Wieso ärgert ihr euch über das Gender*?

7 Antworten

Wer ist denn mit "euch" gemeint? Ich habe nichts und niemandem Tür und Tor geöffnet. Für mich existiert diese Stottersprache ebenso wenig wie die sinnlose Doppelnennung, die zu Schlangensätzen führt, oder dieses krampfhafte "Partizipieren". Ich rede so, wie ich es gelernt hab, und schalte den Fernseher immer sofort um oder aus, wenn sich wieder irgendwelche Fanatiker oder deren Mitläufer in zungenbrecherischer Genderakrobatik üben oder mir anderweitig mit diesem Thema auf den Keks gehen. Oder die Keksin.

Dir ist vielleicht entgangen, dass das Gendern von einer kleinen, lauten Minderheit betrieben wird, die sich einen feuchten Kehricht darum schert, dass die überwiegende Mehrheit nichts, aber auch rein gar nichts mit dieser Spachverunstaltung zu tun haben will.

Das Gendern ist ein sinnloses Herumdoktorn an Symptomen und höchst inkonsequent. Man kann die deutsche Sprache nicht einfach "umkrempeln" mit * und : usw., die deutsche Sprache hat die "Geschlechteritis" viel tiefer eingebaut, ich sage nur Artikel... Die Ursachen behandeln, nämlich die Verhaltensweisen zu ändern, wäre ursächlicher, aber auch schwerer.

Ich finde die Genderei schlicht stümperhaft, sie ist ein in Wahrheit hilfloser Versuch, bestimmte Missstände gewaltsam geradezu zu übertünchen.

Wen sprichst du denn da an und was meinst du genau? Die Menschen, die sich ärgern, sind ja gar nicht diejenigen, die den Genderstern eingeführt haben. Das waren ja eher Sprach-/ Genderaktivitsten und Journalisten.

Es gibt Bevölkerungsgruppen mit großer Änderungsbereitschaft und einem Stolz darauf, Vorreiter zu sein. Die sind meist für das Gendern.

Und es gibt Bevölkerungsgruppen mit geringer Änderungsbereitschaft und dem Wunsch, Sprache weiterhin weitgehend unbewusst zu nutzen, sowohl passiv (lesen, hören) als auch aktiv (verwenden). Die stören sich eher an der Gendersprache.

Es ist auch ein großer Unterschied, ob man noch in der Schule ist oder beruflich intensiv mit Sprache und Sprachwandel oder Linguistik befasst ist und so etwas dann spannend findet, oder beruflich wenig mit so etwas zu tun hat und das Gefühl hat, irgendwelche Aktivitäten würden nun in das eigene Privatleben, die eigene Verwendung von Sprache eingreifen, entgegen einem natürlichem Sprachwandel, dem man sich anschließen oder z.B. aufgrund des Alters auch verschließen kann. Ältere Menschen verwenden oft noch Begriffe, Wendungen oder manchmal auch Rechtschreibung und Arten von Schreibschrift, die jüngere Menschen gar nicht mehr kennen. Das war immer normal und wurde toleriert, wird aber mit Einführung von so etwas wie Gendersprache zunehmend schwierig.

Darüber kann man sich meist erst ein Urteil bilden, wenn man selbst zwischen 70 und 90 ist und sich die Sprachkonventionen plötzlich radikal geändert haben, so dass man nicht mehr mitkommt.

Das Gendern mit Sternchen, Binnen-I oder sonstigen Satzzeichen soll angeblich nicht-binäre Menschen besser inkludieren – merkwürdigerweise habe ich aber noch nie eine nicht-binäre Person getroffen, die sich durch "Lehrerinnen und Lehrer" nicht auch angesprochen fühlen würde.

Dazu kommt noch die Tatsache, dass das Gendern mit Satzzeichen die Teilhabe am Alltagsleben nicht nur für Sprachlernende sondern auch für Blinde und Sehbehinderte Menschen massivst erschwert, da Screenreader mit so etwas nichts anfangen können.

https://www.youtube.com/watch?v=aZaBzeVbLnQ

LG

Keine Ahnung, was du uns hier mitteilen möchtest, aber die Basis gendergerechterer Sprache ist sprachwissenschaftliche Evidenz: Generische Maskulina sind eindeutig männlich assoziiert. Das ändert sich nicht, egal wie laut von irgendwem dafür oder dagegen argumentiert wird.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – ich forsche als Linguist zum Thema "Gender(n)"

Nic0LP  19.12.2022, 18:47

Wenn es NUR das generische Maskulinum gäbe, würde es auch nichts anderes geben, womit man im Gegensatz weiblich oder divers assoziieren könnte. Wenn ein Begriff wie Lehrerin zum Beispiel nicht existieren würde, dann wäre es offensichtlich, dass damit jeder gemeint sein muss, sonst gäbe es keinen Begriff um 3/4 der Menschen in diesem Beruf zu benennen. Wenn es aber jetzt natürlich eine weibliche Form ebenfalls bekannt wird, dann funktioniert die Benutzung des generischen Maskulinums nicht mehr, da es eine Alternativform (speziell weiblich) gibt, die explizit ausgelassen wird. So denkt man logischerweise nicht mehr an Frauen. Das einzige was dann noch übrig bleiben würde ist das männliche Pronomen, was davor steht.
Man sollte übrigens bedenken, dass das genauso negativ konnotierte Begriffe wie "der Kriminelle" betrifft - daher ließe sich auch nicht wirklich eine generelle Überstellung des männlichen Geschlechts ableiten.
Wie man das ganze löst weiß ich allerdings auch nicht - man kann die bisherigen Begriffe halt nicht mehr einfach aus den Köpfen rausholen. Um eine Überbetonung eines Geschlechts zu verhindern und gleichzeitig nicht die Sprache völlig unnötig zu verkomplizieren und zu strecken, wäre eigentlich eine Neueinführung eines Pronomens gut, das weder männlich noch weiblich ist. Vielleicht kennt ja jemand "ens Einkaufskorb". Die Idee finde ich gar nicht so schlecht, wie sie sich für die meisten anhört. Das einzuführen ist schwierig, aber von mir aus könnte man eher "das Mitarbeiter, das Lehrer, das Fußballtrainer" sagen (und vor allem schreiben) anstatt "der / die / * Mitarbeiter*in, der / die * Lehrer, der / die / * Fußballtrainer*in". Nicht zuletzt macht es bei manchen Wörtern gar keinen Sinn, sie dort zu trennen. Zum Beispiel: Ärzt*in beinhaltet zwar die weibliche Form "Ärztin" aber einen "Ärzt" gibt es nicht. Diese Form von Gendern ist keine zufriedenstellende. Wenn man die Sprache so ändern will, dann auch richtig.

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Adomox  19.12.2022, 18:51
@Nic0LP

Richtig: Ohne feminin movierte Formen wären generische Maskulina kein Problem. Ebenso stimme ich zu, dass man die weiblich movierten Formen nicht einfach abschaffen kann, da dies schlichtweg nicht umsetzbar wäre.

Ob allerdings ein neues Pronomen (du nennst keines) zielführend wäre, wage ich zu bezweifeln.

Ens-Gendern ist unterkomplex und löst nicht nur Gender-Unterschiede auf, sondern z.B. auch Kasus. Entsprechend wenig halte ich davon.

Das "Arzt-Problem" ist kein Problem. In Ärzt ist die semantische Information von Arzt enthalten, im Sternchen weitere Geschlechter, im -in das weibliche Geschlecht. Der Umlaut in der Basis ändert daran nichts, auch wenn das gerne behauptet wird.

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Nic0LP  19.12.2022, 18:58
@Adomox

Statt dem Ens-Gendern habe ich ja auch meine Beispiele mit "das" statt "der oder die" geschrieben- warum ginge das nicht? Es ist neutral und zumindest ein bekanntes Wort.
Bezüglich Arzt-Problem: Ich meine mehr das Sprachgefühl. Ja klar ist die Information darin enthalten, aber Ärzt*in soll ja die Abkürzung für "Arzt oder Ärztin" sein (plus Gendersternchen) - ich finde es persönlich irritierend, wenn dort dann im Prinzip einfach Ärztin mit einem Sternchen dazwischen steht, genauso als sagte man "ÄrztIn" (mit gesprochener Pause). Es ist nunmal nicht die generisch-maskuline Form wörtlich darin enthalten, auch wenn sich die Information darin widerspiegelt.
Das sehe ich dennoch nicht wirklich soo kritisch und ist sicherlich viel Gewöhnungssache, damit könnte ich mich abfinden

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Adomox  19.12.2022, 19:01
@Nic0LP
Statt dem Ens-Gendern habe ich ja auch meine Beispiele mit "das" statt "der oder die" geschrieben- warum ginge das nicht? Es ist neutral und zumindest ein bekanntes Wort.

Der Artikel ändert nichts an der Wahrnehmung des Substantivs danach. Ändern wir also Artikel, behalten aber Maskulina und feminin movierte Gegenstücke, bringt das gar nichts.

Bezüglich Arzt-Problem: Ich meine mehr das Sprachgefühl.

Findest du Ärzte dann auch seltsam, da Arzt nicht darin enthalten ist?

mit gesprochener Pause

Es ist keine Pause, sondern ein glottaler Verschlusslaut.

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Nic0LP  19.12.2022, 19:15
@Adomox
Der Artikel ändert nichts an der Wahrnehmung des Substantivs danach. Ändern wir also Artikel, behalten aber Maskulina und feminin movierte Gegenstücke, bringt das gar nichts.

Richtig, deshalb wäre meine (zugegeben recht utopische) Vorstellung das Reduzieren auf eine Form. Von mir aus auch nur die weibliche, auch wenn sie länger ist und der Umgewöhnungsprozess noch schwieriger wäre, finde ich immer noch besser als zwei.

So eine Umgewöhnung ist schwierig, aber schon möglich. Ich habe den Umschwung bei mir selber gemerkt: Vor einigen Jahren, als ich in den allermeisten Fällen z.B. "Arzt" noch sowohl für männliche als auch weibliche Personen benutzt wurde (das war zumindest bei meinem Umfeld der Fall, ich gehe aber sehr stark davon aus, dass das eine allgemeine Entwicklung war), hatte ich ein viel allgemeinere und inklusive Vorstellung bei dem Wort. Das Gendern verstärkt jedoch, dass ich bei "Arzt" eigentlich nur noch männliche Personen vor dem Kopf habe. Diesem Umstand sollte man sich zumindest bewusst sein, sonst verbaut man sich Alternativen noch weiter, weshalb ich es besser finde, erstmal mit etwas mehr Ruhe den besten Weg zur Sprachumgestaltung zu finden, anstatt immer wieder verschiedene, neue Maßnahmen inkonsequent durchzusetzen, die die Mehrheit ablehnt. Weil die Mehrheit etwas (noch) nicht gut findet, muss es nicht zwingend eine schlechte Entscheidung sein, aber ich sehe das nicht als eine langfristig gute Lösung an, die genug Anklang finden wird. Aber das ist nur Spekulation.

Findest du Ärzte dann auch seltsam, da Arzt nicht darin enthalten ist?

Nein, natürlich nicht, "Ärzte" ist ja auch die etablierte Pluralform und nicht eine andere Geschlechtsform wie "Ärztin" (singular). Daher ist das Gendern von "Ärzt*innen" auch weniger kritisch, da dort die Pluralform des Männlichen drinsteckt, zumindest wenn man die klanggleiche Endung (die auch das "e" hinter "Ärzt" enthält), dazuzählt

Es ist keine Pause, sondern ein glottaler Verschlusslaut.

Nie gehört, aber danke für die Info

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Putzlapppen 
Beitragsersteller
 19.12.2022, 18:43

Ich habe nur mit meinem Post die Gendern-Kritier für diesen Wandel verantwortlich gemacht.

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iQhaenschenkl  19.12.2022, 18:33

Da Menschen aber nicht aus Algorithmen bestehen, ist grade mit der Sprache kaum etwas logisch zu erklären!

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iQhaenschenkl  19.12.2022, 18:36
@Adomox

Hm…., Du drückst Dich hier so gebildet aus und verstehst meinen Kommentar nicht, der doch ganz klar etwas aussagt?

Seltsam!

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iQhaenschenkl  19.12.2022, 18:41
@Adomox

Ach übrigens berücksichtig der Ausdruck „Evidenz“ nicht das menschliche Gemüt, nur die Philosophische Schlussfolgerung. Das geht dem Normalbürger irgendwo vorbei!

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Adomox  19.12.2022, 18:41
@iQhaenschenkl

Ich kann eben nicht in deinen Kopf blicken - da hilft auch mein Doktortitel nicht.

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iQhaenschenkl  19.12.2022, 18:43
@Adomox

Ich habe weder studiert, noch promoviert!🤷‍♂️ Wenn das für Dich ein Ausschlusskriterium ist, habe ich halt Pech gehabt!

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Adomox  19.12.2022, 18:43
@iQhaenschenkl

Scheinbar verstehe nicht nur ich deine Kommentare nicht, sondern du auch nicht meine. Großartiger Austausch, danke.

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iQhaenschenkl  19.12.2022, 18:45
@Adomox

Ist ja nicht das erste Mal, dass wir über Kreuz sind!🤷‍♂️

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iQhaenschenkl  19.12.2022, 18:49
@atm77

Was ist daran nicht zu verstehen? In der Antwort steht etwas von Evidenz, also der Philosophischen Schlussfolgerung dessen und ich entgegne, dass der Mensch nicht aus Algorithmen besteht, sondern aus Gefühlen, die eben nicht mit Logik zu erklären sind?

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atm77  19.12.2022, 18:56
@iQhaenschenkl

Evidenz hat nichts mit Philosophie zu tun.

Vielleicht liegt es daran.

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