Spießer und Oberlehrer zerreißen sich halt gerne mal das Maul über die "Leichtsinnigen", die in die Berge gehen und Fehler machen. Der Mensch urteilt gerne, es erfordert schon etwas Mühe, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und viele Menschen sind dafür zu faul und zu selbstgerecht.
Das schreib' ich jetzt als Bergretter mit 20 Dienstjahren und zahlreichen selbst durchgeführten Bergtouren: Es ist halt auch einfach "dumm", in die Berge zu gehen und sich vermeintlich unnötig Risiken auszusetzen, die man zu Hause auf dem Sofa nicht hätte. Ich gehöre selbst zu diesen "Dummen", sehe aber auch viel Sinn im Bergsteigen und gehe davon aus, dass es diejenigen auch tun, die von mir gerettet werden müssen.
Und wenn ich im Training für einen Trailmarathon einen 2500 m Berg mit Kraxelstellen leicht bekleidet und in Runningschuhen besteige, dann hieße es, wenn ich wegen eines blöden Unfalls gerettet werden müsste, ebenfalls, ich sei unzureichend ausgerüstet gewesen. Dass ich aber so einen Berg an einem halben Tag mache und nicht wie der Durchschnittsbergsteiger an zwei Tagen, stellt auch ganz andere Anforderungen an die Ausrüstung, die ich mitnehmen muss, bspw. weil ich das Wetter für einen halben Tag viel besser vorhersagen kann und im Falle einer überraschenden Wetterentwicklung innerhalb von 20, 30 Minuten angemessen reagieren kann. Um das zu kapieren, müsste man meine Perspektive einnehmen und da fehlt's halt vielen, die eher nur von dem ausgehen, was sie selbst kennen.
PS: Der letzte Absatz soll niemanden dazu animieren, es mir nachzumachen. Ich musste jahrelang dafür trainieren, um über 1000 Höhenmeter pro Stunde steigen zu können (beim Normalo geht man von 300 Höhenmeter pro Stunde aus). Und ich brauche jedes Frühjahr erst einmal ein paar Touren, um im Abstieg von Tritt zu Tritt tänzeln zu können. Aber es soll einfach zeigen, dass das, was man am Ende in der Zeitung liest ("war nur mit Turnschuhen ausgerüstet") und das, was der reale Hintergrund ist (erfahrener Bergsteiger beim Lauftraining), völlig unterschiedliche Dinge sein können.