedeutet verbrauchen, genießen und meint kein harmloses Anknabbern, sondern komplettes Aufbrauchen. Wahrscheinlich ging es um Ressourcen wie Energiequellen, die von befugten Personen (,,Elohim") verwaltet wurden und von Adam und Eva aufgebraucht wurden, was die Lebensbedingungen dramatisch verschlechterte. Die Vertreibung bzw. Flucht aus dem Garten Eden war die einzige Überlebenschance.

Die genaue Identität Nachaschs ist nicht zu klären, auch nicht seine Motivation. Sicher kann man nur sagen, dass er kein Tier war, denn ,,arum" (klug) wird in der Bibel niemals für ein Tier gebraucht. Verwirrung stiftet bisweilen die Aussage, dass er klüger war als alle anderen Tiere des Feldes. In den Übersetzungen hört sich das so an, als sei die Schlange das klügste Tier im Garten Eden. Die hebräische Formulierung meint aber einfach freie Felder außerhalb befestigter Einfriedungen wie dem Garten Eden. Dazu kommt, dass die Bibel bis auf die Gottebenbildlichkeit keinen wesentlichen Unterschied zwischen Mensch und ,,Tier" macht, siehe auch Pred. 3.18-20..

Bleibt noch die etymologische Herleitung: Nachasch leitet sich vom hebräischen Wort für Flüstern, Murmeln ab und wird öfter mit Wahrsager übersetzt. Möglicherweise war er also eine Art Seher, der den Wohlstand im Garten Eden neidete, in jedem Fall ein menschliches Wesen. Fakt ist, dass im Pentateuch kein Wort für Teufel vorkommt. Das ganze Alte Testament kennt keinen Teufel. Die Gestalt im Buch Hiob fungiert eher als ,,Staatsanwalt", denn als Bösewicht.

Buchtipp: ,,Auch Adam hatte eine Mutter" von Paul Hengge

,,Klima und Kulturen - Die Geschichte von Paradies und Sintflut" von Elmar Buchner

,,Das Tagebuch der Menschheit - Was die Bibel über unsere Evolution verrät" und ,,Die Wahrheit über Eva: Die Erfindung der Ungleichheit von Frauen und Männern" von Carel v. Schaik

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ulrich1919  04.02.2021, 23:09

Sehr gute Erklärung. Für fundamentalistische Bibelgläubigen unakzeptabel, aber nur diese Erklärung führt zu extrem interessante Schlussfolgerungen!

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Serendipity87  04.02.2021, 23:20
@ulrich1919

Danke, auch für das Kompliment!

Fundamentalisten müssten erst mal die Tatsache akzeptieren, dass es eben nicht die ,,Bibel" ist, an die sie so sehr glauben, sondern was die mittelalterlichen Auslegungsgelehrten auf Basis spätbabylonischer Mythen in die Bibel hineininterpretiert haben. Schon das ist aus ihrer Sicht eine Bankrotterklärung. Aber auch die bibelkritische Theologie ist nicht zu beneiden, denn deren ,,Theorien" sind genauso obsolet.

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Ja, aber nicht jede Erkenntnis ist gut für uns. Wer nie Heroin konsumiert, wird nie die Erkenntnis des berauschenden Erlebnisses haben. Aber das ist auch gut so. Wer noch nie gemordet hat, weiss auch nicht wie sich das anfühlt. Aber das ist auch gut so.

Wir können froh sein, dass uns so manche Erkenntnis erspart bleibt, die hinterher als Trauma enden würde.

Der Katzenjammer kommt immer hinterher. Und dann die Erkenntnis "Hätte ich nur nicht!"

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