Wieso darf die Lyrik die Grammatik ignorieren?
In der Lyrik, also in Gedichten, ist grammatisch anscheinend alles erlaubt. Wörter werden aufs Unsinnigste verschoben, sämtliche Regeln ignoriert. Ein Beispiel aus dem Gedicht „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ von Theodor Fontane:
„Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus, Trugen von Ribbeck sie hinaus“
Dabei weiß jeder Erstklässler, dass es „Und drei Tage drauf trugen sie von Ribbeck aus dem Doppeldachhaus hinaus“ heißen müsste! Wie kommt es, dass ausgerechnet solche sprachlichen Stümper, die es innerhalb der Standards zu nichts bringen und Regeln brechen müssen, um etwas auf die Beine zu stellen, verehrt und teilweise sogar mit richtigen Schreibern auf eine Stufe gestellt werden? Echte Autoren wie Karl May und Michael Ende hatten das schließlich nicht nötig! Und wieso hinterfragt das keiner, nimmt das jeder so hin? Ich vermute ja, dass das Einprügeln dieses Gedankens in die Gehirne der Kinder, wie es an deutschen Schulen nunmal leider stattfindet, etwas damit zu tun hat...!
4 Antworten
Die Lyrik darf ALLES. Wenn Dichter von der Grammatik abweichen, dann hat das immer eine Bedeutung. Fehlende Satzzeichen (z.B. bei Ulla Hahn) erzeugen Zweideutigkeit. Falsche Reime bei Eichendorff (Mondnacht) erzeugen den Eindruck, dass das sorgfältige konstruierte Gedicht ein Volkslied ist oder eine flüchtige Impression.
Es gibt noch eine "Literatur"gattung, die das macht, weil es auich bei ihr nicht so sehr darauf ankommt, was der Autor in einen Text hineingetan hat, sondern eher darauf, was der Leser dem Text entnimmt – nämlich Werbetexte. Gibt es das Wort "unkaputtbar"? Warum hat eine gute Headline keinen Punkt am Ende? (Damit der Leser zum Weiterlesen motiviert wird).
Grammatik ist nur eine Leitplanke für die alltägliche Kommunikation (obwohl sie bei GF-Postings meistens aufs Übelste vernachlässigt wird), aber nicht für die Kunst.
Zwar könnte man hier die künstlerische Freiheit anführen, muss es aber gar nicht.
Auch der folgende Satz klingt und ist nicht verkehrt:
Gestern, gegen 17 Uhr in der Bahnhofstraße, passierte ein schwerer Unfall.
Hast du als Erstklässler Fontane schon gekannt? Als du Sprachrhythmus noch nicht nachempfinden konntest? Kannst du's heute?
Die Sprachbeherrschung Fontanes nehme ich gerne so hin.
Wortstellungen müssen nicht immer schön sein: Es kommt darauf an, sich ihrer Wirkung zu bedienen.
Lyrik ist Kunst. Manche Bilder von Malern sehen auch nicht unbedingt in jedes Betrachters Auge schön oder nach Kunst aus.
Geschmackssache.
Wie wäre es wenn du ab morgen darauf achtest das jeder Satz, jedes Wort das du sprichst absolut korrekt ist.
Die Aussprache welche die Jugendlichen an den Tag legen ist manchmal schräg. Und nehmen wir mal Dialekte da klingt manches auch sehr strange.
Aber du beschwerst dich ernsthaft über Lyrik? Mir scheint du hast den Sinn von Gedichten nicht verstanden.
Weil es sonst kein so "typisches" Gedicht wäre, wenn es immer korrekte Sätze sind.