Wieso ist der Westen eigentlich so wohlhabend?

18 Antworten

Kriege bringen einem Staat nur dann Vorteile, wenn diese nachhaltig gewonnen werden. D.h. wenn der Krieg auf lange Sicht nicht teurer ist, wie der Wert der Beute.

Im ausgehenden, europäischen Mittelalter gab es eine Unmenge Kriege, die dem jeweiligen Sieger letztlich aber kaum etwas einbrachten: er eroberte irgendein Land, das zuvor arm war und es blieb danach auch arm. Vorteile brachte das nur den jeweiligen Landesherren, die dadurch wenige Steuern von etwas mehr armen Untertanen bekamen. Europa als ganzes blieb trotzdem sehr arm.

Das änderte sich erst durch eine Ursache, die man Aufklärung nennt. Die Menschen hinterfragten Dinge, wodurch man natürlich auch nicht direkt reich wird. Aber es kommen dabei nicht nur philosophische Abhandlungen heraus, die nett zu lesen sind, sondern auch Dinge, die das Leben vereinfachen, die also innovativ sind.

Richtig in Schwung kam dieses System durch die Industrielle Revolution und die folgende Industrialisierung Europas. Erst dadurch wurden die europäischen Staaten der übrigen Welt immer überlegener und hatten die Mittel, um den den größten Teil der Welt zu kolonisieren (einige erfolgreicher als andere).

Das größte Kolonialreich war nicht zufällig das britische. Das wurde dadurch das größte, weil die Industrialisierung dort zuerst in Schwung kam.

Der heutige Reichtum beruht zwar auch auf den früheren Kolonien, aber die Ursache liegt darin, daß die (nützlichen) Innovationen in Europa zahlreicher waren als irgendwo sonst - daran könnte sich künftig einiges ändern, denn die Innovationsfähigkeit Europas scheint langsam zurückzugehen.

Wenn ich "Europa" schreibe und nicht "der Westen", dann deshalb, weil das historisch alles Europa ist: das heutige Nordamerika und Australien wurden fast ausschließlich durch Europäer besiedelt. Und Staaten, wie Japan, wurden erst erfolgreich, als sie das Erfolgsmodell kopierten.

Wenn die Kriege einen nennenswerten Einfluß auf das heutige Wohlstandsniveau gehabt haben sollen, dann wäre Deutschland wohl nicht auf Platz 13. Auch Kolonien gab es nicht lange und nicht in dem Umfang wie andere Länder sie hatten. Hat also mit Platz 13 auch nichts zu tun.

Ich werde jetzt mal ein paar politisch unkorrekte Dinge von mir geben. Daß das kapitalistische Wirtschaftssystem dem Sozialismus/Kommunismus haushoch überlegen ist, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten wollen. "Der Westen" profitiert zudem davon, daß Korruption (und die organisierte Kriminalität) hier nicht eine so bedeutende Rolle spielen wie in Osteuropa, in Afrika oder in Südamerika. Afrika ist wirtschaftlich am schlimmsten dran, aber das liegt nicht nur an der angeblichen Ausbeutung durch "den Westen". Ich habe das große Glück, in Afrika lebende Verwandte zu haben und zu zahlreichen Kontakten in die Entwicklungshilfeszene zu verfügen. Was man von dieser Seite zu hören bekommt, macht ziemlich betroffen. Afrika sei in weiten Teilen gar nicht entwicklungsfähig weil die Mentalität der Menschen dem Grenzen setzt. Ein Leben im Hier und Jetzt (es gibt, so sagte man mir, keine afrikanische Sprache, in der ein Wort für "morgen" oder "Zukunft" existiert) läßt vorausschauendes Handeln unmöglich erscheinen. Das Klima spielt da auch eine Rolle. Vielerorts gibt es keine ausgeprägten Jahreszeiten, was eine Vorratshaltung von Lebensmitteln entbehrlich macht, da ganzjährig immer irgendetwas zu Essen verfügbar ist. Auch der rational nicht erklärbare Kinderreichtum verringert die Armut nicht gerade. Mit unseren (bewährten und erfolgreichen) Denkmustern kommt man dort nicht weiter. Wenn irgendwo etwas einigermaßen läuft, dann in denjenigen Regionen, die noch über Infrastruktur aus der Kolonialzeit verfügen. Irgendwann wird aber auch die vergammelt sein. Südafrika funktioniert (noch) einigermaßen. Ansonsten herrscht Chaos, Miß- und Vetternwirtschaft, Stammeszwist, Bürgerkrieg. Wer etwas in der Birne hat und im Hintergrund eine Familie, die es sich leisten kann, studiert in Europa und den USA und sieht zu, daß er seinen Fuß nicht wieder nach Afrika setzt. Nein, dafür kann man den "bösen Westen" nun beim besten Willen nicht verantwortlich machen...

Der Wohlstand in den westlichen Industrieländern beruht zu einem großen Teil auf der Fähigkeit und Tüchtigkeit der Bewohner derselben. Diese Tatsache darf man heute nicht mehr aussprechen, aber es ist nun einmal so.

Reich wird man nicht auf Kosten anderer, schon gar nicht von Leuten, die selbst nichts haben. Wie willst Du denn reich werden, wenn Du einem nackten Mann in die Tasche greifst? Reich wird man, indem man die Produktivität steigert und aus den Produktionsfaktoren mehr an Wohlstand schöpft als andere. Noch bis ins Mittelalter war der Westen nicht reicher als die Herrschaften im osmanischen Reich, die auch nicht zimperlich waren, sich fremdes Gut anzueignen.

Der Unterschied kommt erst durch die Aufklärung, eine langsam stattfindende Zurückdrängung des Einflusses der Religion. Religion hat - west wie ost - wissenschaftliche Fortschritte ausgebremst. Mit der Renaissance und dann der Aufklärung wurden für die wissenschaftliche Forschung die religiösen Ketten gesprengt. Die unmittelbar folgende Anwendung des wissenschaftlichen Durchbruchs zeigt sich dann in der Industrialisierung, der enormen Verbesserung landwirtschaftlicher Erträge und der Medizin. Folge war eine Bevölkerungsexplosion und z.B. die breite Besiedlung der USA. Infolge der gesteigerten Effektivität kam es zur Explosion des Warenangebots bei gleichzeitig fallenden Preisen. Noch in den 50er Jahren konnten sich nur wenige ein Auto leisten, Urlaub in Italien war schon was besonderes usw.. Unser Reichtum ist der Erfolg der wissenschaftlich-technischen Revolution und einer guten Organisation der dazu notwendigen Arbeitsteilung, was übrigens die Sozialisten nicht geschafft haben. Deren Zentralverwaltung hat Effektivität abgemurkst und darum sind sie auch wirtschaftlich gescheitert.


Dichter1Denker  08.09.2018, 13:00

Reich wird man nicht auf Kosten anderer, schon gar nicht von Leuten, die selbst nichts haben. Wie willst Du denn reich werden, wenn Du einem nackten Mann in die Tasche greifst?

Der größte Blödsinn den ein kapitalistischer Propagandist nur los lassen kann. Diese Aussage würde nämlich implementieren, dass wir unseren gesamten Wohlstand selbst erarbeiten tun wir aber nicht.

Und dabei greifen wir selbst einem komplett nacktem Kontinent wie Afrika noch in die Taschen:

Ist Dir eigentlich klar, dass allein in Afrika jedes Jahr 18 Milllionen Menschen einen Eintrag ins "Schwarzbuch Kapitalismus" erhalten???

https://www.amazon.de/Afrikanische-Totenklage-Peter-Scholl-Latour/dp/3442152194

Da erscheinen die 20 Millionen Tote des Stalinismus oder die 60 Millionen Tote des Maoismus als harmlos im Vergleich dazu!!!

Weil auf deren Agrarfelder pflanzliche Industrie-Produkte für den Westen angebaut werden oder Tiernahrungsmittel um unseren ungesunden Fleischkonsum zu ermöglichen.

Im August 2018 lief auf arte eine Doku über Äthiopien. Dort wurde berichtet, dass dieses Land über die fruchtbarsten Agrarfelder verfügt. Genau darum haben westliche Konzerne auch massenhaft Felder in Äthiopien gekauft.

Und liefern Waffen an paramilitärische Einheiten um diese Felder zu bewachen, so dass die verhungernden Menschen sich dort keine Lebensmittel beschaffen können. Das ist der Grund warum Menschen in Afrika verhungern.

Das erinnert stark an Mao Zedong seinen "Sprung nach Vorn" und an die Vorgehensweise der Maoisten während der Hungersnot in China.

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Dichter1Denker  08.09.2018, 22:03
@Jokerfac3

Ja. Das stimmt. Da war ich wohl etwas aufgebracht, als ich das geschrieben hatte, wegen dieser ganzen Propaganda :-)

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Luxemburg, Schweiz, Island sind Steueroasen. Leute aus aller Welt bunkern ihr Geld da. Selbst haben die Länder aber relativ wenige Einwohner wodurch das Pro-Kopf Bruttosozialprodukt in die Höhe schnellt. Absolut gesehen ist es aber nicht so hoch .... es ist gefaked würde ich sagen ;-) Kann Land mit wenigen Einwohner die sehr niedrige Steuern haben genau so erreichen. Nur wenn das ein Afrikanisches Land machen würde, würde man es ihnen nicht abnehmen, dass sie ehrlich sind. Also kaum einer würde da sein Geld punkern, die korrupten Politiker bedienen sich und weg ists ;-) Also den Europäern glaubt man eher als Südamerikanern,Afrikanern,Asiaten und Ozeaniern ;-)

Norwegen ist wirklich so gut. Aber auch hier wird von Ausland Geld gepunkert, da man Norwegen genauso als ehrliches Land einstuft und dort seine Investitionen gut aufgehaben sieht. Ich kenne jedoch mich mit der Politik von Norwegen nicht so gut aus --- müsste man jetzt mal genauer nachgoogeln was da mit Steuern, Investitionen und Ausländern so ab geht. (allein 100 IKEA Bosse, hiefen das vermögen von 100,000 Norwegern auf den 5-fachen Betrag).

Allerdings gilt auch da: wenige besitzen viel, die Masse der Bevölkerung ist nicht so reich wie der Wert suggeriert. Die Durchschnittswerte sind nicht so aussagekräftig. Du müsstest die Median-Werte haben.

PPP ist die Kaufkraftparität. Es hat was mit der Währung zu tun aber nicht unbedingt damit ob die Leute dort reich sind.

Im Median sieht Deutschland z.B. ziemlich schlecht aus. Ich muss mal suchen ob es eine Media-Vermögens Liste pro-Kopf der Länder gibt.


Niconasbeznas  08.09.2018, 11:10

Norwegens Wirtschaft war vor 70 Jahren Fischerei und bisschen Landwirtschaft. Denen geht es so gut, weil sie in Erdöl schwimmen.

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iqKleinerDrache  08.09.2018, 07:38

Ich hab mal gegoogelt und eine Median-Vermögensliste der Länder gefunden. Deutschland ist da einen Platz hinter Griechenland ... lol ;-) wer sollte also jetzt welchem Land Finanzhilfe geben ... hehe

  1. Island (ja Island ist der Gewinner ... dort sind wirklich wenn du beliebige 100 Leute triffst diese reicher als in irgend einen anderen Land )
  2. Schweiz (war ja klar)
  3. Australien (ist überraschend)
  4. Luxemburg (war auch klar, sehr wenige Einwohner)
  5. Belgien (ja ja, das EU Parlament)
  6. Neuseeland (hm, wie kommt das)
  7. Norwegen (klar)
  8. Italien (jetzt fress ich nen Besen ... und da sagt nochmal einer die Italiener haben Geldprobleme . Ich würd eher sagen die zocken ab ).
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iqKleinerDrache  08.09.2018, 07:44
@iqKleinerDrache

witzig sind die Rangfolgen auf Platz 24 und folgende

24. Österreich

25 USA

26 Griechenland

27 Deutschland

(wobei vor 24 schon so Dinger wie: Singapur, Israel, Taiwan, Malta kamen ... alle reicher als Deutsche)

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Agentpony  08.09.2018, 13:00
@iqKleinerDrache

Ein wichtiger Einfluß hierbei ist, daß die Eigenheimquote in Deutschland lächerlich gering ist.

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Es liegt nicht nur, aber auch an der Kolonialisierung. Schau dir die indigenen Völker Nordamerikas an: bei Kolumbus Ankunft 1492 lebten sie wie die Wilden, denn Amerika war isoliert. Europa tauschte sich mit dem Orient und ganz Asien aus, kluge Köpfe kamen zusammen. Das ist meiner Meinung nach ganz entscheidend: in jeder Kultur gibt es kluge Köpfe. Jeder für sich macht aber keinen Unterschied. Wenn sich viele zusammensetzen, können sie gemeinsam etwas bewirken. Der Austausch der Kulturen in Europa war entscheidend.

In die USA wanderten damals verschiedenste Leute aus Europa ein, die der Wunsch nach Freiheit einte - auch hier konnten sie voneinander profitieren.

Die Kolonialisierung war also Bestandteil, aber meiner Meinung nach nicht ausschlaggebender Faktor. Auch die Regierungsformen, gesellschaftliche Zustände und politische Aspekte sind für die Wirtschaft entscheidend. Sind diese Dinge mies, behindert das die Wirtschaft.

Dieses ganze Gerede von wegen Europa beutet die Welt aus, Kolonialisierung blabla, ist nur ein Stück weit berechtigt. Gerade in Afrika kommen Entwicklungshilfen oft nicht beim einfachen Volk an, sondern werden von korrupten Politikern eingesteckt.