Wie äußern sich Flashbacks bei einer komplexen PTBS?
(PTBS = posttraumatische Belastungsstörung)
Wie sich Flashbacks bei der "normalen" Form äußern ist bekannter, da sich so etwas gut in Filmen inszenieren lässt. Da wären es dann eben diese plötzlich einschießendem Bilder vom einzelnen Ereignis, das traumatisch war.
Aber wie äußern sich Flashbacks bei der komplexen Form?
Da handelt es sich ja um ein Trauma, das über längere Zeit geschah. ZB Häusliche Gewalt in der Kindheit. Da gibt es ja oft nicht dieses eine Erlebnis, sondern eine ganze Zeit, Wochen, Monate, Jahre waren traumatisch.
Ich habe schon einmal gelesen, dass man von solch anhaltenden, lange dauernden Traumata selten oder keine klassischen visuellen Flashbacks bekommt.
Scheinbar seien emotionale und körperliche Flashbacks da häufiger. Wenn ich mich nicht täusche, wurden die auch schon "dissoziative Flashbacks" genannt. Da wäre nur die Emotion hauptsächlich im Mittelpunkt, ohne dass man sich an das auslösende Trauma während des Flashbacks (bildlich) erinnert.
Ist das wahr? Hat man bei einer kPTBS eher dissoziative/emotionale/körperliche Flashbacks als visuelle mit einer währenddessen bewussten Erinnerung?
Oder ist das falsch und Flashbacks bei einer kPTBS äußern sich anders bzw. doch visuell? Wie äußern die sich hier?
2 Antworten
Also, ich hab zwar offiziell eine Borderline-Diagnose, aber das ist ja auch eine Folge von Lagzeittraumatisierung in der Kindheit, also äußere ich mich mal dazu...
Ich hab so ein Problem mit freien Assoziationen. Egal, ob ich durch den Supermarkt gehe und dort die Kinderschokolade sehe, oder an einem Spielplatz vorbeikomme, oder das Baby der Nachbarin weint, oder ich eine Bierdose sehe oder ein Gericht schmecke, ein Wort höre oder ... you name it, aber ich kann dir wahrscheinlich zu jedem beliebigen Ding im Universum eine zumindest indirekt damit verknüpfte (Kindheits-)Erinnerung liefern. Manchmal ist das inhaltlich harmlos oder sogar ganz nett, wie mit der Schokolade, oft nicht (das Bier z.B.). Aber auch aus meinem späteren Leben. An irgendwas Mieses erinnere ich mich jeden Tag sicher, die Fundgrube ist ja auch groß genug^^ Jedenfalls ist es super nervig, weil ich nie bei irgendwas bei der Sache bleiben kann.
Deswegen hab ich auch Hänger im Gespräch, also ich erzähle was, erinnere mich währenddessen an was völlig Anderes, stocke mittendrin und verliere komplett den Faden. Dann brauch ich meist ziemlich lang, bis ich wieder zurückfinde, weil ich nicht nur meinen Punkt, sondern gleich das ganze Thema mitten im Satz vergesse. Das könnte man wohl als Mini-Dissoziationen bezeichnen.
Ich konnte früher aber auch Wochen und Monate am Stück dissoziieren, auch noch als Erwachsene. Zeiten, in denen ich wie ein schlecht programmierter Roboter war und an die ich mich nur ziemlich lückenhaft und selektiv erinnern kann.
Ein flashiges Erlebnis, das körperlich war und nicht visuell: In der Kurzform, ich hatte Streit mit meinem Freund, hab einen Teller in seiner Wohnung auf den Boden geschmettert und bin weggerannt. 12 h später mit einer Entschuldigung (neuen Tellern) und sehr zerknirscht wiedergekommen.
Er war nicht böse, nur froh, mich zu sehen.
Und da passierte was Seltsames. Ich begann mir zu wünschen, er würde mich endlich runtermachen, weil ich das von früher nur so kenne (da gibt es interessanterweise keine spezifische Erinnerung dazu, nur das Gefühl). Er tat es nicht und schenkte mir stattdessen am nächsten Tag einen Ring.
Von dem Tag an hatte ich fast 3 Monate lang täglich Zitteranfälle am ganzen Körper, die so stark waren, dass ich nicht leserlich schreiben konnte.
Im Borderline-Forum kannte das Phänomen niemand und nach etwas Recherche erschien (und erscheint) mir kPTBS die einzig logische Erklärung.
Edit: Habe inzwischen K-PTBS 2x als Verdachtsdiagnose bekommen.
Ja, da hast du tatsächlich gar nicht so unrecht.
Bei mir ist es so, dass ich vor allem taktile und auditive Flashbacks habe. Dabei ist es meist so, dass ich mich in diesen kurzen Zeitraum nicht mehr bewegen kann und zurück versetzt werde- nicht mehr nachdenken kann sondern ganz plötzlich total starr bin und nur noch dieses Geräusch (sehr laute dumpfe Schritte) oder dieses taktile (vibrierender Boden) wahrnehmen kann.
Es ist aber häufig auch so, dass ich mich immer noch in der Gegenwart befinde, dennoch gewisse Geräusche (Schritte,die Stimme, etc.) höre, welche ich damals jeden Tag hören musste, welche mir Angst gemacht haben und früher ein Hinweis auf nahende Gefahr wahren.
Diese emotionalen Flashbacks welche du erwähnt hast, habe ich täglich sehr oft. Dabei ist es so, dass ganz plötzlich- durch trigger oder einfache Gedankenketten, Erinnerungen ans Licht rücken und mit sehr starken Emotionen einher gehen. Dazu kommt es gleichzeitig zu Dissoziationen, wobei es bei mir so ist, dass ich oft wie zusammen Sacke und meine Augen sich einfach schließen, oder mein Kopf nach vorne oder hinten fällt- wie ein abstürzendes Flugzeug worüber man keine Kontrolle mehr hat. Oft ist es auch so, dass ich nur noch starr da sitze und mich nicht mehr bewegen kann, keinen richtigen Gedanken mehr fassen kann.
Diese Emotionalen Flashbacks gehen auch häufig mit Panikattacken einher, mir wird dabei ganz warm, meine Atmung wird schneller- fast wie eine Schnappatmung, und ich bekomme plötzlich starke Angst und werde paranoid, dass sich die Person in meiner Nähe befinden könnte, obwohl ich mir selber konstant klar mache, dass es nicht so ist.
Ich habe gelesen, dass Emotionale-Flashbacks ebenso das übertrieben emotionale reagieren auf Kleinigkeiten darstellen. Vorher bin ich davon ausgehenden, dass ich mich zusammen reißen muss und war auch ziemlich verwundert, warum ich immer so total sensibel reagiere und bei einfachen Worten, welche mich normalerweise nie verletzt haben, plötzlich diese enorme Trauer und den Drang des Weinens verspürt habe - turns out, es lässt sich auf die Traumata zurückführen.