Wie kann ich diesen Vers verstehen?
(Galater 5,14 Denn das ganze Gesetz wird in einem Wort erfüllt, in dem: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst«.)
Und welches gesetz wird gemeint?
7 Antworten
Damit ist das jüdische Gesetz gemeint. Auch Gesetz des Moses genannt, das eine Vielzahl von Vorschriften enthielt. Alle seine Vorschriften sollen letztlich auf dieses eine Gebot hinlaufen.
Hallo Julian928,
diese Aussage erscheint mir wie eine theologische aber auch soziologische Kernaussage.
Lass uns zunächst die Liebe, von der hier die Rede ist, näher betrachten. Wenn man diese Liebe verstehen will - und so ging es mir vor einiger Zeit - kommt man auf einen theoretischen Hintergrund, der nicht aus irgendwelchen Beobachtungen ableitbar ist. Damit bekommt die Liebe einen weiterführenden und universalen Anspruch.
Ohne jetzt der Kürze wegen auf die Herleitung einzugehen, lässt sich die Wirkung der Liebe so formulieren: liebende Menschen schaffen, bewahren und auch nur achten gleichermaßen für alle Einheit, Fülle und größtmöglichen Freiraum. Dabei ist das "gleichermaßen für alle" schon mit der Einheit implizirt.
Betrachten wir jetzt irgendwelche Regelwerke, die in der damaligen Jüdischen Gesellschaft als "Gesetz" bezeichnet wurden. Diese hatten - grob gesagt - die Intention, eine Gesellschaft so zu regulieren, dass zumindest niemandem Freiräume oder Fülle genommen wurden.
Dieses Regelwerk ging in Details des menschlichen Lebens - und mag sich auch dort "verloren" haben.
Es ist gerade die Wirkung der Liebe im universalen Sinne, die dann den Überbegriff bildet und zumal noch einen absoluten Maßstab, was Liebe und keine Liebe ist, präsentiert.
Möglicherweise hatte Jesus und seine Nachfolger*innen das gewusst oder geahnt - auch wenn die Hintergründe nicht überliefert wurden oder nicht bewusst waren.
Die Liebe definiert sich glaubensfrei und mit der Wirkung bildet sie eine Lebensgrundeinstellung von Menschen gegenüber einer Lebensgrundeinstellung im Gegenteil zur Liebe. Damit ist sie insbesondere soziologisch von Bedeutung - unabhängig davon, wer sie in seinem Leben tatsächlich lebt.
Unbenommen bleibt, dass diese Regelwerke ihrer Intention eher nicht gerecht wurden. Sie mögen allenfalls abgeschreckt, aber nie zu dem, was die Liebe bewirken kann, motiviert haben.
Jetzt könnte man sagen, dass Liebe jegeliches Regelwerk ersetzt. Dem würde ich auch in gewisser Weise zustimmen. Damals politisch opportun mag es gewesen sein, dass die Liebe jegliches Regelwerk erfüllt, indem sie das einfach kann, was das Regelwerk versucht hatte. Das hätte das "geschätzte" Regelwerk nicht außer Frage gestellt, sondern einfach so ergänzt, das es irgendwann in sich fraglich geworden wäre.
Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen
Paulus bezieht sich hier auf einen Ausspruch Jesu, der in den Evangelien geschildert wird.
Mit dem "Gesetz" ist das Gesetz des Mose aus dem Alten Testament gemeint: die zahlreichen religiösen Pflichten, Speise- und Kleidungsvorschriften, die Regeln für das Opferritual usw.
Paulus zitiert den Ausspruch allerdings unvollständig: Jesus erklärt in der entsprechenden Szene, das Gesetz des Mose lasse sich in zwei Grundsätzen zusammenfassen:
- Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzer Seele, mit ganzem Herzen und mit all deiner Kraft.
- Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Paulus hat hier den Fokus auf den zweiten Teil gelegt, weil es im Brief an die Galater unter Anderem um Streitigkeiten zwischen den Glaubensgeschwistern geht.
Jesus' Ausspruch stellt übrigens seinerseits ein Zitat aus dem Alten Testament dar.
Es ist das einzige Gesetz das es noch zu befolgen gilt. Das Gesetz der Nächstenliebe. In ihm ist alles andere enthalten.
Du würdest dir auch nicht selber weh tun oder dich selbst betrügen.
Also mach das auch nicht mit anderen.
So in etwa ist das wahrscheinlich gemeint.