Eine irgendwie schwierige Frage, wenn man sich etwas tiefer mit ihr auseinandersetzt. Ich denke, es kommt auf das Verhältnis an, was man zu seinen Eltern hat. Wenn man von klein auf nichts anderes kennt, da man mit Nacktheit quasi aufgewachsen ist und es dadurch als völlig normal gilt, sich untereinander ohne Scham zu zeigen, dann spielt das Alter, denke ich, keine relevante Rolle. Es gibt da auch keine Norm oder Vorschrift, die hier eine Empfehlung ausspricht. Und das es Familien gibt, die auf dem Campingplatz FKK Urlaub machen, ist auch eine Tatsache, das nicht wenige damit offensichtlich kein Problem haben.
In meinem Elternhaus war es so, dass ich, solange ich dazu noch nicht fähig war, von meiner Mutter gebadet wurde, wie es bei jedem anderen Kind auch der Fall war. Dies geschah, bis ich schließlich selbst dazu in der Lage war. In der Zeit danach kam gelegentliche Nacktheit vor, etwa bei den medizinischen Kontrollen wie Fiebermessen, Vorhautüberprüfung oder Fußstellungskontrollen usw. Auch in der Badeanstalt war Nacktheit in der Umkleidekabine beim umziehen nötig, oder sie trat selten auf, wenn man auf dem blanken gezüchtigt wurde, oder öfter, wenn man morgens seinen Pyjama auszog. Diese Erfahrungen gehörten jedoch allesamt zu meiner Kindheit und dauerten höchstens bis zu meinem 14. Lebensjahr. Danach wurde Nacktheit zu einem Tabu, das bis heute anhält. Ich vermute, dass dies von meiner Mutter so gewollt war, da sie ebenfalls in einem Elternhaus aufwuchs, in dem Nacktheit als unangemessen galt, was sich nicht gehört. Vielleicht liegt hier der Ursprung dieser etwas verklemmteren Einstellung.
Es war für mich eine Herausforderung, als ich bei meiner damaligen Freundin übernachtete. Dort war es völlig normal, unbekleidet ins Badezimmer zu gehen, um zu duschen. Ich hingegen wurde eher merkwürdig angesehen, weil ich mich mit einem Handtuch bedeckte. Meine damalige Freundin hingegen sogar nackt in die Küche ging, wo ihre Eltern frühstückten und sie den Toaster bediente, als sei das das normalste der Welt. Am Badesee wurde ich dann etwas lockerer und zeigte mich nackt und könnte mir mittlerweile sogar vorstellen, mich vor Fremden zu entkleiden, wie es am Strand üblich ist. Bei meinen Eltern hingegen bleibt dieser Gedanke schwierig, da ich immer das Gefühl habe, dass es sich nicht gehört und unanständig ist.
Mein Verhältnis zu meinen Eltern empfinde ich als etwas komisch im Vergleich zu dem, was ich bei anderen beobachte. Es ist eher kalt und distanziert. Selbst Umarmungen oder herzliche Worte erscheinen uns als zu viel, und man hat oft das Gefühl, dass das Zeigen von Emotionen nicht angebracht ist oder unpassend. Nicht, dass man mich falsch versteht: Ich habe eine sehr gute Beziehung zu meinen Eltern. Sie haben mir all meine Wünsche erfüllt und gekauft die ich wollte, und heute unterstützen wir uns gegenseitig, wo wir können. Dennoch bleibt unser Umgang im Bereich Nähe halt etwas distanziert. Ich vermute, dass dies alles miteinander zusammenhängt. Meine damalige Freundin meine mal gewitzt, das sie noch nie so Stocksteife Eiswürfel gesehen hat, die sich gut verstehen ...
Von dem her kann ich die Frage nicht wirklich beantworten und ich weiß nicht, ob das überhaupt möglich ist. Denn es ist eine individuelle Entscheidung, die sich aus der entsprechenden Sozialisierung ergibt und davon abhängt, wie man aufgewachsen ist.
Verwerflich ist es definitiv nicht und im Prinzip tatsächlich das normalste der Welt, schließlich wird man ja auch nackt geboren. Ob es aufgrund der Sitte besser oder förderlich ist, sich besser nur bis zur Pubertät nackt zu zeigen, müßten Psychologen beurteilen. Aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich nur wiedergeben, dass Verklemmtheit sich unnötig und falsch anfühlt, sodass ich mir einen offeneren Umgang tatsächlich damals gewünscht hätte.
LG.