Wie mit Struktur-Chaos im Job umgehen?
Guten Abend allerseits,
ich starte mal direkt ins Thema:
Ich habe seit neun Monaten einen neuen Job, den ich aus Mangel an Alternativen angenommen hab. Bezahlung ist nicht wirklich gut, aber ich war froh, endlich etwas zu haben.
Hab bisher firmenintern grob alles kennengelernt(Kollegen, Abteilungen, Produkte, etc....)
Nun zum Problem: ich fühle mich null eingearbeitet im Vergleich zu vorherigen Arbeitsstellen und das Struktur-Chaos macht mich wahnsinnig.
Vieles an internem Wissen wird einfach vorausgesetzt, da dort viele wirklich langjährige(20+ Jahre) Mitarbeiter sind.
Alles Nachfragen meinerseits führt zu nichts, die wichtigsten Informationen gehen verloren und die Kommunikationswege werden so lang und kompliziert gestaltet, dass man an endlosen Nachfrage-Prozessen gar nicht vorbei kommt. Das kostet unheimlich viel Zeit und Nerven.
Auch die Strukturen und Aufgabenbereiche sind extrem chaotisch. Niemand weiß genau, wo der eigenen Bereich anfängt und wo er aufhört. Abteilungen mischen sich in Aufgaben ein, die gar nicht ihrem Stellenprofil entsprechend und dringende Verantwortlichkeiten landen bei Personen, die den Aufgabenbereich gar nicht überblicken können.
Ich brauche Struktur und habe genau das in meinen bisherigen Jobs auch lieben gelernt.
Aktuell habe ich versucht, eine gewisse Struktur für unsere Abteilung zu etablieren, leider bisher mit mäßigem Erfolg und dieses Chaos bringt mich so durcheinander, dass effizientes Arbeiten unmöglich ist.
Aufgaben, die ich normalerweise an einem Tag schaffen würde, liegen bei mir seit Wochen, weil ich die Information immer wieder nachfragen muss und dann dennoch Sachen fehlen.
Ein Gespräch mit Teamkollegen und dem Chef führte bisher nur zu Unverständnis und Aussagen wie: ,,Bei uns ist es anders als in anderen Firmen..." oder ,,Du bist ja noch nicht so lange da, deswegen ist es für dich schwerer...."
Gibts hier vielleicht Menschen, die ähnliche Situationen für sich lösen konnten?
Oder bleibt mir nur die Kündigung?
Vielen Dank für's Lesen und für eure Zeit.
2 Antworten
Hi, mir geht es nicht genauso. Aber ähnlich. Die alteingesessenen Kollegen haben in den vergangenen 20 Jahren etwas aufgebaut, was fernab von sämtlichen Empfehlungen ist und aktuell auch zu sehr vielen Problemen führt. Sie haben quasi ein großes Chaos in all den Jahren fabriziert. Ich arbeite in der Softwareentwicklung. Verbesserung ist nicht in Sicht. Und wenn, dann bleibt alles bei mir hängen (weil offensichtlich nur ich großes Verbesserungspotential sehe) und ich stoße auf große Widerstände. Prozesse sind sehr langatmig/bürokratisch/veraltet, es entstehen täglich viele Fehler. Review-Prozesse gibt es nicht, Kollegen verwenden Umlaute im Code (auch mal was Neues!) und wundern sich später über Probleme. Spreche ich die Kollegen vorsichtig darauf an (einer ist Senior Softwareentwickler), dann sehen diese da kein Problem, sehen eher die Encoding-Probleme bei der eingesetzten Entwicklungsumgebung. Verfechter von Clean Code bekommen einen Herzinfarkt. CI/CD gibt es nicht. Repositories werden stiefmütterlich entgegen allen Empfehlungen behandelt. Getestet wird nur das notwendigste, da es keine funktionierende Testumgebung gibt. Man packt die Software selbst per Hand in ZIPs zusammen (dauert bei jeder Lieferung 1 Tag und fast jede Lieferung wird vom Test wegen Fehlern wieder zurückgewiesen). Es stehen nur sehr veraltete Arbeitsmittel zur Verfügung. So viel Chaos kann ich alleine nicht beheben und es fehlt auch Rückendeckung von oben. Und 9 von 10 Mitarbeitern finden das Vorgehen auch gut so. Komme ich mit neuen Vorschlägen, dann dürfen die nur umgesetzt werden, wenn es genauso funktioniert wie vorher. Sprich, das Chaos soll danach weiter existieren. Ich habe mich entschieden, mich woanders umzusehen. Da muss in der Firma erst ein Umdenken geschehen, welches in der aktuellen Konstellation nicht gegeben ist.
Kannst du nicht anregen z. B. ein Wiki einzuführen, wo dann jeder mithelfen soll zu pflegen? (wobei natürlich du der "Hauptarbeiter" dort sein dürftest) Kann aber sein, dass du höchstens als Führungskraft in dieser Richtung was erreichen kannst.
notting
Die Idee ist gut und ein Versuch ist es wert. Ich habe nur die Befürchtung, dass solch eine Art von ,, Mehrarbeit" bei den anderen Abteilungen nicht so gut ankommen wird. Vorletzte Woche gab es Stress wegen drei! Stichpunkten :(