Wie steht ihr zu den Grünen?

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Ich sags mal so. In der Politik ist Fachwissen und Kompetenz anscheinend nicht so wichtig wie in der freien Marktwirtschaft. Dort gäbe es in den entsprechenden Leitungspositionen schärfere Konsequenzen. Aber da es sich ja nur um unsere Regierung und kein Unternehmen handelt, ist es in Ordnung wenn der "CEO" einer riesen Steuerhinterziehung beschuldigt wird, sich an nichts davon erinnert und bereits beschlagnahmte Beweismittel plötzlich auf magische Weise verschwinden. Auch ok, wenn der Abteilungsleiter des Außendienstes teils völligen Schwachsinn an die Kunden und Geschäftspartner ranschwätzt und Fehler in der Aussprache keine Seltenheit sind. Sein Job hat ja nur mit Kommunikation zu tun aber ist ok. Und weil dieses Unternehmen nicht nur verschuldet ist und auch noch Geld ausgegeben hat, das so nie erlaubt war, ist es doch passend den Leiter der Finanzbuchhaltung für seinen Bericht zum Jahresabschluss auch unbedingt zu behalten, in dem er rät weniger Gewinne zu machen um Steuern zu sparen und eine Insolvenzverschleppung empfiehlt. Ach Lebenslauf ist auch nicht ganz so korrekt? Da haben Sie Glück! Das Unternehmen heißt "Führungskräfte bleiben Führungskräfte" und unser Motto ist "Auch ohne Studium und Kompetenz möglch".

Die Minister würden kein ganzes Jahr in führenden Positionen von Unternehmen bestehen. Ist einfach 100% Fakt, zumal sie nicht die Qualifikationen und Erfahrungen haben. Kein Geschäftsführer würde sie lange dulden. Aber einige Millionen Menschen vertrauen ihnen komischerweise ihr Leben an.


greenpolitics  03.01.2024, 06:53

Politiker kann man sehr sehr schwierig wie einen Führungskraft bei einem Unternehmen vergleichen. Sie entwerfen auch Gesetze. Wenn die Regierung eher wie ein betriebswirtschaftliches Unternehmen handeln würde, hätten wir sehr wahrscheinlich höhere Steuern. Wir müssten länger arbeiten, das sorgt für Gewinn. Auf Sozialleistungen wird komplett „geschi*en“. Lohn würde überall massiv wahrscheinlich gesenkt werden.

Natürlich stimme ich zu, dass der Scholz auch für mich kein korrekter Kanzler ist. Da wäre mir irgendeine andere Person lieber, jetzt ist was es ist.

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Avicenna89  03.01.2024, 12:48

Du scheinst die Führungsetagen der deutschen Unternehmen massivst zu überschätzen und dir des Ausbildungsstandes der Regierungsmitglieder nicht bewusst zu sein:

  • Olaf Scholz: Studierter Jurist, zugelassener Rechtsanwalt
  • Robert Habeck: Promovierter Philosoph und Literaturwissenschaftler
  • Christian Lindner: Politikwissenschaftler, M.A.
  • Nancy Fraeser: Juristin, zugelassene Rechtsanwältin
  • Annalena Baerbock: Politikwissenschaftlerin und Europarechtlerin, LLM
  • Marco Buschmann: Promovierter Jurist, zugelassener Rechtsanwalt
  • Hubertus Heil: Politikwissenschaftler und Soziologe
  • Christine Lamprecht: Studierte Juristin, zugelassene Rechtsanwältin
  • Boris Pistorius: Ausgebildeter Groß- und Außenhandelskaufmann, examinierter Jurist, zugelassener Rechtsanwalt
  • Cem Özdemir: Ausgebildeter Erzieher, Diplom-Sozialpädagoge
  • Lisa Paus: Diplom-Volkswirtin und Politikwissenschaftlerin
  • Karl Lauterbach: Approbierter Arzt, promovierter Gesundheitsökonom ("Public Health")
  • Voker Wissing: Promovierter Jurist, zugelassener Rechtsanwalt
  • Steffi Lemke: Ausgebildete Zootechnikerin, Diplom-Agraringenieurin
  • Bettina Stark-Watzinger: Diplom-Volkswirtin, Psychologiestudium während eines beruflichen Auslandsaufenthaltes begonnen, Abschluss nicht bekannt
  • Svenja Schulze: Germanistin und Politikwissenschaftlerin, M.A.
  • Klara Geywitz: Diplom-Politikwissenschaftlerin
  • Wolfgang Schmidt: Jurist mit 2. Staatsexamen

Wenn man sich mal die Mühe macht, die CVs der Politikerinnen und Politiker in unserer Regierung durchzusehen, sieht man auch, dass durch die Bank weg mehrjährige Berufserfahrung in politischen Positionen nachweisbar ist. Daher fehlt mir jegliches Verständnis dafür, dass man diese Leute mit Phrasen wie "Auch ohne Studium und Kompetenz möglich" oder "würden kein ganzes Jahr in führenden Positionen von Unternehmen bestehen" diffamieren muss. Wenn das "einfach 100% Fakt" sein soll, erkläre es bitte.

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Aemkeyz  06.01.2024, 00:32
@Avicenna89
Daher fehlt mir jegliches Verständnis dafür, dass man diese Leute mit Phrasen wie "Auch ohne Studium und Kompetenz möglich" oder "würden kein ganzes Jahr in führenden Positionen von Unternehmen bestehen" diffamieren muss. Wenn das "einfach 100% Fakt" sein soll, erkläre es bitte.

Erkläre ich selbstverständlich gerne. Und zwar wurde es ganz einfach dann zu einem Fakt, als die ersten Personen ohne abgeschlossener Berufsausbildung angesehene Ämter besetzten und Bundestagsabgeordnete wurden. Damit trifft der Spruch schon mal zu.

Und was die freie Marktwirtschaft angeht. Wie viele kennst du ohne abgeschlossener Berufsausbildung in Führungspositionen? Kann man also behaupten, dass sie kein Jahr geduldet worden wären? Ja. Denn sie würden erst gar nicht so weit kommen.

Ich frage mich aber, wieso du mit dem Hervorheben jener Politiker mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung argumentierst? Damit stellst du sie doch selbst gerade deshalb als kompetent hin. Mir fehlt der Part, wo du erklärst, warum die Personen, die denn nun nicht auf deiner Liste vorkommen, deiner Meinung nach kompetent genug sind?

Und wenn du dabei bist, erkläre doch auch welche Chancen sie in der freien Marktwirtschaft hätten.

In einer größeren Stadt mag es nicht auffallen, aber hier bei mir auf dem Land, wo im Umkreis 50 Km etwa 5 Landkreise zusammenkommen und jeder irgendwie jeden kennt, bekommt man ein sehr gutes Bild davon, womit Kompetenz in der Politik gemessen wird. Von einfachen Parteimitgliedern in der Nachbarschaft, Beamten, Bürgermeistern, Amtsleitern bis hin zu Landräten hat sich stets eins bewiesen. Es kommt nicht drauf an was man kann oder vorzuweisen hat, sondern wieviele und vor allem wen man kennt. Da wird gedreht und gemurkst, dass sich die Balken biegen. Die unfähigsten Personen steigen auf.

Wenn das also schon in kleinen Landkreisen in der Politik so zugeht, dann ist das auf Landesebene und letztlich in unserer Regierung mit garantierter Sicherheit nicht plötzlich anders. Ich wäre in der gesamten Politik also tatsächlich vorsichtig, irgendwelche Berufserfahrungen durch einhergehende politische Positionen, wie sie in CVs natürlich erwähnt werden, mit wahrer Kompetenz zu vergleichen. Denn meistens bedeutet es, je mehr dort jemand nachzuweisen hat, desto mehr ist das ein Schwätzer, der nie eine richtige Ahnung von seiner Arbeit hatte, aber durch Kontaktpflege und Arschkriechen, sowie auf den Schultern der kleineren Angestellten seinen Erfolg aufbaut.

Deshalb ist eine Berufsausbildung meiner Meinung nach auch das Mindeste. Besser noch nachweisbare Jahre im Beruf selbst. Ansonsten haben wir die ganzen gefühlt lebenslangen Studenten, die in der Schule nutzloses Zeug gelernt haben und aber noch nie eine geschäftliche Mail verfasst oder ein Problem gelöst haben und dann merken, dass Theorie und Praxis nicht umsonst zwei völlig verschiedene Dinge sind.

Merkt man aber, dass man eigentlich gar keine Ahnung von dem hat, was man machen soll, fällt einem ein Stein vom Herzen, wenn dann einfällt man ist ja in der Politik. Also dumm rausschwätzen, lächeln, arschkriechen, andere machen lassen und man wird in 2 Jahren Bundestagsabgeordneter und verdient so verdammt viel Geld, dass jeglicher Sinn für Fairness im Leben verloren geht.

Ok, nun werde ich aber auch wieder sachlich. Also wenn du weitere Fragen hast, gerne.

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Avicenna89  08.01.2024, 10:44
@Aemkeyz

Ahja, auf einmal geht es nicht mehr um Regierungsämter sondern um Bundestagsabgeordnete. Gut, als Abgeordnete kommen viele Bildungsniveaus in Betracht, da es sich um eine Repräsentanz der Bevölkerung handelt. In Deutschland hat jeder volljährige Staatsbürger die Möglichkeit, ins Parlament gewählt zu werden.

In der freien Wirtschaft kenne ich zwar wenig Führungskräfte gänzlich ohne Berufsausbildung, aber viele, die eher zu den weniger hellen Kerzen auf der Torte gehören. Oftmals die Sprösslinge der Unternehmenspatriarchen, die den Laden irgendwann einmal übernehmen sollen (warum auch immer das eine Regel sein sollte).

Allerdings weiß ich als Einsatzkraft im Bergrettungswesen, die ich bereits seit meiner Jugend bin, dass man kein abgeschlossenes Studium oder eine abgeschlossene Berufsausbildung für eine Führungsaufgabe benötigt. Einen Einsatz konnte ich auch schon vor dem Abitur leiten, ohne dafür irgendwelche Formalitäten erfüllen zu müssen. Zwar wäre ich damals mit den Qualifikationen, die ich heute in diesem Hobby habe, autoritärer gewesen, wäre als Diplom-Bergführer vielleicht auch noch autoritärer, aber wenn die Leute um einen rum wissen, was man an Kompetenzen draufhat, dann funktioniert das.

Ich frage mich aber, wieso du mit dem Hervorheben jener Politiker mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung argumentierst?

Da fehlt dir ganz offensichtlich etwas Allgemeinwissen. Ich habe nicht irgendwelche Politiker hervorgehoben, Du schriebst von "der Regierung". Und in meiner Antwort habe ich die vollständige "Regierung" aufgezählt. Nochmal, das Parlament ist eine andere Frage.

Die unfähigsten Personen steigen auf.

Dieses Postulat mag stimmen in einer patriarchalen Firmenstruktur. Also einem Firmenchef, für den es keine Alternative gibt als sein Unternehmen an seine Nachkommen weiterzugeben anstatt kompetentere Geschäftsführer einzustellen. Tatsache ist aber auch: Wenn ich jemanden kenne und mit dieser Person ein Weilchen zusammenarbeite, dann bekomme ich schnell mit, ob sie unfähig ist oder nicht. Denn im Falle von Unfähigkeit ist diese Person mir in vielen Dingen nicht zuverlässig genug. Und spätestens dann wird sie nicht mehr für weiteren Aufstieg infrage kommen. Andererseits ist es aber auch so, dass sich in der Zusammenarbeit mit anderen Leuten Kompetenz sehr schnell zeigt (zumindest für jemanden, der so hohe Ansprüche an sich selbst und die gemeinsame Arbeit hat wie ich), sodass man sehr schnell feststellt, dass die Kompetenz nicht von der Berufsausbildung allein abhängt. Nichtsdestotrotz bleibt die generelle Korrelation zwischen Kompetenz und Ausbildungsgrad ein sehr zuverlässiges Kriterium für eine Vorab-Einschätzung (übrigens ist der Ausbildungsgrad des Abiturs auf gleicher Ebene wie eine abgeschlossene Berufsausbildung nach der Realschule - nur mal so zur Info, falls man sich auf bspw. eine Ricarda Lang eingeschossen hat, die mit ihrer allgemeinen Hochschulreife keinesfalls weniger kompetent ist als jemand mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung)

Naja, Berufspolitiker sind im Endeffekt "nur" Repräsentatnten. Genau wie Verkäufer in einem Unternehmen. Die machen nicht zwangsweise die Arbeit an den Produkten, aber sie vertreten sie, übernehmen vor den "Kunden" Verantwortung für die Produkte, holen Feedback ein und übermitteln es an die Entwicklungsabteilung. Die müssen im Grunde auch "nur schwätzen". Aber ich selbst als Doktorand, der nach einer sehr guten fachlichen Ausbildung nun auch das Handwerkszeug erlernt, wissenschaftliche Ergebnisse zielgruppengerecht zu präsentieren, weiß, dass "richtiges Schwätzen" gar nicht so trivial ist, wie es ein Stammtisch-Otto vielleicht glauben mag. Das kann man durchaus als eigenen Ausbildungsberuf verstehen, wenn man nicht gerade ein Naturtalent ist.

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Die Grünen sind Teil einer Koalition aus drei Parteien, was es in Deutschland bisher noch nicht gab. Neben dieser Konstellation werden sie auch wie viele andere Regierungen - in diesen unruhigen Zeiten sowieso noch mehr als sonst - vom Weltgeschehen vor sich hergetrieben.

Meiner Meinung nach ist die politische Ausrichtung der Grünen im gesamten Parteienspektrum nicht weniger und nicht mehr essenziell wie die FDP als (hauptsächlich wirtschafts-) liberale Strömung, die Union als konservative Strömung und die SPD für die Interessen der Arbeitsleister. Die Ausrichtung der Grünen, weil du partikulär danach gefragt hast, ist in Anbetracht des anthropogenen Klimawandels, der Feinstaubbelastung durch Industrie und Verkehr sowie der ineffizienten Nutzung von Lebensmitteln über den Umweg tierischer Produkte, ein absolutes must-have in unserem politischen Spektrum. Und in diesen Punkten liefern die Grünen unter allen Parteien nun mal die am besten an die technologische Realität (das kann ich als studierter Ingenieur und Naturwissenschaftler durchaus gut beurteilen) angepasste Politik - auch wenn es sicherlich bei anderen Ressorts Punkte gibt, bei denen man sich wünschen würde, die Grünen würden hier von Koalitionspartnern etwas gedämpft werden.

In der derzeitigen Politik treten die Grünen bisweilen etwas schwach auf. Mitunter sehe ich da das Problem, dass die FDP in der Koalition übermächtig auftritt. Einerseits nimmt sie sich bei der Ignoranz der Klimaziele im Verkehrsministerium zu viel raus, andererseits hat sie es geschafft, bei der jüngsten Haushaltsdebatte die höheren Einkommensgruppen auf Kosten der niedrigeren Einkommensgruppen von Mehrbelastungen weitgehend zu schonen. Insbesondere letzteres kann programmatisch fast unmöglich auf dem Mist der SPD oder der Grünen gewachsen sein. Gleichzeitig wurde den Grünen bei öffentlich debattierten Impulsen wie dem Gebäudeenergiegesetz zeitweise Unrecht getan (bspw. indem man ihnen vorwarf, nicht technologieoffen zu sein, obwohl die Regelung in ihrem Erstentwurf ja lediglich eine Begrenzung des CO2-Ausstoßes vorsah). Alles in allem sehe ich also eine durchschnittlich bis gute Regierungsarbeit in den Ressorts, die von den Grünen geführt werden, viele neue Impulse, die nach 16 Jahren Konservativismus überfällig gewesen sind und alles natürlich im Angesicht der globalen Rahmenbedingungen und dem Erbe der Vorgängerregierungen (v.a. der Abhängigkeit von russischen Gasimporten, dem 2011 endgültig beschlossenen Atomausstieg, der unter der letzten Merkelregierung eingeführten CO2-Steuer,...). Jede andere demokratische Partei würde aktuell ähnlich performen, jede mit ihren Akzenten, aber ich persönlich finde es gut, wenn diese Akzente auch mal die ökologische Nachhaltigkeit berücksichtigen.

Die wesentlichen Punkte finde ich inhaltlich richtig und gut, die Umsetzung noch verbesserungswürdig. Der gute Wille ist aber für mich erkennbar.

Absichten und Ziele gut, Umsetzung holprig und gelinde gesagt, verbesserungswürdig.

Kommunikation : Katastrophal

Personal : Mit Ausnahmen Unterirdisch

Gesamtnote : Geht so, besser als die Vorgängerregierung und viel besser als ihr Ruf.

Sie machen tendenziell einen guten Job. Es sind auch paar Patzer dabei. Wenn man bedenkt, wie oft CDU davor gepatzt hat und kaum an den Pranger gebracht worden ist, werden die Grünen zu hart unnötig kritisiert. Teils von Rechter Seite.